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Kunz: "Die ersten drei Monate sind sehr harte Monate"

Knapp 600 junge Menschen hatten sich für das aktuelle Ausbildungsjahr bei Kunz-Schulze Immobilien beworben. Sechs wurden ausgewählt und zwei davon sind noch an Bord. Um die besten Mitarbeiter zu finden, hat Mitgründer Thomas Kunz ein ausgefeiltes Prüfungssystem entwickelt. Und dazu zählt auch, eine Zielvereinbarung zu formulieren.

Sonja Smalian
06. November 2014
Bild: sma

Die Mitarbeiter von Kunz-Schulze Immobilien haben ihre Ziele immer im Blick: Von ihren Büros im Gebäude der PSD Bank schauen sie über einen Teil Karlsruhes. Doch auch ihre Einzelziele sollen die Mitarbeiter nicht aus den Augen verlieren. Ein Flachbildschirm an der Wand zeigt sie in stetig wechselnden Kombinationen: die Ansicht einer Stadt, in der ein Mitarbeiter gern Urlaub machen möchte, die Location für die Unternehmensweihnachtsfeier, der goldene Bleistift, der symbolisch für das Herausstechen aus der Masse steht, und viele mehr.

Kunz erwartet von seinen Mitarbeitern, Ziele zu haben und die auch aktiv zu verfolgen. Wer bei ihm seine Ausbildung beginnt, unterschreibt daher gleich zwei Verträge: einen Ausbildungsvertrag und seinen persönlichen Fünfjahresplan mit beruflichen und privaten Zielen. Über die Jahre hat Kunz sein eigenes Auswahlsystem entwickelt. Den nötigen Umsetzungsimpuls dafür erhielt er bei einem Seminar des Schindlerhof-Hoteliers Klaus Kobjoll im Jahr 2000. Da ging es um Auswahlverfahren und wie Unternehmen es schaffen, dass ihre Mitarbeiter auch nach der Ausbildung bei ihnen bleiben. „Alles, was nach Innovation riecht, da schnuppere ich rein“, sagt Kunz.

Bei Bewerbungen achte er u.a. auf Kreativität, Anschreiben und Rechtschreibung. Interessiert ihn der Kandidat, dann geht alles ganz schnell: „Ich rufe 50% der Bewerber an“, sagt Kunz, und das zwischen fünf Minuten bis zu vier Stunden nach Eingang der Unterlagen. Wer mit diesem Überraschungseffekt umgehen und überzeugen kann, wird zum eintägigen Probearbeiten an einem Montag eingeladen. An diesem Tag muss er mehrere Tests absolvieren, dazu zählen u.a. Tippen mit zehn Fingern und ein schriftlicher Einstellungstest, bei dem u.a. charakterliche Eigenschaften geprüft werden. Zudem muss er ein Exposé erstellen und sich als Makler in verschiedenen Beispielsituationen bewähren. Zwischendrin guckt er den Mitarbeitern immer wieder über die Schulter. Kunz spricht mit den Kandidaten über ihre Träume, Wünsche und Ziele und er zeigt ihnen den Fünfjahresplan eines Mitarbeiters. „Das ist der Moment, in dem sich 20% bis 25% der Bewerber von sich aus verabschieden“, sagt Kunz. 95% bis 98% der Kandidaten wüssten nicht, was ein konkretes Ziel ist. Doch einen Zielplan erwartet Kunz von seinen künftigen Mitarbeitern. Dabei geht es darum, ob Innen- oder Außendienst infrage kommen könnte oder vielleicht eine Stelle als persönliche Assistenz? Eine erste Version des Plans muss bis 17 Uhr erstellt werden, denn dann wird entschieden, ob der Kandidat in die Probewoche gehen darf.

Etwa 30 bis 50 Bewerber durchlaufen jährlich die Probewoche. Während dieser Zeit begleiten sie immer einen der 23 Mitarbeiter und feilen weiter an ihrer Zielvereinbarung – bis Donnerstagabend 17 Uhr. Dann muss der Plan vorliegen und unterschrieben werden. Wenn sich beide Seiten einig sind, erhält der Bewerber am Freitag den Ausbildungsvertrag. Wackelkandidaten wird ein weiteres Probepraktikum von vier Wochen vorgeschlagen. Die Mitarbeiter haben bei der Auswahl der Bewerber großes Mitbestimmungsrecht und können ihr Veto einlegen.

Wer diese Hürden genommen hat, beginnt im Idealfall zum 1. August mit der Ausbildung. Mit zehn Fingern zu tippen muss er vorher schon lernen, auf Kosten des Maklerhauses. In der viermonatigen Probezeit wird der Azubi weiterhin geprüft: Nach zwei Wochen steht die technische Prüfung an, dann muss der sichere Umgang mit allen technischen Geräten des Büros bewiesen werden, und nach vier Wochen derselbige mit der FlowFact-Software. Die Ortskenntnis wird nach acht Wochen getestet. Im dritten Monat gibt es einen einstündigen schriftlichen Text über zwei Kapitel des Kompendiums für Immobilienberufe. Eines davon dürfen die Azubis frei wählen. Die mündliche Nachprüfung zu den falsch beantworteten Fragen folgt zwei Wochen später. Sind die Ergebnisse schlechter als 3,5 nach dem IHK-Notenschlüssel, dann „haben wir die Möglichkeit, an der Reißleine zu ziehen“, sagt Kunz, der auch IHK-Prüfer ist. „Das war aber noch nie nötig.“ Er weiß, dass er von seinen Schützlingen viel verlangt. „Die ersten drei Monate sind sehr harte Monate“, sagt Kunz.

Ein Fünfjahresplan der eigenen Ziele ist Pflicht

Das erste Lehrjahr verbringen die Auszubildenden ausschließlich im Unternehmen. „Da entwickeln sie Rückgrat“, sagt Kunz. „Wenn man die jungen Leute ranlässt, dann lernen sie auch ganz schnell.“ Oft müssten sie nur Ängste abbauen. Im zweiten und dritten Lehrjahr besuchen die Auszubildenden dann auch die Berufsschule. Am Ende des ersten Lehrjahres müssen sie sich zwischen Wohn- und Gewerbeimmobilien entscheiden, nach Abschluss des folgenden zwischen Außen- oder Innendienst. Wöchentlich gibt es Telefontrainings. „Wer das Gespräch zu jeder Zeit im Griff hat, der spart sich einfach viel Zeit“, sagt Kunz. Weiterbildungen, wie den Fachwirt, finanziert das Unternehmen seinen Mitarbeitern nicht. Es gibt aber eine Woche Sonderurlaub vor den Prüfungen und der Chef hilft bei der Vorbereitung. Und wenn der Mitarbeiter erfolgreich war, erhält er monatlich mehr Geld.

Fast 600 Bewerber hatten ihre Unterlagen für das diesjährige Ausbildungsjahr geschickt. Sie kommen über das Arbeitsamt, das Internet oder Mundpropaganda zu ihm. „Geld für Anzeigen geben wir nicht aus“, sagt Kunz. In der Vergangenheit hatte er mit ungewöhnlichen Aktionen bei der Nachwuchs-Akquise auf sich aufmerksam gemacht (siehe „Kunz-Schulze sucht den Super-Azubi„, IZ 18/2009) und sogar einen AusbildungsContest entwickelt, bei dem der beste Azubi eine Geldprämie gewann.

Als Kunz zusammen mit Roland Schulze zum 1. April 1994 das Unternehmen gründete, hatte er eine vierjährige Karriere als Deutschlands bester Verkäufer hinter sich. Der gelernte Kfz-Mechaniker und Einzelhandelskaufmann hatte sich die finanzielle Grundlage für sein Maklerunternehmen im ProMarkt erarbeitet. Zudem ist er Fengshui-Berater und richtete das Büro ganz nach der chinesischen Harmonielehre ein, inklusive Yoga-Raum. Beim Yoga mitzumachen sei jedoch nicht verpflichtend, sondern freiwillig. Aber er verlangt von jedem, es zumindest einmal zu versuchen. Aus seiner Zeit als Verkäufer weiß er, was es heißt, mit Zielen zu arbeiten. Der Fünfjahresplan beeinflusse das Verhältnis zu den Kollegen nicht, sagt Kunz. Denn es müsse niemand Sorge haben, dass ihn jemand übervorteilt, weil jeder seine individuellen Ziele habe. Vielmehr soll er Anreiz bieten, dem anderen nachzueifern, ihn zu bewundern und sich vielleicht auch Niederlagen einzugestehen. Der Fünfjahresplan ermöglicht aber auch, Entwicklungsperspektiven aufzuzeigen.

Und auf lange Sicht soll die Zahl der Gesellschafter von derzeit drei auf sechs erhöht werden. Auf diese Aufgabe bereitet Kunz seine Auszubildende im dritten Lehrjahr, Cathrin Wolf, derzeit vor. Sie absolvierte nach der Realschule das kaufmännische Berufskolleg und kam während eines Schulpraktikums zu Kunz-Schulze. Ursprünglich hatte sie mit dem Gedanken gespielt, Rechtsanwalts- oder Notargehilfin zu werden, doch das ist vorbei. In ihrem alten Fünfjahresplan standen Ziele wie ein Notartermin pro Monat oder drei Mal die Woche Sport machen, in ihrem neuen ist der künftigen Aufgabe Rechnung getragen. Sie soll sich einmal verstärkt um Personalthemen kümmern und unterstützt Kunz bei der Bewerberauswahl. Mehr als 1.600 Unterlagen hat sie schon gesichtet.

Den Sprung zum Gesellschafter hat Marco Ziegler schon geschafft. Er kam direkt nach der Ausbildung im Jahr 2009 zu Kunz-Schulze. Das Arbeiten mit den Fünfjahresplänen sei ein Lernprozess gewesen: „Was kann ich überhaupt leisten?“ Er beschränkt die Zahl seiner Ziele bewusst. Dass er mit 26 Jahren schon Gesellschafter wurde, sei ein beiderseitiges Vertrauensgeschenk gewesen. Dass die beruflich motivierten Fünfjahrespläne auch Auswirkungen auf das Privatleben haben könnten, hätte Wolf nicht gedacht. Doch sie hat sich entfernt von den Freunden, die keine Ziele haben.

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