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Auf dem Bau wollen Frauen Vorbilder

Das Baugewerbe ist eine Männerdomäne. Doch wenn es nach Barbara Hagedorn geht, soll sich das bald ändern. Sie will herausfinden, was Frauen von einer Karriere auf dem Bau abhält, und die Arbeitsbedingungen anpassen. Dadurch erhofft sie sich einen Vorteil beim Kampf um die besten Fachkräfte.

Janina Stadel
11. September 2021
Quelle: Hagedorn

Auf den Baustellen von Kafril in Sachsen, der Bauer Group aus Oberbayern und des Malerbetriebs Prasse aus der Nähe von Gütersloh sollen künftig mehr Frauen mit anpacken. Die Unternehmen sind drei von mehr als 20 Betrieben aus ganz Deutschland, die sich Barbara Hagedorns Netzwerk „Wir.Können.Bau“ angeschlossen haben. Das Ziel der Initiatorin: mehr Frauen eine Karriere im Baugewerbe schmackhaft machen und so dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Denn Hagedorns Schätzungen zufolge geht in den kommenden zehn Jahren jeder vierte Facharbeiter aus dem Tiefbau in Rente. Gleichzeitig zeigen aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts, dass der Anteil von Frauen im Baugewerbe bei nur 13% liegt.

Deshalb wollte Hagedorn als Geschäftsführerin eines mittelständischen Bauunternehmens in Gütersloh herausfinden, was Frauen von der Branche fernhält. Dafür hat sie eine Umfrage mit mehr als 800 Teilnehmern gestartet. „Es sind eigentlich kaum mehr die klassischen Klischees wie Machosprüche auf der Baustelle oder Probleme mit der Kinderbetreuung, die Frauen davon abhalten, Karriere im Baugewerbe zu machen“, stellte die 52-Jährige fest. „Was mich sehr überrascht hat: Es fehlt den Frauen stattdessen an Vorbildern in den Berufen. Hier setzen wir an und liefern Vorbilder.“

Fachkraftsuche mit Plakaten und Netzwerken

Auf Plakaten, bei Fernsehauftritten und Vorträgen stellte sie ihre Mitarbeiterinnen, deren Berufe und Motivation der Öffentlichkeit vor. „Man muss eben manchmal in Vorleistung treten“, kommentiert Hagedorn den Aufwand hinter der Kampagne. „Unser Ziel war es, drei gewerbliche weibliche Auszubildende zum 1. August 2021 einzustellen. Jetzt sind es sogar vier geworden, das ist mega und zeigt uns, dass sich der Einsatz lohnt“, erzählt sie stolz. Die Azubis arbeiten jetzt im Tiefbau und als angehende Baugeräteführerinnen.

Auf die Kampagne folgte schließlich die Gründung des Netzwerks „Wir.Können.Bau“. Über den zugehörigen Instagram-Kanal geben Unternehmen seit Sommer regelmäßig Einblicke in den Arbeitsalltag ihrer Mitarbeiterinnen. Außerdem finden seit Anfang des Jahres regelmäßige Treffen statt.

Hagedorn will in Zukunft noch mehr Frauen auf ihren Baustellen einsetzen. Die Geschäftsführerin habe festgestellt, dass Diversität im Unternehmen dazu führt, dass Aufgaben aus unterschiedlichen Perspektiven gesehen und angepackt werden. Oft habe sie gehört, Frauen seien „komplizierter“ als Männer. „Tatsächlich gehen Frauen manche Aufgaben anders an. In unserer Umfrage haben wir gesehen, dass sie Probleme oft nicht zuerst in ihrem Team besprechen, sondern sich Rat von Familie und Bekannten holen“, nennt sie ein Beispiel.

Doch es habe eine Zeit lang gedauert, bis ihre Mission bei jedem Kollegen im Betrieb angekommen ist. „Es ist wichtig, dass jede und jeder im Unternehmen weiß, was zu tun ist. So gab es bei unserer Kampagne „Frau am Bau“ den klaren Auftrag in die HR, dass alle eingehenden Bewerbungen von Frauen gesichtet werden, auch wenn derzeit keine passende Stelle zu besetzen ist“, berichtet Hagedorn. „Es geht nicht darum, eine gendergerechte Sprache auf dem Bau einzuführen. Es geht vielmehr darum, den Grundgedanken der Diversität so im Unternehmen zu verankern, dass jede Kollegin und jeder Kollege weiß, dass er oder sie sich im Unternehmen behaupten und selbstbewusst auftreten kann.“

Um das auch nach außen zu kommunizieren, hat Hagedorn die Charta der Vielfalt unterzeichnet. Die Arbeitgeberinitiative setzt sich für mehr Diversität in der Arbeitswelt ein. Seit dem Start 2006 sind bereits mehr als 4.000 Organisationen, Verbände und öffentliche Stellen diese Selbstverpflichtung eingegangen. Doch Hagedorn weiß: „Mit einer einfachen Unterschrift ist es nicht getan. Wir müssen ein Umdenken anstoßen, das in den Köpfen von jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter ankommen und gelebt werden muss.“

Dass sie mit dieser Einstellung Vorteile bei der Suche nach Nachwuchskräften hat, konnte sie schon feststellen. „Es geht bei der Wahl des Arbeitgebers oft nicht mehr nur um das Gehalt oder das Auto. Wichtig sind den Bewerbern Weiterbildung, Unternehmenskultur, Nachhaltigkeit und die Sinnhaftigkeit des Berufs geworden. Wer es versteht, das umzusetzen, hat einen klaren Vorteil beim Kampf um die besten Köpfe.“

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