Von Vorbildern lernen und den Aufstieg vorbereiten
Dass Frauen Karriere machen, ist immer noch keine Selbstverständlichkeit. Auf den beruflichen Ein- und Aufstieg haben sich 26 Studentinnen der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) und der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst Holzminden (HAWK) gemeinsam vorbereitet. Beim zweiten Lady’s Lunch in Frankfurt am Main holten sie sich Tipps von erfahrenen weiblichen Immobilienprofis und übten das Netzwerken.
Die Studentinnen sollen aufgerüttelt werden und sich frühzeitig über wichtige Karrierestrategien informieren. Dazu zähle der gekonnte Auftritt ebenso wie Bewerbungs-Know-how und auch die eine oder andere Verhaltensweise, die sich Frauen von Männern abgucken können, erläutert Nina Julia Brandenburger das Konzept. Die HfWU-Studentin hatte gemeinsam mit einigen Kommilitoninnen den Lady’s Lunch im vergangenen Semester in Geislingen aus der Taufe gehoben. Das zweite Netzwerktreffen wurde nun in Kooperation mit der HAWK durchgeführt und fand im The Squaire am Frankfurter Flughafen statt.
Dort, wo vor kurzem der Verein Frauen in der Immobilienwirtschaft seine Jahreskonferenz eröffnete, diskutierte nun der Nachwuchs – die Themen waren dieselben. Auch bei den 26 Teilnehmerinnen spielen Fragen zum beruflichen Aufstieg und zur künftigen Vereinbarkeit von Beruf und Familie schon eine Rolle – und zum Geld.
Beim Thema Gehalt beobachtete Jutta Heusel von Kollmannsperger ESC & Partner große Unsicherheiten. Viele Frauen seien der Ansicht, sie dürften keine Fehler machen, so die Personalberaterin. Deswegen seien sie auch häufig bei der Formulierung ihrer Gehaltswünsche zurückhaltend, um ihre Einstellungschancen nicht zu gefährden. Ihrer Erfahrung nach sei diese Sorge jedoch unbegründet.
In welchem Maße die jungen Studentinnen beim Gehalt tiefstapeln, offenbart auch die diesjährige Joboffensive der Immobilien Zeitung, eine Umfrage unter Studenten immobilienwirtschaftlicher Fächer. Befragt nach ihrem Wunschgehalt, bleiben die Studentinnen im Erststudium mit ihren Vorstellungen rund 9% hinter denen ihrer männlichen Kommilitonen zurück. Bei Studentinnen im Aufbaustudium ist die Differenz sogar noch größer: Ihre Gehaltsvorstellungen liegen gar 18% unterhalb der Gehaltswünsche der männlichen Studenten, das entspricht fast 10.000 Euro.
Mit dieser Strategie verschenken sie fahrlässig Geld. Doch auch so manch andere Chance vergeben Frauen leichtfertig im Berufsleben: So wagten sich Frauen nicht so gerne in die erste Reihe, d.h. auf Diskussionspodien sehe man sie immer noch deutlich seltener als Männer, so Heusel. Zu Messen fahren sie oft nicht, sondern versteckten sich hinter ihrem Tagesgeschäft. Doch im Berufsleben sei es wichtig, sichtbar zu sein und Präsenz zu zeigen. Wer nicht präsent ist, der gerät auch nicht in das Blickfeld von anderen – und knüpft keine neuen Kontakte.
Zum Beziehungsmanagement gehört auch ein professioneller Auftritt im Business-Look, mit festem Händedruck, sicherer Stimme und kurzen Statements. Für den Besuch von Veranstaltungen setzten sich Männer häufig strategische Ziele und entscheiden bewusst, wen sie kennenlernen und wem sie die Hand schütteln möchten. Diesen gesunden Pragmatismus vermisst Heusel noch bei vielen Frauen.
Die Regeln sind das eine, doch wie sieht die Umsetzung in der Praxis tatsächlich aus? Da es noch nicht so viele weibliche Immobilienprofis gibt, fehlen dem Nachwuchs Orientierungspunkte. Um frauentypische Fallstricke zu umschiffen, sollten die Studentinnen auch erfolgreiche Frauen kennenlernen, so Susanne Ertle-Straub, Professorin für Immobilienresearch an der HAWK Holzminden, die auf beiden Lady’s Lunches referierte. Denn schließlich habe ihre Generation viele Erfahrungen gesammelt.
Einblicke in den beruflichen Werdegang gab u.a. Carmen Reschke, Vorsitzende des Vereins der Frauen in der Immobilienwirtschaft und Geschäftsführerin der Global-First-Assets Kapitalanlagegesellschaft. „Es ist interessant zu sehen, was im Leben von einer erfolgreichen Frau alles passiert, bevor sie oben angekommen ist“, lautete das Feedback einer Studentin zu den vorgestellten Biografien. In dem offenen Zirkel konnten offen und frei die verschiedenen Themen angesprochen werden. Und so manch eine Referentin avancierte zum Vorbild.
Nach dem Netzwerktreffen ist die Motivation der Studentinnen hoch und sind die Todo-Listen lang: den Lady’s Lunch weiterführen, die Bewerbungstipps anwenden, Visitenkarten drucken, den Xing-Account anlegen … und vor allem auch weiterhin aktiv Netzwerken. Dass sie ihren Vorgängerinnen viel zu verdanken haben, dessen sind sich die Studentinnen bewusst. Die Karrierechancen für den weiblichen Nachwuchs stehen nach Einschätzung von Personalberaterin Heusel gut: Denn künftig werden Arbeitgeber noch mehr auf junge Frauen schauen.