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Die Wohnungswirtschaft ist zum Gähnen

Christine Rose
08. September 2009

Unter den Top-Arbeitgebern der Immobilienbranche ist kein einziges Wohnungsunternehmen (siehe Titel und Seiten 10 und 11). Warum? Sind sie für die Studenten zu unsexy, da in der Mehrzahl klein und lokal agierend? Branchenprofis sehen einen anderen Hauptgrund. Wohnungsunternehmen bemühen sich nicht allzu sehr um (Führungs-) Nachwuchs von Hochschulen, Akademien und anderswo. Entsprechend groß ist auch das Imageproblem.

Hochtief, Jones Lang und ECE – nach Ansicht der Studenten immobilienwirtschaftlicher Studiengänge, die an der IZ-Umfrage teilnahmen, sind das die beliebtesten Arbeitgeber der Branche. Auch auf den folgenden Plätzen findet man zwar Makler, Projektsteuerer und Wirtschafsprüfer, aber keine Wohnungsunternehmen. Umgekehrt bemühen sich viele dieser Gesellschaften auch nicht darum, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren. „Sie haben ihren eigenen Weg, Nachwuchs zu gewinnen, setzen vor allem auf gute Abiturienten, die sie zunächst zu Immobilienkaufleuten ausbilden“, sagt Klaus Leuchtmann, Vorstandsvorsitzender des Europäischen Bildungszentrums der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (EBZ) in Bochum. Die besten werden Leuchtmann zufolge anschließend durch Fortbildung oder Studium für höhere Positionen fit gemacht. „Strategische Aufgaben in Marketing, Vertrieb oder Finanzierung, für die sich Unternehmen anderer Branchensegmente Akademiker holen, werden dem selbst aufgebauten Nachwuchs übertragen.“ So stellten viele nur für höchs­te Positionen Akademiker ein, und für die hätten sich bislang Bewerber gefunden.

Mathias Müller, Geschäftsführer der GWW Wiesbaden, bestätigt: „Es gibt wenige Hochschulabsolventen in Wohnungsunternehmen, und das Ausbildungssystem ist ein Grund dafür.“ Die Frage sei: „Ist das auf Dauer richtig so?“ Müller hat Zweifel. Er empfiehlt, sich stärker um Akademiker zu bemühen – aus zwei Gründen: Zum einen, weil viele Führungskräfte in absehbarer Zeit in den Ruhestand gehen, zum anderen, um sich professioneller aufzustellen.

Frankfurt/Oder statt Frankfurt a.M.

Das Problem: „Die meisten haben noch nicht begriffen, dass es demografiebedingt einen Fachkräftemangel geben wird“, sagt Müller und meint damit einen Mangel an Akademikern wie auch Ausbildungsnachwuchs. Leuchtmann stimmt zu und weist auf die Imagekampagne „Du bist mehr Immobilienprofi, als du denkst!“ des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen hin. Müller ist überzeugt, dass Nachwuchs nur über ein positives Image gelockt wird, und einer Meinung mit Beate Vaupel-Möller, Mitglied des ZIA-Bildungsausschusses und Leiterin der Personal- und Organisationsentwicklung beim Berliner Wohnungsunternehmen GSW, die sagt: „Die Branche hat ein großes Imageproblem.“

Doch: Wie weit kommen Unternehmen mit dem Imagepolieren? Und wann stoßen viele an natürliche Grenzen, gesetzt durch die Tatsache, dass sie klein sind oder lokal agieren? „Sicher sprechen wir nicht jeden an. Das merken wir auch daran, dass mancher Hochschulabsolvent seine Bewerbung zurückzieht, sobald ihm klar geworden ist, dass er nicht jeden Tag Wohnungspakete für zig Millionen Euro einkaufen oder die Finanzierung dafür auf die Beine stellen kann“, sagt Wolfgang Schnurr, Vorstandsvorsitzender der DKB Immobilien mit Sitz in Potsdam, die mit rund 350 Mitarbeitern etwa 31.000 Wohnungen bewirtschaftet und in der IZ-Umfrage zusammen mit der GSW und der Gagfah zumindest noch von einigen Studenten als Wunscharbeitgeber genannt wurde. Auch wer sich in Nadelstreifen und Krawatte gefalle, werde Wohnungsunternehmen als zu unglamourös links liegen lassen, ist Schnurr überzeugt. „Dass man bei uns in Frankfurt an der Oder und nicht in Frankfurt am Main tätig ist, hat auch schon den ein oder anderen abgeschreckt.“ Und die Gagfah – mit ihren etwa 1.600 Beschäftigten und den quer über die Republik verstreuten 190.000 Einheiten nun einer der großen Akteure – stellt fest, es sei zu spüren, dass sie nur national agiere. Das Gehalt dagegen, da ist man sich einig, ist kein Hemmschuh. „Da gibt es in der Höhe keine großen Unterschiede“, sagt Müller, der als ehemaliger DTZ-Deutschlandchef auch den Einblick ins Gewerbegeschäft hat. Allerdings ist er der Überzeugung, dass Gesellschaften – wie es die GWW tut – auf eine variable Vergütung setzen sollten. „Das lockt junge Menschen, die sich beweisen wollen.“

Mit Imageaufbau haben viele Gesellschaften allerdings noch wenig am Hut. „Ich kenne Dutzende Führungskräfte aus dem Gewerbeimmobiliensektor, die an Hochschulen als Dozenten tätig sind, aber nur eine Handvoll Kollegen aus Wohnungsunternehmen“, sagt Müller, der Beirat an der Akademie der Immobilienwirtschaft (ADI) in Stuttgart ist. Gerade durch die persönliche Präsenz an Hochschulen sei jedoch gezielte Imagebildung und das Anwerben guter Studenten besser möglich als über die meisten anderen Kanäle. Eine andere Möglichkeit, um persönlichen Kontakt zu Hochschülern aufzubauen, sieht er in der Präsenz auf Messen wie der Expo Real in München.

Was Ausbildungsberufe betrifft, empfiehlt der GWW-Geschäftsführer, der auch Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Frankfurt ist, den Kontakt zu IHKs. Einbringen könne man sich durch die Mitgestaltung von Lehrplänen und als Mitglied in Prüfungsausschüssen; wer auf Ausbildungsberater der Kammern zugehe, lande auch auf dem Schirm des Nachwuchses.

Gute Pressearbeit, regional wie branchenspezifisch, ist ebenfalls ein wichtiger Faktor in puncto Image – viele Große haben das begriffen. Auch eigene Medien wie Mieterzeitung, Website und Mieterfernsehen sind ein gutes Vehikel, am Image zu feilen und sich als attraktiver Arbeitgeber darzustellen.

Vaupel-Möller zufolge können Wohnungsunternehmen durchaus mit Pfunden wuchern: „Portfoliomanagement, Transaktions-, Finanzierungs- sowie Asset- und Property-Management – das sind interessante Berufsbilder und im Übrigen die gleichen wie im Gewerbesegment.“ Gilt das nicht nur für große Gesellschaften? Im Wesentlichen ja, sagt sie, doch auch andere müssten auf Marktdruck reagieren, sich professionalisieren. Kleinere könnten herausstreichen, dass Berufseinsteiger tiefgreifende operative Erfahrungen in der Bestandsbewirtschaftung erhalten. Müller sieht für sie Chancen im Sichprofilieren auf lokaler Ebene: „Es gibt auch gute heimatverbundene Leute.“

Dank an ausländische Investoren

Viele Wohnungsunternehmen müssten aber auch an ihre Strukturen, um sich im Kampf um Köpfe durchzusetzen, meint Müller. „Es bedarf einer klaren Personalentwicklungs-Strategie – man muss Stellenbeschreibungen, Aufstiegsmöglichkeiten, Zielvereinbarungen und mehr aufzeigen und bieten können.“ Ob es nun an der Größe oder am Image liegt, das einige der Großen gut pflegen: Bisher sei es kein Problem gewesen, offene Stellen mit Akademikern zu besetzen, erklärt Gagfah-Sprecherin Bettina Benner, der zufolge jährlich acht bis zwölf Absolventen und etwa 35 Auszubildende gesucht werden. Auch die DKB leidet nicht an Bewerbermangel: Auf vier, fünf ausgeschriebene Akademikerstellen im Jahr melden sich jeweils über hundert Bewerber.

Was das Image der Wohnungswirtschaft bei den Jungen angeht, gebührt wohl auch den ausländischen Investoren Dank: Die haben schon einmal den dicksten Staub darauf weggefegt. (cr)

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