Architekten haben das höchste Ansehen, Wohnungsmakler das geringste
Noch nie hat eine Umfrage der Immobilien Zeitung eine solche Resonanz hervorgerufen: Rund 1.700 Personen haben sich am IZ Trend zum Ansehen der Immobilienberufe beteiligt. Die Ergebnisse sind für den ein oder anderen vielleicht überraschend. Die Architekten sind nicht nur der Berufsstand mit dem höchsten Ansehen und den höchsten Kompetenzwerten, ihnen wird auch die wichtigste Rolle innerhalb der Branche zugestanden. Schlecht abgeschnitten haben Wohn- und Gewerbemakler sowie Politik/Verwaltung.
Dass es um das Ansehen der Immobilienbranche in der Bevölkerung nicht zum besten steht, wer wüsste das nicht? Aber wie sehen sich Immobilienprofis eigentlich selbst? Welche Berufe haben innerhalb der Branche das höchste Ansehen? Welcher Stand hat das geringste Prestige? Wen halten die Leute für besonders kompetent, wen für unflexibel, wer bietet ihrer Meinung nach das beste Preis-Leistungs-Verhältnis? Wem wird die wichtigste Rolle zugestanden, und welcher Gruppe traut man am ehesten Bakschisch-Methoden zu? Und glaubt die Branche tatsächlich, dass sie ihr schlechtes Image in erster Linie den Wohnungsmaklern zu verdanken hat?
Um eine Antwort auf all diese Fragen zu finden, haben wir mit dem Leipziger Marktforschern Immo Media Consult im Rahmen der Reihe IZ Trend vom 2. bis 16. September eine Online-Befragung unter unseren Lesern über das Ansehen der Immobilienberufe durchgeführt. Das Image von 21 Berufsgruppen stand auf dem Prüfstand – vom Architekten über den Projektentwickler bis zum Vermögensverwalter/Asset-Manager. Die Beteiligung war überwältigend: 1.691 Personen haben abgestimmt, so viele wie noch nie bei einer unserer Umfragen.
Und das sind die Ergebnisse: Der Berufsstand mit dem höchsten Ansehen innerhalb der Immobilienbranche sind die Architekten. 34,73% der Befragten gaben ihnen ihre Stimme. Doch nicht nur das: Architekten erzielen auch mit Abstand die höchsten Kompetenzwerte (60,14%), und sie werden noch vor den Finanzierern am häufigsten genannt, wenn gefragt wird, welche Berufsgruppe innerhalb der Branche eine besonders wichtige Rolle spielt (47,5%). Dieses Ergebnis ist umso bemerkenswerter, als nur 2% der Umfrageteilnehmer Architekten waren. Es handelt sich also um ein objektives Votum, Verzerrungen durch mögliches „Eigenlob“ dürften das Ergebnis nur minimal verzerrt haben. Allerdings landen Architekten auch relativ weit vorne, wenn nach Unflexibilität (Platz 3) und schlechtem Preis-Leistungs-Verhältnis gefragt wird (Platz 5). Die Bundesarchitektenkammer reagierte in einer ersten Stellungnahme hocherfreut. „Das Ergebnis spiegelt auch die gute Ausbildung an unseren Hochschulen wider“, sagte deren Vizepräsident Joachim Brenncke, Architekt in Schwerin.
Wohnungsmakler halten sich für am stärksten kundenorientiert
Ganz unten auf der Berufsprestige-Skala rangieren mit klarem Abstand die Wohnungsmakler: 58,74% aller Befragten bezeichnen sie als die Gruppe mit dem geringsten Ansehen. Fragt man alle außer Wohn- und Gewerbemakler, sind es sogar fast 70%. Dagegen haben die Wohnungsmakler offenbar eine hohe Meinung von sich selbst. Auf die Frage, welche Berufsgruppe das höchste Ansehen innerhalb der Branche hat, geben sich knapp 52% der Wohnungsmakler selbst ihre Stimme. Klammert man Wohn- und Gewerbemakler aus, bekommen sie dagegen nur rund 6,5% der Stimmen. Selbst- und Außenwahrnehmung klaffen auch auseinander, wenn man nach positiven Eigenschaften fragt. So denken rund 66% der Wohnungsmakler, dass sie ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten – die Vertreter der anderen Immobilienberufe denken das nur zu rund 11%. 58% der Wohnungsmakler halten sich für kompetent, die anderen denken das nur zu 8,5%. Last but not least halten sich die Wohnungsmakler für die Berufsgruppe mit der stärksten Kundenorientierung (rund 77%). Jürgen Schick, Vizepräsident des Maklerverbandes IVD, zeigte sich vom Ergebnis nicht überrascht. „Der Vermietungsmakler, der nur Türen aufschließt, ist noch immer ein Stereotyp, unter dem die Branche leidet.“
Die Gewerbemakler genießen aber ebenfalls keine besonders hohe Wertschätzung: Sie belegen Platz 2 im Ranking der Immobilienberufe mit dem geringsten Ansehen. In der Positiv-Tabelle (höchstes Ansehen) kommen sie auf Platz 10. Hier macht sich jedoch ein ähnlicher Effekt wie bei den Wohnungsmaklern bemerkbar. Da Gewerbemakler (13,7%) nach den Wohnungsmaklern (17,8%) die zweitstärkste Teilnehmergruppe bilden (der Maklerverband IVD hatte seine Mitglieder sogar aufgerufen, an der Umfrage teilzunehmen) und sich oft selbst ihre Stimme gegeben haben, weist das Ergebnis gewisse Verzerrungen nach oben aus. Was über die Diskrepanz von Selbst- und Außenwahrnehmung von den Wohnungsmaklern gesagt wurde, gilt in ähnlicher Form auch für Gewerbemakler. Sie halten sich für deutlich kompetenter, kundenorientierter und preisleistungsgerechter als der Rest der Branche.
Gewerbemakler urteilen hart über ihre Wohnungskollegen
Bemerkenswert ist auch die Geringschätzung, die gerade Gewerbemakler Wohnungsmaklern entgegenbringen. So bezeichnen rund 65% der Gewerbemakler ihre Wohnungskollegen als die Berufsgruppe mit dem geringsten Ansehen in der Immobilienbranche – umgekehrt urteilen nur 7% der Wohnungsmakler so hart über ihre Verwandten von der Büro-, Einzelhandels- und Logistikfront (siehe Tabelle auf Seite 37). Auch bei Kompetenz, Preis-Leistungs-Verhältnis und Kundenorientierung bekommen die Wohnungsmakler insbesondere von den Gewerbemaklern ihr Fett weg. Andersherum ist das nicht der Fall (siehe dazu ausführlich diesen Beitrag).
Politik und Verwaltung schneiden ganz schlecht ab
Schlecht schneiden auch Politik und Verwaltung ab. In der Hitliste der Berufe mit dem schlechtesten Ansehen liegen sie auf dem dritten Platz. In der Positiv-Tabelle langt es nur zum vorletzten Platz (20). Das negative Bild verfestigt sich, wenn es um gute und schlechte Eigenschaften geht. Immer wenn nach guten Eigenschaften gefragt wird (Kompetenz, Kundenorientierung, gutes Preis-Leistungs-Verhältnis), landen Politik und Verwaltung auf den hinteren Rängen, bei negativen Eigenschaften (z.B. Korruptionsanfälligkeit, Inkompetenz etc.) belegen sie dagegen fast immer einen Spitzenplatz. Die Ergebnisse korrespondieren in gewisser Weise mit dem jährlichen Beruferanking des Instituts für Demoskopie Allensbach. Dort belegen Politiker 2008 den vorletzten Platz.
Finanzierer gelten als wichtig, aber unflexibel
Wichtig, aber unflexibel: So könnte man die Meinung der Branche über die Finanzierer (Banken, Sparkassen etc.) zusammenfassen. In der Wichtigkeitsskala („Welche Berufsgruppe spielt Ihrer Meinung nach eine besonders wichtige Rolle?“) landen sie praktisch gleichauf mit den Architekten auf Platz zwei (65,1%). Sie gelten aber auch nach Politik und Verwaltung als die unflexibelste Immobilienspezies. Auch die Werte für Kompetenz (Platz 9), Kundenorientierung (6), höchstes Ansehen (9) und gutes Preis-Leistungs-Verhältnis (15) sind nicht unbedingt berauschend.
Offenen Fonds wird keine große Wichtigkeit zugestanden
Erstaunlich ist das Votum über die offenen Fonds. Obwohl sie Jahr für Jahr Milliarden in den deutschen Gewerbeimmobilienmarkt investieren, gestehen ihnen nur 29,5% der Befragten eine besonders wichtige Rolle innerhalb der Branche zu. Nur Facility-Manager (26,7%), geschlossene Fonds (20,5%) und Verbandsvertreter (15,8%) landen in der Wichtigkeitstabelle weiter hinten. In allen anderen Kategorien platzieren sich die Publikumsfonds irgendwo im Mittelfeld. Wenn nach Anfälligkeit für Korruption gefragt wird, werden die Kapitalsammelstellen relativ selten angekreuzt. Platz 17 in dieser Kategorie dürfen als Vertrauensbeweis gewertet werden. Korruptionsaffären wie die bei Deka Immobilien oder DB Real Estate vor einigen Jahren haben offenbar das Ansehen der „Offenen“ nicht nachhaltig beschädigt.
Für die immer wieder zu hörende These, die Projektentwicklung sei die Königsdisziplin der Immobilienbranche, liefert die Umfrage keinen Beleg. Projektentwickler genießen ein recht hohes Ansehen (Platz 6), das kann man sagen. Ihnen wird außerdem eine recht große Wichtigkeit zugestanden (5), und auch in puncto Kompetenz (6) und Kundenorientierung (4) landen sie auf den vorderen Plätzen. Die Developer belegen allerdings auch in der Tabelle für Korruptionsanfälligkeit (6) einen vorderen Platz.
Entwickler sind deutlich angesehener als Bauträger
Schlechter als die Projektentwickler schneiden die Bauträger ab. Sie haben deutlich geringere Kompetenzwerte (Platz 20) und gelten als anfälliger für Korruption (Platz 3). Sie werden wesentlich häufiger als inkompetent und unflexibel bezeichnet (Platz 8/Platz 7), dürfen für sich allerdings das Prädikat „kundenorientiert“ reklamieren: 27,5% der Befragten billigen ihnen diese Tugend zu. Auf der Ansehensskala landen sie dennoch weit abgeschlagen auf Platz 17. Analog dazu nehmen sie im negativen Ansehensranking einen vorderen Platz (4) ein.
Bewerter und Fachplaner bei Ansehen und Kompetenz vorn
Die Vermögensverwalter/Asset-Manager stellen mit 10,7% der Umfrageteilnehmer die drittstärkste Berufsgruppe. Sie sind offenbar auch recht angesehen (Platz 7), ragen aber sonst in keiner Weise heraus. Egal ob nach Kompetenz, Korruptionsanfälligkeit oder Kundenorientierung gefragt wird, sie landen meist irgendwo im mittleren Drittel. Das gilt auch für Wohnungsunternehmen und Verwalter von Wohngebäuden.
Da schneiden die Immobilienbewerter erheblich besser ab: Platz 4 in der Ansehenstabelle und Platz 3 im Kompetenzranking zeigen, dass die Branche mit ihren Leistungen offenbar zufrieden ist. Gleiches lässt sich von den Ingenieuren bzw. Fachplanern sagen. Sie haben ein hohes Ansehen (3) und gelten als besonders fachkundig (Platz 2). Gute Ansehens- und Kompetenzwerte können auch Forschung und Lehre für sich verbuchen. Professoren und Dozenten gelten außerdem als wichtiger als Fonds, Facility-Manager, Wohnungsmakler, Marktforscher, Verbandsvertreter, Asset-Manager oder Wohnungsunternehmen. Bei weitem am häufigsten (48,7% der Stimmen) werden Verbandsvertreter als die unwichtigste Berufsgruppe bezeichnet. Fragt man nach Wichtigkeit, werden Bauunternehmen nach Architekten und Finanzieren am dritthäufigsten genannt. (cvs)