Talententwicklung ist ausbaufähig
Beim Thema Personalmanagement haben Immobilienunternehmen in Europa im Vergleich zu anderen Branchen noch Nachholbedarf. Insbesondere bei der Entwicklung von Talenten haben die Unternehmen noch nicht alle Register gezogen. Das liegt nicht an falscher Scham, denn in puncto Branchenattraktivität sehen sie sich durchaus als konkurrenzfähig an, wie eine aktuelle Untersuchung von Egon Zehnder International zeigt.
Auf den ersten Blick scheint die Welt der europäischen Immobilienunternehmen in Ordnung: 65% der Unternehmenslenker sind überzeugt, dass ihre Branche für Spitzenkräfte attraktiv ist und drei Viertel sehen die Vergütung als wettbewerbsfähig an. Doch bei genauerem Hinsehen zeigen sich doch einige Schwächen und Widersprüche. Die Qualität der Talente insgesamt und der Zustrom von hochqualifizierten Quereinsteigern aus anderen Branchen sei noch nicht Best Practice, attestiert Egon Zehnder International (EZI) der Branche.
Die Personalberatung führte im vergangenen Jahr Interviews mit insgesamt 26 Vorständen und Geschäftsführern von Immobilienunternehmen zu den wichtigsten Branchentrends und deren Auswirkungen auf die Personalarbeit. Zudem füllten alle Teilnehmer einen standardisierten Fragebogen aus. Befragt wurden schwerpunktmäßig Projektentwickler aus dem Bereich Einzelhandels-, Büro- und Logistikentwicklungen, aber auch Investmentgesellschaften, Vermögensverwalter und andere Immobilienunternehmen. Etwa die Hälfte der Unternehmen kommt aus Deutschland, weiterhin sind u.a. Unternehmen aus den Niederlanden, Frankreich, Großbritannien, Ungarn und Tschechien vertreten. Bei der Umfrage verknüpften die Berater Personalthemen mit den wirtschaftlichen Trends, mit denen sich die Unternehmen konfrontiert sehen.
Top-Talente als Wettbewerbsfaktor
Acht Haupttrends analysierten die Berater, dazu zählen u.a. die Konsolidierung der Märkte, eine Vorwärts- und Rückwärtsintegration entlang der Wertschöpfungskette, steigende Erwartungen der Investoren und Druck auf die finanzielle Performance. Ein Thema beschäftigt die Befragten besonders und taucht immer wieder auf: Innovation. Vor diesem Hintergrund interpretieren die Personalberater nun die Aussagen zum Personalmanagement: Auch wenn 65% der Befragten ihre Branche als attraktiv bezeichnen, so glauben doch 91% von ihnen, dass die Qualität der Talente zwar gleichwertig, aber nicht höher ist als in anderen Branchen. „Good, not great“ bringt Wiebke Köhler, Head der Practice Group Real Estate, das Ergebnis auf den Punkt. Es gibt jedoch eine nachweisbare Korrelation zwischen einem hohen Umsatzwachstum und hervorragenden Führungskräften, nicht „bloß“ sehr guten Führungskräften, wie EZI gemeinsam mit McKinsey & Company nachgewiesen hat. Da Innovation ein wichtiges Thema in der Branche ist, könnte vermutet werden, dass auch dem Wettbewerb um Spitzentalenten große Beachtung geschenkt wird. Doch das ist nur bei jedem dritten Unternehmen der Fall. Im Widerspruch dazu betonen jedoch 51%, dass die Branche verstärkt Zustrom von Fachkräften aus anderen Branchen braucht, um erfolgreich zu sein.
Talententwicklung ist ausbaufähig
Die Personaler sind also gefordert. Zwar attestieren 64% der Unternehmenslenker ihren Personalabteilungen ein umfassendes Verständnis der spezifischen Geschäftsanforderungen bezogen auf die Talentmanagementagenda. Dennoch sind knapp die Hälfte von ihnen der Ansicht, dass Talententwicklung und Nachfolgeregelung in der Immobilienbranche nicht optimal umgesetzt werden im Vergleich zu anderen Branchen. Eine Einschätzung, die von der Personalberaterin Köhler geteilt wird. Personalentwicklungsstandards sowie regelmäßige Bewertungen und Karrierepläne bildeten die Ausnahme und seien bislang „zarte Pflänzchen“. Auch Maßnahmen, um die Vielfalt der Mitarbeiter zu erhöhen – obwohl von den Unternehmenschefs als wichtig anerkannt -, würden kaum ergriffen werden. Das Aufgabenheft ist gut gefüllt: Employer-Branding, Talentrekrutierung und -entwicklung, Überprüfung der Teamzusammensetzung, um Innovationen zu fördern, lauten weiterhin die Themen der Personalarbeit.