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Wie Bauunternehmen für den lokalen Nachwuchs sichtbar werden

Die Nähe zum Wohnort spielt bei Jugendlichen eine wichtige Rolle bei der Wahl einer Lehrstelle. Ausbildungsbetriebe aus der Baubranche müssen sich deshalb als lokale Arbeitgeber präsentieren. Möglichkeiten dafür bieten Praktikumsangebote und das Internet.

Janina Stadel
07. April 2022
Urheber: www.thegoodplace.digital

Mehr als 200 Praktikumsanfragen hat das Bad Vilbeler Hoch- und Industriebauunternehmen Alea in den letzten drei Jahren von Schülern und Studenten erhalten. 25 von ihnen haben seitdem einen Platz bekommen und konnten für zwei bis vier Wochen auf einer Baustelle dabei sein. „Das Interesse an der Branche ist also da. Es muss nur geweckt werden“, schlussfolgert CEO Thomas M. Reimann. Die meisten Bewerbungen seien Folgen von Baustellenführungen, sogenannten Praxistagen, gewesen. Reimann bietet sie regelmäßig an. Dazu werden in Kooperation mit einer Realschule Schülergruppen ab der Klassenstufe 8 auf eine Baustelle in ihrer Region eingeladen. Dort sollen die Jugendlichen v.a. sehen, welche Karrierechancen die Branche ohne ein vorheriges Studium bietet.

Fragerunden vor Ort sollen Vorurteile abbauen

Dass sie das vor Ort von den Vorarbeitern und Polieren erfahren, sei wichtig, denn nur die wenigsten werden zuhause dazu ermutigt, sich bei der Berufswahl auf dem Bau umzuschauen. „Viele Eltern haben ein veraltetes Bild von der Branche und assoziieren die Baustelle mit schlechtem Wetter, Dreck und harter körperlicher Arbeit“, fasst Reimann die Vorurteile zusammen. „Dabei hat sich in den letzten 15 bis 20 Jahren viel geändert.“ Neben modernen hydraulischen Geräten nennt er Fortschritte durch Digitalisierung als konkrete Beispiele: „Wo früher Steine zurechtgeschlagen werden mussten, werden heute Pläne erstellt, die eine passgenaue Zulieferung ermöglichen.“ So haben sich Berufsbilder am Bau entwickelt, die viele gar nicht kennen. Besonders groß sei das Interesse der Schüler z.B. an Vermessungstechniken mit Drohnen.

Zu den Arbeitsbedingungen in der Baubranche stellen die Jugendlichen meist die gleichen Fragen. „Vor allem die Themen geregelte Arbeitszeiten und mögliche Gehälter von Vorarbeitern und Polieren kommen bei den Praxistagen immer wieder auf“, berichtet der CEO. Für die Mitarbeiter seien das gute Gelegenheiten, sich und ihren Alltag vorzustellen. „Es haben schon einige Schüler gemerkt, dass man bei uns auch ohne Hochschulabschluss mit Mitte 30 ein Gehalt bekommen kann, das mit dem eines gleichaltrigen Bauingenieurs vergleichbar ist. Dieser Punkt hat schon bei dem ein oder anderen dazu geführt, seine Studienpläne zu überdenken“, sagt Reimann.

Bis zu 2.000 Euro kostet ein Praxistag das Unternehmen. Die Organisation im Vorfeld erfordere neben Absprachen mit Lehrern auch Vorbereitungen auf der Baustelle, etwa aus Sicherheitsgründen. Je nach Lage der Baustelle müssen zudem Busse organisiert werden. Außerdem werden die Schülerbesuche für spätere Social-Media-Posts professionell in Videos festgehalten. Unterstützung für die fachlichen und inhaltlichen Beiträge bekommt Reimann vom Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure Hessen Frankfurt. Dass der Aufwand sich für die Besetzung der Lehrstellen lohnt verdeutlicht der CEO mit Zahlen: „Früher hatten wir pro Jahrgang maximal einen Azubi, aktuell haben wir fünf im Betrieb.“

Als eins der Geheimnisse der Praxistage sieht Reimann die regionale Verbindung zwischen Schule und Baustelle. „Die Schüler können die Fortschritte auch nach dem Besuch noch im Alltag sehen“, so werde ein Bewusstsein für die Bautätigkeiten vor Ort geschaffen. „Wir bekommen auch mit, dass sich Schüler aus verschiedenen Besuchsgruppen im Nachhinein noch über die Baustellen austauschen“, ergänzt er.

Dass ein lokaler Bezug für Jugendliche auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz eine wichtige Rolle spielt, zeigt eine Umfrage von Soka-Bau und F.A.Z. Business Media Research. Von 1.500 befragten Auszubildenden gaben 75% an, gezielt eine Stelle in Wohnortnähe gesucht zu haben. Fast jeder zweite fand seinen Ausbildungsplatz über persönliche Kontakte, 39% hatten schon vor Ausbildungsstart eine Verbindung zum Betrieb. Die am meisten genutzte Informationsquelle bei der Ausbildungsplatzsuche war bei 69% das Internet, 23% hoben soziale Medien besonders hervor.

Richard Kraus, Berater für digitale Marketingstrategien zur Fachkräftegewinnung, rät Handwerksbetrieben und Bauunternehmen deshalb, Kanäle wie Facebook und Instagram stärker zu nutzen, um Stellen zu besetzen. Er empfiehlt kurze „gehirngerechte“ Posts, die über einen längeren Zeitraum hinweg an die passende Altersgruppe in einem begrenzten Radius ausgespielt werden. „Nur durch Regelmäßigkeit erhöht sich die Sichtbarkeit der Branche und die der Unternehmen als Arbeitgeber.“ Zudem empfiehlt er, eigene Karriereseiten zu verlinken, statt auf dem Webauftritt den Fokus auf Projekte zu legen, die in der Regel eher der Kundengewinnung dienen. Ein Online-Fragebogen als unkompliziertes Bewerbungsverfahren könne zudem Hürden bei der Kontaktaufnahme abbauen und ermögliche ein schnelles Kennenlernen von Kandidat oder Kandidatin und Betrieb.

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