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Ist das noch erlaubt?

Das Handy stellt der Arbeitgeber, die geschäftlichen Kontakte sind oft im eigenen Xing-Profil gespeichert und zu manchen Geschäftspartnern werden fast freundschaftliche Verbindungen gepflegt. Arbeits- und Freizeit verschwimmen immer mehr, doch das Arbeitsrecht zieht klare Grenzen. Ab wann das Schreiben von privaten E-Mails am Arbeitsplatz den Personaler auf den Plan ruft und ob Abendveranstaltungen mit Canapées als Arbeitszeit gelten, erläutert Katrin Scheicht, Partnerin bei Norton Rose Fulbright.

IZ
22. Mai 2014
Bild: BilderBox.com
Immobilien Zeitung: Frau Scheicht, jeder zehnte deutsche Arbeitnehmer kommt einmal im Monat zu spät zur Arbeit. 5% sind sogar mindestens einmal pro Woche nicht pünktlich, zeigt eine aktuelle Studie von CareerBuilder und JobScout24. Die Unternehmen lassen solches Fehlverhalten nicht ungesühnt. Ein Viertel der Personaler hat deswegen schon einmal eine Kündigung ausgesprochen. Wie schnell muss ein Arbeitnehmer mit solch drastischen Mitteln rechnen?

Katrin Scheicht: Regelmäßiges Zuspätkommen zählt zu den häufigsten Auslösern für Konflikte am Arbeitsplatz. Wie gravierend dieses Fehlverhalten ist, hängt jedoch von den Umständen ab. Gibt es in dem Unternehmen feste oder flexible Arbeitszeiten oder hat der Arbeitnehmer Kundenkontakt ab einer bestimmten Uhrzeit? Das sind Aspekte, die in die Bewertung einfließen.

IZ: Dem morgendlichen Nachzügler droht also nicht sofort die Kündigung?

Scheicht: Nein, wahrscheinlich nicht. Zunächst dürfte es ein Gespräch mit dem Vorgesetzten oder dem Personaler geben. Bessert sich das Verhalten nicht, folgt eine schriftliche Abmahnung, die in der Personalakte verbleibt. Kommt der Mitarbeiter auch nach der Abmahnung weiterhin zu spät, kann der Arbeitgeber eine zweite Abmahnung oder u.U. eine Kündigung aussprechen.

IZ: Wenn es keine Stechuhr gibt, wer dokumentiert dann die Arbeitszeit?

Scheicht: Der Arbeitgeber ist zwar zur Erfassung der Arbeitszeit, die acht Stunden überschreitet, verpflichtet, doch er kann dies an den Mitarbeiter delegieren.

IZ: Muss der Arbeitnehmer dann nur darauf achten, dass die Gesamtsumme stimmt?

Scheicht: Nicht ganz, denn wenn es eine Kernarbeitszeit gibt, dann müssen alle Mitarbeiter, auch solche im Außendienst, wie z.B. Makler, während dieser Zeit arbeiten.

IZ: Im Büro lockt der stete Internet-Zugang, mal schnell die privaten E-Mails zu checken. Ab wann sollten Angestellte auf die Uhr gucken, wenn sie privat im Internet surfen?

Scheicht: Wenn die Privatnutzung erlaubt ist, heißt das Stichwort „sozialadäquat“, d.h. die private E-Mail-Nutzung muss in einem annehmbaren Verhältnis zur Gesamtarbeitszeit stehen. Gelegentlich zehn Minuten sind bei einem achtstündigen Arbeitstag i.d.R. nicht abmahnfähig.

IZ: Kann ein Arbeitgeber die private Nutzung des Internets gänzlich verbieten?

Scheicht: Ja, theoretisch kann er die Nutzung untersagen. Im Jahr 2014 erlauben aber viele Arbeitgeber die Privatnutzung.

IZ: In bestimmten Fällen darf der Arbeitgeber E-Mails eines Mitarbeiters öffnen. Wenn jemand auch seine private Korrespondenz über den Firmen-Account laufen lässt, wie kann er diesen Schriftverkehr kennzeichnen, um ihn zu schützen?

Scheicht: Wenn die Privatnutzung erlaubt ist, kann der Arbeitgeber nicht ohne weiteres auf den E-Mail-Account zugreifen. Zusätzlich kann in die Betreffzeile das Wort „Privat“ geschrieben werden, um Zugriffe auf die privaten E-Mails noch weiter zu vermeiden.

IZ: Gilt für privates Telefonieren auch das Stichwort „sozialadäquat“?

Scheicht: Ja, und zwar auch, wenn die Telefonate in der Arbeitszeit vom privaten Handy und nicht vom Büro-Telefon geführt werden. In besonders schweren Fällen riskiert der Mitarbeiter durchaus eine fristlose Kündigung.

IZ: Was heißt schwerer Fall übersetzt für Nicht-Juristen?

Scheicht: Der Mitarbeiter einer Immobilien- und Beteiligungsgesellschaft hatte innerhalb von sechs Wochen 18 Stunden lang nach Mauritius telefoniert – vom Anschluss seines Kollegen. Das ist ein schwerer Fall und das kostete ihn den Job.

IZ: Heutzutage wird von vielen Angestellten erwartet, dass sie über ein großes Netzwerk verfügen. Um das zu pflegen, sollen sie regelmäßig an Veranstaltungen teilnehmen, die oft abends stattfinden. Auch wenn dort die Atmosphäre eher locker ist, handelt es sich dabei nicht um ein Treffen unter Freunden. Gilt das als Arbeitszeit?

Scheicht: Nein, denn nach überwiegender Meinung werden Geschäftsessen und ähnliche Veranstaltungen nicht als Arbeitszeit angesehen.

IZ: Darf der Arbeitnehmer am nächsten Tag wenigstens entsprechend später ins Büro kommen?

Scheicht: Es gibt vielleicht Positionen, bei denen es erlaubt ist. Generell sollten Arbeitnehmer prüfen, wie solch ein Fall in ihrem Unternehmen und für ihre Position geregelt ist.

IZ: Welche Voraussetzungen müssen denn gegeben sein, damit der Fachvortrag mit Canapées um 19:30 Uhr vom Arbeitgeber vergütet wird?

Scheicht: Zum einen muss es einen konkreten Bezug zur Arbeit geben, und zum anderen sollte der Arbeitgeber den Mitarbeiter entsandt haben. Doch selbst dann dürfte es sich nur in Ausnahmefällen um Arbeitszeit handeln, weil die Beanspruchung generell geringer ist als im Büro.

IZ: Nehmen wir an, dass es sich um Arbeitszeit handelt. Bekommt der Arbeitnehmer dann die Überstunden vergütet?

Scheicht: Das hängt vom Arbeitsvertrag ab. Gibt es keine Regelung, kann der Mitarbeiter z.B. einen Anspruch haben, wenn sein Gehalt unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung liegt. Dies sind aktuell 71.400 Euro Bruttojahresgehalt in den alten Bundesländern und 60.000 Euro in den neuen.

IZ: Frau Scheicht, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führt Sonja Smalian.

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