Was sich hinter den Klauseln im Arbeitsvertrag verbirgt
Wenn der erfolgreiche Bewerber endlich seinen Anstellungsvertrag in den Händen hält, steht er nicht selten vor einem Problem: Hat er die Bedeutung der verschiedenen Formulierungen wirklich richtig verstanden? Was die verschiedenen Klauseln im Arbeitsvertrag bedeuten und welche Konsequenzen sich daraus später ergeben, erläutert Frank Lenzen, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Sibeth in Frankfurt am Main.
Immobilien Zeitung: Herr Lenzen, ein Arbeitsvertrag sollte juristisch einwandfrei sein. Doch die Fachsprache geht häufig zulasten der Verständlichkeit. Das betrifft selbst so scheinbar banale Formulierungen wie die Beschreibung des Aufgabengebiets und der Tätigkeit. Was muss ich also beachten, wenn sich der Arbeitgeber vorbehält, dem Arbeitnehmer „ein anderes Arbeitsgebiet zu übertragen, das seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entspricht“?
Frank Lenzen: Solche umfassenden Versetzungsklauseln sind mittlerweile typisch und finden sich in fast jedem Arbeitsvertrag. Gibt es eine örtliche Versetzungsmöglichkeit, kann das natürlich unter Umständen bedeuten, dass mein Arbeitsplatz von Wiesbaden nach Darmstadt verlagert wird, oder gegebenenfalls noch weiter entfernt.
Lenzen: Wahrscheinlich nicht. Wenn der Bewerber die Stelle haben möchte, wird schon ein gewisses Commitment von ihm erwartet.
Lenzen: Ja und nein. Die Versetzungsklausel erweitert den Kreis der Positionen, die einem Mitarbeiter zugewiesen werden können. Ist der Arbeitnehmer als Projektleiter Hochbau allgemein und nicht etwa als Projektleiter Opernturm bezeichnet, genießt er im Kündigungsfalle größeren Schutz.
Lenzen: Wird seine Projektleiterstelle gestrichen, so wird er im Rahmen der Sozialauswahl mit allen anderen Projektleitern im Unternehmen verglichen. Gibt es zusätzlich noch eine Versetzungsklausel, vergrößert sich der Rahmen der Sozialauswahl abermals. So muss der Projektleiter zudem mit Mitarbeitern verglichen werden, die nicht als Projektleiter tätig sind, deren Positionen er aber fachlich ausüben könnte. Die Chance, dass dem Projektleiter trotz Wegfall seiner Stelle nicht gekündigt wird, erhöht sich, wenn mehr Mitarbeiter in die Sozialauswahl einbezogen werden müssen.
Lenzen: Eine Befristung ohne Sachgrund kann maximal eine Gesamtdauer von zwei Jahren währen. Innerhalb dieses Zeitraums ist eine dreimalige Verlängerung möglich, so dass sich rechnerisch zum Beispiel vier Mal sechs Monate ergeben. Hier begeht der Arbeitgeber häufig den Fehler, dass er eine Verlängerung der Befristung mit einer Gehaltserhöhung koppelt.
Lenzen: Ja, und zwar im doppelten Sinne. Wird die Verlängerung mit einem Gehaltsplus gekoppelt, so ist es de facto eine Vertragsänderung und der Arbeitnehmer hat automatisch einen unbefristeten Vertrag. In diesem Fall ist die Rechtsprechung eindeutig.
Abgeltung von Überstunden und Zahlung eines Weihnachtsgelds
Lenzen: Nein, die Probezeit kann nicht verlängert werden. Das besondere der Probezeit ist das freie Kündigungsrecht und die zweiwöchige Kündigungsfrist nach dem BGB. Diese Kündigungsfrist gilt maximal in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses, auch wenn gegebenfalls eine längere Probezeit im Vertrag festgelegt wurde. Ab dem siebten Monat gilt automatisch das Kündigungsschutzgesetz. Wollen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Probezeit voneinander trennen, so kann diese Kündigung jedoch noch am letzten Tag der Probezeit ausgesprochen werden. Das Arbeitsverhältnis muss also nicht bis zum Ablauf der Probezeit beendet sein.
Lenzen: Das stimmt. Viele Unternehmen haben eine Klausel in ihren Arbeitsverträgen, die die Abgeltung sämtlicher Überstunden mit dem Monatsgehalt vorsieht. Doch solche Klauseln sind inzwischen unwirksam.
Lenzen: Eine solche Formulierung verstößt gegen die allgemeinen Geschäftsbedingungen, und zwar in zweierlei Hinsicht. Zum einen ist für den Arbeitnehmer nicht transparent, wie viel er jetzt für sein Monatsgehalt tatsächlich arbeiten muss. Zum anderen ist so eine Formulierung eine unangemessene Benachteiligung für den Arbeitnehmer. Wer eine solche unwirksame Klausel in seinem Vertrag hat, verliert seinen Anspruch auf Bezahlung der Überstunden nicht.
Lenzen: Dass zum Beispiel 16 Überstunden im Monat abgegolten sind. 10% Mehrarbeit pro Woche ist weit verbreitet.
Lenzen: Bei Führungskräften, die zum Beispiel im sechsstelligen Bereich vergütet werden, gibt es für gewöhnlich keine Begrenzung der Mehrarbeit.
Lenzen: Da hat die Rechtsprechung der Arbeitnehmerseite geholfen. Leistungen, die dem Grund und der Höhe nach bestimmt sind, können nicht mehr unter einem Freiwilligkeitsvorbehalt stehen.
Lenzen: Klauseln wie „Der Arbeitgeber behält sich vor, ein Weihnachtsgeld zu zahlen. Die Zahlung eines Weihnachtsgelds stellt eine freiwillige Leistung dar und begründet keinen Anspruch für zukünftige Zeiträume“ sind nach wie vor gültig. Ist im Arbeitsvertrag aber bereits die Zahlung des Weihnachtsgelds zugesagt oder die Höhe des Weihnachtsgelds geregelt, z.B. ein Monatsgehalt, ist ein Freiwilligkeitsvorbehalt ungültig, weil die Freiwilligkeit im Widerspruch zur ausdrücklichen Zahlungszusage steht.
Lenzen: Bei einem unwirksamen Freiwilligkeitsvorbehalt muss der Arbeitgeber auch zukünftig zahlen. Ein einseitiges Einstellen dieser Leistung ist nicht möglich. Dies gilt auch dann, wenn der Freiwilligkeitsvorbehalt mit einem Widerrufsvorbehalt gekoppelt war.
Lenzen: Der Arbeitgeber kann Kurzarbeit nicht einseitig festlegen, sondern braucht hierfür das Einverständnis der Arbeitnehmer. Dieses kann er sich bereits vorab mit einem entsprechenden Passus im Arbeitsvertrag besorgen, allerdings ist diese Vorgehensweise rechtlich umstritten.
Angabe von Mitgliedschaften und Nebentätigkeiten
Lenzen: Solche Klauseln richten sich besonders an Führungskräfte. Der Mitarbeiter sollte nicht bei einem Projektentwickler beschäftigt sein, der gerade ein großes Einkaufszentrum in der Innenstadt plant, und gleichzeitig Mitglied in einer Bürgerinitiative gegen genau dieses Zentrum. Mitgliedschaften sollten angegeben werden, auch um das Arbeitsverhältnis nicht zu belasten. Verschweigt der Bewerber sein Engagement und missfällt die Tätigkeit dem Unternehmen, kann das sogar ein Abmahnungsgrund sein.
Lenzen: Das ist für beide Seiten ein Problem. Denn de facto wird das Unternehmen zum Telekommunikationsanbieter mit der Bereitstellung von E-Mail und Telefon, wenn er die private Nutzung gestattet oder duldet. In diesem Fall fällt sämtlicher E-Mail-Verkehr unter das Telekommunikationsgesetz. Die Grundregel ist aber, dass die Privatnutzung verboten ist, solange sie nicht ausdrücklich oder stillschweigend erlaubt wird.
Lenzen: Am besten umgehen beide Seiten diesen Konflikt, indem der Versand privater E-Mails über den offiziellen Firmen-Account generell verboten wird und nur noch über andere, internetbasierte Dienste erlaubt ist. Damit haben die E-Mails im Firmen-Account rechtlich den Status von Aktenordnern im Schrank und sind auch für andere zugänglich.
Lenzen: In der Regel braucht ein Bewerber keinen Anwalt. Wenn ich aber das Gefühl habe, etwas nicht zu verstehen, dann sollte ich die etwa 150 Euro bis 180 Euro für eine Erstberatung besser investieren. Denn bei einem Arbeitsvertrag über 60.000 Euro Jahresbruttogehalt sprechen wir über immerhin 600.000 Euro innerhalb der nächsten zehn Jahre. Über einen Vertrag, der meine Existenzgrundlage regelt, würde ich im Zweifel schon mal einen Fachmann drüberschauen lassen.
Das Interview führte Sonja Smalian.