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Selbstständig oder lieber angestellt, das ist die Frage

Der eine kaufte Gundstücke für eine US-Seniorenheimkette, der andere finanzierte Milliardendeals für eine Investmentbank, der dritte war Partner einer internationalen Anwaltskanzlei. Nun befinden sich Eric Nalbach, Christoph Munte und Hans-Dieter Schulz-Gebeltzig beruflich in einer Art Schwebezustand: Sie sind selbstständig, haben mental mit der Arbeit in einer großen Organisation aber noch nicht abgeschlossen.

Christoph von Schwanenflug
20. November 2009

In der Immobilienbranche war Eric Nalbach zuletzt drei Jahre lang das deutsche Gesicht von Sunrise. Er reiste kreuz und quer durchs Land und suchte für die US-Seniorenheimkette geeignete Grundstücke. Direktor Entwicklung Deutschland, das stand auf seiner Visitenkarte. Bis zum Sommer war Nalbach für Sunrise noch ein Jahr in Schottland unterwegs. Seit Mitte des Jahres ist er ohne festen Job.

Der Rückzug von Sunrise vom deutschen Markt zwingt Nalbach, sich grundlegend über sein Leben Gedanken zu machen. Er ist 44 Jahre alt, die Mitte seines Berufslebens ist in etwa erreicht. Zurück in ein Unternehmen oder doch lieber selbstständig sein, um diese Frage kreisen seine Gedanken. Er hat ein denkmalgeschütztes Autohaus in Saarbrücken gekauft, das er in Eigentumswohnungen umbaut. Ursprünglich sollte das eine private Sache werden, jetzt ist es das erste Projekt einer Bauträgergesellschaft, die er mit einem befreundeten Architekten gegründet hat. Sechs von sieben Wohnungen sind verkauft. Ein zweites Projekt, der Bau eines Bürohauses in Saarbrücken, steht schon auf der Rampe. Nalbach fühlt sich als Bauträger allerdings nicht ganz ausgelastet. Er verdiene zwar mehr als früher, aber das Saarland ist ihm als Aktionsradius zu klein. „Beim regionalen Geschäft fehlt mir die Verbindung zu meinem doch ansehnlichen überregionalen Netzwerk.“

Ein Netzwerk aus 17 Berufsjahren muss doch zu etwas nütze sein

Parallel bastelt Nalbach an einer größeren Sache. Er hat ein Team zusammengestellt, das einen Investor bei der Akquisition eines Pflegeheimportfolios berät. Dabei sind ihm seine Kontakte in die Seniorenheimbranche und ein in 17 Berufsjahren aufgebautes bundesweites Netzwerk von Nutzen. Die Gruppe besteht aus vier Leuten, die nur für diesen Anlass zusammenarbeiten: einem, der sich mit dem Betrieb von Pflegeheimen auskennt, einem Berater aus der Pflegebranche, einem Bauexperten und Nalbach als Mannschaftskapitän und Finanzexperten. Seine teamorientierte Herangehensweise habe den Auftraggeber überzeugt. „Wenn ich wüsste, wie man solche Deals akquirieren kann, wäre das Arbeiten in projektweise zusammengestellten Teams mein Geschäftsmodell.“ Im Zusammenstellen von Teams, dem Strukturieren von Deals und der Führung der Teammitglieder sieht Nalbach eine seiner Stärken. „Schwerer tue ich mich mit der Akquise von Dienstleistungsaufträgen. Ich bräuchte einen Akquisitionskünstler.“ Es gibt aber auch noch eine dritte Option, über die Nalbach nachdenkt: wieder als Angestellter zu arbeiten. Er war ja sehr zufrieden bei Sunrise. Eine große Organisation im Rücken, aber dennoch viel Freiheit. „Eine richtig schöne Zeit“, sagt er rückblickend.

Leute, denen es geht wie Nalbach, trifft man zur Zeit häufig: Immobilienprofis, die (in der Regel infolge der Wirtschaftskrise) aus der Festanstellung gefallen sind und nun (in der Regel mit einem größeren Auftrag) ein eigenes Geschäft aufziehen. Sie haben ein finanzielles Polster, genießen die Freiheiten, die ihnen die Selbstständigkeit bietet, aber sie sind noch nicht restlos in dieser Daseinsform angekommen. Sie stehen, mental gesehen, mit einem Bein immer noch im Angestelltenleben.

In welcher Sphäre er letztendlich besser aufgehoben ist, das versucht auch der Immobilienanwalt Hans-Dieter Schulz-Gebeltzig gerade festzustellen. Juristen würden seine Selbstständigkeit wahrscheinlich als schwebend unwirksam bezeichnen. 25 Jahre hat Schulz-Gebeltzig in großen Sozietäten verbracht. Er war Partner bei Linklaters und Norton Rose, stand im Juve-Handbuch, dem „Who-is-who“ der Wirtschaftsanwälte. Anfang des Jahres schied er bei Norton Rose aus – „wegen unterschiedlicher Auffassungen über die Bedeutung des Immobilienrechts in einer internationalen Großkanzlei“, wie er sagt. Kürzlich hat er eine Kanzlei mit Notariat in Frankfurt am Main gegründet, Schulz-Gebeltzig Rechtsanwälte, spezialisiert auf Immobilien-Transaktionen und Property-Finance. Er hat einige bedeutende Mandanten von Norton Rose mitgenommen, es bestehen Kooperationen mit Kanzleien in Berlin und Münster.

Eine große Firma hat ja auch ihre angenehmen Seiten

„Es gibt im Moment, mit Ausnahme von Restrukturierungen und Refinanzierungen, ja kaum große Deals, die große Einheiten brauchen“, sagt er. Aber so ganz abgeschlossen hat er mit dem Kapitel Großkanzlei noch nicht. Es habe ja auch seine angenehmen Seiten, in einer Organisation zu arbeiten, räumt er ein, auch wenn ihn Management- und Verwaltungsaufgaben zuletzt zunehmend gestört hätten. „Ich möchte aber nicht ausschließen, dass ich mich wieder einer großen Sozietät anschließe.“

Schulz-Gebeltzig macht im Moment die angenehme Erfahrung, dass man auch ohne den Namen einer großen Firma auf der Visitenkarte leben und arbeiten kann. Die jüngste Expo Real war diesbezüglich ein Highlight für ihn. Am Sonntagabend vor der Messe lud er, wie schon bei Norton Rose, zu einem Abendessen ins Restaurant Ritzi in München ein. Es war ein Test: Würden die Leute auch kommen, wenn er nicht mehr eine große Kanzlei, sondern mehr oder weniger nur noch sich selbst repräsentierte? Sie kamen. „Wir waren 40 Leute. Die letzten sind um halb zwei gegangen. Die Party war sehr erfolgreich.“

Die Macht der Visitenkarte, auf sie muss auch Christoph Munte vorerst verzichten. Der gebürtige Berliner, Rechtsanwalt und Steuerberater, war bis Anfang 2009 Finanzchef des deutschen Ablegers des Morgan Stanley Real Estate Fund (MSREF). Unlängst hat er eine Firma gegründet, die Restrukturierungen koordiniert und Dienstleistungen im Asset-Management anbietet, Property Efficiency Group (PEG), Hamburger Allee 50, 60486 Frankfurt am Main. Muntes Kooperationspartner für Wohnungen ist die Firma Arsago, bei Einzelhandelsimmobilien arbeitet er mit Sontowski & Partner zusammen, im Bürobereich verhandelt er noch mit verschiedenen Adressen. Der größte Auftrag für PEG ist die Restrukturierung eines notleidenden Finanzierungsportfolios, hinter dem 6.000 Wohnungen stehen.

Das Arbeiten auf Anweisung ging ihm gegen den Strich

Munte, 36 Jahre alt, befand sich im Auge des Investment-Taifuns, der über Deutschland hinwegfegte. Nach der Grundausbildung bei Freshfields in Frankfurt und Goldman Sachs in London wechselte er 2006 zu MSREF. Als er dort anfing, hatte das Büro in Frankfurt sieben Mitarbeiter, wenig später waren es 70. Munte wuchs in die Rolle eines Chief Financial Officers amerikanischer Prägung hinein. Er strukturierte nicht nur Finanzierungen und verhandelte mit Banken, er baute auch die MSREF-Organisation in Deutschland mit auf. Die Arbeitsbelastung auf dem Höhepunkt des Booms war aberwitzig. Vier bis fünf Stunden Schlaf waren eineinhalb Jahre lang für ihn nicht die Ausnahme, sondern die Regel. „Es waren verrückte Arbeitszeiten“, erinnert sich Munte. Er allein unterschrieb Finanzierungen im Wert von 7,5 Mrd. Euro.

Dieses Leben ist vorbei, zum Teil, weil der Markt vorbei ist, zum Teil aber auch, weil Munte dieses Leben, als er MSREF Anfang des Jahres verließ, bewusst hinter sich gelassen hat. Das Arbeiten auf Anweisung, zumal in einem schwierigen Markt, ging ihm irgendwann gegen den Strich. „Ich habe mir angeschaut, wer glücklich ist“, sagt er. Es waren stets die Leute, erzählt er, die in Einheiten zusammengearbeitet hätten, die gerade groß genug waren, um komplexe Transaktionen übernehmen zu können und in denen sich die Leute bei Abwesenheit gegenseitig vertreten konnten. Vier bis fünf Personen, das sieht er mittlerweile als eine ideale Größe für eine Unternehmung. Das heißt nicht, dass er der großen Organisation für alle Zeit adieu gesagt hätte. Er sagt das, was Nalbach und Schulz-Gebeltzig sinngemäß auch sagen: „Ich schließe eine spätere Anstellung nicht aus, wenn es mit der Selbstständigkeit nicht klappt.“ (cvs)

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