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Der überlastete Bauleiter

Bauleiter spielen eine Schlüsselrolle auf der Baustelle. Anders als ihre Managerkollegen müssen sie nicht nur das große Ganze im Blick haben, sondern sind auch für viele Routineaufgaben zuständig. Das verschleißt die Führungskräfte unnötig und kann bei Fehlern hohe Mehrkosten verursachen. Prof. Dr. Manfred Helmus hat in einem Forschungsprojekt Handlungshilfen für die „Macher der Baustelle“ entwickelt.

IZ
13. März 2014
Bild: Berg. Universität Wuppertal
Immobilien Zeitung: Herr Helmus, Sie bilden an der Bergischen Universität Wuppertal seit vielen Jahren Bauingenieure aus und führen ein eigenes Projektsteuerungsbüro. Was läuft schief auf deutschen Baustellen?

Manfred Helmus: Die Qualität der Bauwerke hängt ganz entscheidend von der Planung und der Bauphase ab. Eine Schlüsselrolle in der Bauphase spielen Bauleiter. Unser Forschungsprojekt „Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit von Baustellen-Führungskräften (EB BFü)“ hat gezeigt, dass sie ihren Job häufig nicht richtig machen können.

IZ: Warum nicht?

Helmus: Weil sie chronisch überlastet sind. Unter den Befragungsteilnehmern war kein Bauleiter, der dauerhaft nicht mindestens 50 bis 70 Stunden pro Woche gearbeitet hat.

IZ: Für Führungskräfte sind solche Arbeitszeiten doch längst nichts Ungewöhnliches mehr.

Helmus: Wahrscheinlich nicht, aber dennoch müssen wir uns fragen, ob dieses Modell auf Dauer sinnvoll ist. Wenn Bauleiter Fehler machen oder aus Gesundheitsgründen ausfallen, weil sie überlastet sind, führt das oft zu hohen Mehrkosten. Wir haben hier hohe Risiken festgestellt. Viele der rund 60.000 Bauunternehmen sind eher klein- oder mittelständisch organisiert. Ein Ausfall ihres Bauleiters würde sie besonders hart treffen, weil es häufig keinen Ersatz gibt.

IZ: Wie sollten Unternehmen gegensteuern?

Helmus: Wir brauchen einen Paradigmenwechsel. Die Unternehmen müssen lernen, dass sie wirtschaftlicher arbeiten und qualitativ besser werden, wenn sie sich mehr um ihre Mitarbeiter kümmern. In vielen Bauunternehmen geht das Personalmanagement gegen null. Dabei sind am Bau mehr als 50% der Kosten Lohn- und Personalkosten.

IZ: Wie erklären Sie sich diese mangelnde Methodenkompetenz im Personalmanagement auf Seiten der Bauunternehmen?

Helmus: Das liegt sicher an der kleinteiligen Organisationsform. Viele Bauunternehmen zählen nur zehn bis 15 Beschäftigte. Zudem sind die Gewinnmargen niedriger als in vielen anderen Branchen und die Unternehmen sehen Personalmanagement häufig nur als Kostenfaktor. Außerdem gab es viele Jahre lang Architekten und Bauingenieure auf dem Arbeitsmarkt im Überfluss.

IZ: Diese Zeiten dürften vorbei sein, betrachtet man die Imagekampagnen der Bau-Verbände, um junge Menschen für die Branche zu gewinnen.

Helmus: Stimmt, allein im gewerblichen Bereich brauchen wir jedes Jahr 10.000 Auszubildende. Von denen wandert jedoch etwa die Hälfte später in andere Branchen ab. Das ist ein Armutszeugnis. Auch Bauingenieure sind schwer zu bekommen. Umso wichtiger ist es, sie im Unternehmen zu halten.

IZ: Welche Lösungsmöglichkeiten haben Sie mit dem EBBFü-Projekt erarbeitet, das von der Bergischen Universität Wuppertal, der conpara Gesellschaft für Unternehmensberatung und dem Berufsförderungswerk der Bauindustrie Nordrhein-Westfalen durchgeführt wurde?

Helmus: Wir haben auf der Basis der Befragungsdaten ein so genanntes Pentagon der Bauleitung entwickelt. Es umfasst fünf verschiedene Säulen, um die Arbeitsbedingungen für Bauleiter zu verbessern und den Unternehmen Werkzeuge für das Personalmanagement an die Hand zu geben. Das beginnt damit, dass Bauleiter stärker entlastet werden von Routineaufgaben und Kleinkram, der sie von ihren eigentlichen Aufgaben ablenkt.

IZ: Wie soll das umgesetzt werden?

Helmus: Uns schwebt vor, dass Bauleiter eine Assistenz bekommen, die für sie z.B. Aufmaße macht oder das Routineberichtswesen übernimmt.

„In vielen Bauunternehmen geht das Personalmanagement gegen Null.“
IZ: Welche Qualifikationen müssten die mitbringen?

Helmus: Das könnten Bachelorabsolventen, Bauzeichner oder andere Mitarbeiter sein, die entsprechend intern fortgebildet werden. Wir haben für die Bauleiter auch eine App programmiert, mit der sie eigene Prozesse analysieren und optimieren können.

IZ: Welche weiteren Handlungshilfen stellt das Projekt bereit?

Helmus: Es gibt eine Excel-Programmierung, mit der die Weiterbildung der Mitarbeiter kontrolliert werden kann. Die Unternehmen bilden ihre Mitarbeiter meist nach dem Gießkannenprinzip und nicht personenbezogen abgestimmt weiter. Betriebsabläufe sollten stärker standardisiert werden, wie beispielsweise in der Autoproduktion. Noch immer werden in den Unternehmen viel zu oft dieselben Fehler wiederholt. Auch Mentoring sehen wir für die Macher der Baustelle vor. Sie sprechen zwar gern davon, was „sie geschaffen haben“, oder von „ihrem Bauwerk“, doch über auftretende Probleme tauschen sie sich häufig zu spät oder gar nicht mit Kollegen aus. Bei der fünften Säule geht es um Handlungshilfen für das Personalmanagement. Welche Elemente hat ein Mitarbeitergespräch oder was muss eigentlich in eine Stellenausschreibung für Bauleiter rein?

IZ: Glauben Sie, dass die Unternehmen ihre Handlungshilfen annehmen werden?

Helmus: Ich glaube, dass sie diese brauchen. Die Position des Bauleiters darf nicht so unattraktiv werden, dass sich die Generation Y dafür nicht mehr gewinnen lässt. Und auch die Immobilienwirtschaft sollte ein Interesse daran haben, dass die Führungskräfte auf der Baustelle ihren Job gut machen können. Denn nur qualitativ hochwertige Bauten garantieren auch Asset- und Facility-Managern gute Arbeitsbedingungen.

IZ: Herr Helmus, vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Sonja Smalian.

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