Outplacement: Zur einen Tür raus, zur anderen rein
Auch in guten Zeiten trennen sich Unternehmen von Mitarbeitern. Etwa 7% der Immobilienunternehmen planen bis zum Frühjahr 2014 Personal abzubauen. Immer öfter werden dabei Outplacementberater eingesetzt. Sie unterstützen bei der Jobsuche und führen 69% ihrer Kandidaten innerhalb von sechs Monaten wieder zu einer neuen Beschäftigung.
Die Zahlen vom Arbeitsmarkt sind gut und doch stellen Unternehmen nicht immer nur ein. Personalabbau gibt es auch in wirtschaftlich starken Zeiten. Obwohl mehr als die Hälfte der insgesamt 134 Immobilienunternehmen, die sich an der IZ-Joboffensive 2013 beteiligt haben, mehr Mitarbeiter bis zum Frühjahr 2014 einstellen wollen, planten 7% auch einen Personalabbau. Der demografische Wandel und der Fachkräftemangel sorgen zudem dafür, dass die Unternehmen ihre Trennungen möglichst geräuschlos über die Bühne bringen möchten. Denn der Aufbaue eines positiven Arbeitgeberimages ist teuer. Arbeitsrechtsprozesse passen nicht ins durchs Employer-Branding geschaffene Bild.
Um den Abschied vom Unternehmen und die berufliche Neuorientierung zu erleichtern, gibt es die Outplacementberatung. In Deutschland sinde etwa 50 spezialisierte Gesellschaften sowie etwa weitere 150 Beratungsunternehmen, die das Outplacement als einen von mehreren Geschäftsbereichen anbieten, aktiv. Rund 200 festangestellte und 300 freiberufliche Berater helfen beim Übergang von einer in die nächste Arbeitswelt.
Ihre Dienste werden immer öfter angefordert: 2013 stieg der Umsatz der Branche gegenüber dem Vorjahr um rund 8,5% auf 74 Mio. Euro. Die Prognosen für das kommende Jahr gehen von einem Umsatzwachstum in Höhe von etwa 12% auf 83 Mio. Euro aus, wie die aktuelle Studie „Outplacementberatung in Deutschland 2012/2013“ zeigt, die der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater BDU herausgegeben hat. Nicht mit eingerechnet in die Umsatzzahlen sind die Transfergesellschaften. 7.200 Kandidaten betreuten die Berater in Gruppen- und Einzeloutplacements im Jahr 2012 – 2.000 mehr als noch ein Jahr zuvor.
Outplacementberatungen unterstützen Kandidaten bei der beruflichen Neuausrichtung nach dem Jobverlust. Die mentale Verfassung, in der sich die Betroffenen befinden ist sehr unterschiedlich. Den einen plage die Angst vor dem Statusverlust, andere wiederum könnten der unerwarteten Situation sogar etwas Positives abgewinnen, sagt Marc René Schmittwilken, Berater bei von Rundstedt & Partner in Düsseldorf. Für manch einen sei es wie ein Ruck, der ihn aufwecke. Denn nicht wenige hätten schon selbst über eine Veränderung nachgedacht. Die Ausgangslage zu Beginn einer Outplacementberatung kann also sehr unterschiedlich sein und mitunter zunächst ein Coaching erfordern, um sich den eigenen Ängsten zu stellen.
Doch im klassischen Fall gibt es ein sich wiederholendes Grundmuster, das den Kandidaten möglichst rasch wieder in Lohn und Brot bringen soll. Zunächst geht es um eine Standortbestimmung. Wo kommt der Kandidat her, wo will er hin? Will er in der Branche bleiben oder kann er sich auch eine Tätigkeit in einem neuen Feld vorstellen? Der Berater hilft dann bei der Optimierung der Bewerbungsunterlagen. Es gibt Kandidaten, die haben sich das erste und letzte Mal direkt nach dem Studium beworben, danach sind sie immer durch Empfehlungen an ihre Jobs gekommen und haben vielleicht sogar selbst Einstellungsgespräche geführt. Doch mit den Gepflogenheiten des Bewerbens sind sie nicht vertraut und würden nicht wissen, wie sie diese Aufgabe angehen sollen, sagt Karrierecoach Thomas Körzel. Er trainiert im Rollenspiel auch die Interview-Situation und bietet, sofern gewünscht, eine Vorbereitung auf ein Assessment-Center an.
Gemeinsam mit dem Kandidaten entwickelt der Berater eine Bewerbungsstrategie: Welche Unternehmen sind interessant und wie könnten diese angesprochen werden? Schmittwilken von der Beratungsgesellschaft von Rundstedt kennt auch die „Übereifrigen“. Diese kommen in die Beratung und erzählen, sie hätten schon mehr als 150 Bewerbungen geschrieben. Solche Kandidaten müssten ein wenig gebremst werden. Denn in kleinen Märkten könnten durch ein solches Vorgehen auch Chancen verbaut werden.
Neben Initiativbewerbungen sind auch Bewerbungen auf Stellenanzeigen oder die Aufgabe eines Stellengesuchs mögliche Wege zum nächsten Job. Die eigenen Netzwerke zu aktivieren kann ebenso helfen wie der Kontakt zum Personalberater. Am erfolgreichsten war die Bewerbung auf klassische Stellenanzeigen. Diese Methode führte auch in 24% der Einzel- und Gruppen-Outplacements zum nächsten Job, zeigt die BDU-Studie. Fast genauso gute Ergebnisse liefert das persönliche Netzwerk des Kandidaten (22%). An dritter Stelle steht der Personalberater (17%) und an vierter die Initiativbewerbung (9%). Körzel, der viele Jahre als Personalberater in der Immobilienwirtschaft tätig war, bietet beispielsweise optional an, als Vermittler und Türöffner bei bestimmten Unternehmen anzuklopfen. Ebenfalls optional ist der Einsatz von Persönlichkeitsanalyseinstrumenten.
Finanziert wird das Outplacement meist vom (ehemaligen) Arbeitgeber. Dabei tun sich kleinere und mittlere Unternehmen schwerer als größere Arbeitgeber. In der eher mittelständisch organisierten Immobilienwirtschaft sind es u.a. die großen Liegenschaftsfonds, große offene Fonds und Versicherungen, die diese Beratung scheidenden Mitarbeitern anbieten würden, so Körzel.
Die durchschnittlichen Honorare für ein Einzel-Outplacement mit einer Beratungsdauer bis zu sechs Monaten lagen 2012 bei etwas 11.000 Euro, so das Ergebnis der Studie. Bei einer Beratungslaufzeit bis zu einem Jahr betrugen sie etwa 14.500 Euro. Mit unbegrenzter Laufzeit, d.h. bis zur Vermittlung in eine neue Beschäftigung, kletterten die Honorare im Schnitt auf 22.000 Euro. Dennoch bleibe das Engagement eines Beraters für das Unternehmen häufig kostenneutral, heißt es in der BDU-Studie. Denn zeit- und kostenintensive rechtliche Auseinandersetzungen blieben dem Unternehmen oftmals erspart. Zudem würde sich die Restlaufzeit von Verträgen verkürzen. Häufig erhielten verdiente, langjährige Mitarbeiter ein Outplacement, sagt Körzel. So manch einer handele ein solches Paket auch mit der Abfindung aus. Doch auch Privatleute heuern Berater in der Krise an. 6% der Mandate kamen 2012 von Selbstzahlern.
Knapp die Hälfte der betreuten Kandidaten war im Jahr 2012 zwischen 40 und 49 Jahre alt. Sowohl bei den sehr jungen Kandidaten unter 30 Jahren bis zu den älteren ab 55 Jahren kommt das Outplacement eher weniger zum Einsatz – sie stellen nur 13% der Kandidaten. Hingegen entfällt auf die Altersgruppe 30 bis 39 Jahre fast jedes vierte Mandat. Die Mehrheit der Kandidaten ist männlich (65%). Am häufigsten werden Outplacements für Kandidaten in der Gehaltsgruppe von 50.000 Euro bis 80.000 Euro vergeben (30%). Jedes fünfte entfällt auf die Gehaltsgruppe 80.000 Euro bis 100.000 Euro. Nur 5% der Ratsuchenden verdienen mehr als 200.000 Euro.
Was die Art der Beratung angeht, zeigt die Studie einen deutlichen Trend zu kürzeren und befristeten Angeboten. 2012 machten die bis zu sechs Monate befristeten Einzel-Outplacements gut drei Viertel aller Mandate aus (4.700 Kandidaten). Weitere 8% hatten eine Laufzeit zwischen sechs und neun Monaten. Unbefristet waren nur 16% aller Mandate gewesen, sechs Jahre zuvor, im Jahr 2007, hatte ihr Anteil noch 42% aller Einzelmandate ausgemacht. „Die Mandate werden kürzer und intensiver in der Gestaltung“, sagt Stefan Detzel, Vorsitzender des BDU-Fachverbands Outplacementberatung. „Das Garantieprogramm ist der Verlierer im Markt.“
Doch offenbar ist die Langzeitbetreuung auch gar nicht unbedingt notwendig. Denn die Zahlen zeigen eine relativ schnelle Erfolgsquote. Der typische Kandidat im Alter zwischen 40 und 50 Jahren brauche oft vier bis sechs Monate, bis er eine neue Position gefunden habe, sagt Schmittwilken. Während der Kandidat zu Beginn des Outplacements vielleicht zwei Mal wöchentlich mit seinem Berater spreche, nehme diese Intensität gegen Ende des Outplacements ab. Denn teilweise müsse dann die Reaktion auf die versandten Bewerbungen abgewartet werden.
Innerhalb von sechs Monaten haben 69% der Kandidaten eine neue Beschäftigung gefunden und innerhalb von zwölf Monaten sogar 91%, heißt es in der BDU-Studie. Nur 4% bleiben auch nach 18 Monaten Outplacementberatung ohne neue Aufgabe. Gut zwei Drittel fanden wieder eine angestellte Tätigkeit und 9% wagten den Schritt in die Selbstständigkeit. 16% entschieden sich für den Ruhestand, ein Ehrenamt oder übernahmen die Pflege eines Angehörigen.
Haben sich die Befürchtungen vieler Kandidaten bewahrheitet? Ist der ungewollte Jobverlust mit einem Statusverlust einhergegangen? Mitnichten, wie die Zahlen der BDU-Studie zeigen: Finanziell geht es 74% der Kandidaten besser oder genauso gut wie in ihrer alten Position. 36% sagen sogar, dass sie nun mehr verdienen als zuvor. Zudem ist es der Hälfte der Kandidaten gelungen, wieder eine Position auf der gleichen Hierarchieebene zu finden. 42% haben sich sogar verbessert. Nur für 9% bedeutete der Jobverlust, dass sie eine hierarchisch niedrigere Position einnehmen mussten. Doch diese Möglichkeit, auch einmal kürzer zu treten, ist häufig nicht so einfach zu realisieren, sagt Karrierecoach Körzel. Die Unternehmen hätten Sorge, dass diese Personen an den Stühlen ihrer neuen Vorgesetzten sägten, die Position nur als Sprungbrett nehmen würden oder aber Gescheiterte seien. Deswegen machten die Unternehmen bei diesem Weg meist zu.