Bauingenieure und Architekten sind gesucht
Zum dritten Mal hat der Zentralverband der deutschen Bauindustrie den Arbeitsmarkt im Bausektor vermessen lassen. Für Architekten und Bauingenieure gibt es so viele Jobs wie seit zehn Jahren nicht mehr. Auch die Zahl der Bauingenieurstudenten erreicht einen neuen Höchststand. Die Akademiker werden aber längst nicht mehr nur von der Baubranche umworben.
Während sich das gesamtwirtschaftliche Stellenangebot 2012 um rund 8% verkleinerte, stieg es im Bausektor deutlich an: 119.400 offene Stellen gab es im vierten Quartal 2012 im Baugewerbe sowie in den Architektur- und Ingenieurbüros. Das waren fast 15% mehr als im Vorjahreszeitraum. Stark wuchs die Arbeitskräftenachfrage mit einem Plus von fast 36% vor allem in den Architektur- und Ingenieurbüros.
Besonders die Nachfrage nach Akademikern zog weiter an, die 2004 einen Tiefststand erreicht hatte. Damals waren nur 3.300 Stellen bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) für Bauingenieure gemeldet worden und 1.400 für Architekten. Die gemeldeten Stellen sind eine Teilmenge des Angebots an offenen Stellen. Bei den Bauingenieuren erreichte die Nachfrage 2012 mit rund 6.000 gemeldeten Stellen den höchsten Stand seit zehn Jahren. Ähnlich sah es bei den Architekten aus mit 2.600 gemeldeten Stellen.
Diese Zahlen nennt der dritte Branchenbericht „Der Arbeitsmarkt im Bausektor 2012“, der im Auftrag des Hauptverbands der deutschen Bauindustrie vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung und der Bundesagentur für Arbeit erstellt wurde. Knapp 4% aller Erwerbstätigen in Deutschland waren 2011 in den Bauberufen beschäftigt. Während die Gesamtzahl der Erwerbstätigen in den Bauberufen seit 2001 von rund 1,8 Mio. auf 1,6 Mio. im Jahr 2011 gesunken war, konnten die Architekten als einzige Gruppe unter den akademischen Berufen ihre Erwerbstätigenzahl um 19.000 (16,7%) steigern.
Vakanzzeiten deutlich erhöht
Dass die Situation am Arbeitsmarkt trotz einiger erfreulicher Zahlen nicht einfacher geworden ist, zeigen die erhöhten Vakanzzeiten. Dauerte es 2002 im Schnitt 56 Tage, bis eine Position in den Bauberufen besetzt war, so waren dafür 2012 schon 77 Tage zu veranschlagen. Besonders langwierig ist der Rekrutierungsprozess bei den Bauingenieuren mit 83 Tagen. Zehn Jahre zuvor hatte er noch 56 Tage gedauert. Am zügigsten geht es nicht etwa bei den nichtakademischen Bauberufen (79 Tage), sondern bei den Architekten, wo eine neue Position schon in 66 Tagen besetzt werden kann. Bereits 2002 hatten die Vakanzzeiten in dieser Berufsgruppe mit 38 Tagen deutlich unter dem Durchschnitt gelegen.
Begehrt sind die Bauingenieure und Architekten jedoch nicht nur von der Bauindustrie (siehe Grafik „Öffentlicher Dienst wird als Arbeitgeber immer bedeutsamer“). Auch wenn die Bauindustrie weiterhin die meisten Stellen meldet, so ist ihr Anteil doch seit 2007 zurückgegangen: So ist das Stellenangebot für Bauingenieure von Architektur- und Ingenieurbüros von 30% auf 26% gesunken; aus dem Baugewerbe von 15% auf 9%. Der Anteil der Stellenangebote aus dem öffentlichen Dienst hingegen stieg von 19% auf 29%. Ähnlich verlief die Entwicklung bei den Architekten. Während der Anteil der gemeldeten Stellen aus Architektur- und Ingenieurbüros von 55% auf 48% zurückgegangen ist, nahm der Anteil der gemeldeten Stellen im öffentlichen Dienst zu, und zwar von 12% im Jahr 2007 auf 20% im Jahr 2012. Unverändert ist hingegen der Anteil des Baugewerbes mit 7%.
Keine unwichtige Rolle spielt hingegen die Zeitarbeitsbranche: Bei Architekten kam jede vierzehnte bei der BA gemeldete Stelle und bei den Bauingenieuren sogar jede achte von Zeitarbeitsunternehmen. Bezogen auf die Berufe des Bauhauptgewerbes insgesamt, kommt die Nachfrage jedoch überwiegend aus dem Baugewerbe selbst mit 71% der gemeldeten Stellen.
Bauingenieurstudium beliebt
Neue Höchststände melden auch die Hochschulen mit 17.500 Studienanfängern im Bauingenieurwesen im Jahr 2011. Zudem verzeichnete der Studiengang Bauingenieurwesen zwischen 2006 und 2011 im Vergleich aller Studiengänge die stärksten Zuwachsraten. „Hier zeigt sich, dass der Bau als Arbeitgeber nach wie vor attraktiv ist. Das Schaffen bleibender Werte zieht auch bei der Generation Facebook“, sagte Michael Knipper, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. Für ein Architekturstudium hatten sich 2011 rund 12.100 junge Menschen eingeschrieben.
Auch die Absolventenzahlen sind gestiegen: 2011 verließen etwa 6.000 Absolventen des Bauingenieurwesens die Hochschulen und damit deutlich mehr als 2008. Damals gab es einen Tiefstand mit nur 4.800 Absolventen. Doch nicht alle Absolventen stehen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Denn 43% der Absolventen erwarben einen Bachelorabschluss, von denen viele noch weiterstudieren wollen.