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Mit Managern auf Zeit gegen die Betriebsblindheit

Wenn ein Mitarbeiter das Unternehmen verlässt oder Experten für neue Projekte gebraucht werden, setzen Arbeitgeber auf Interim-Manager. Sie sind schnell einsetzbar und können mit neuen Ideen der eigenen Betriebsblindheit entgegenwirken. Weil die Nachfrage nach ihnen steigt, spezialisieren sich Recruiter bereits auf die Kandidatensuche für zeitlich begrenzte Besetzungen.

Janina Stadel
15. August 2024
Quelle: stock.adobe.com, Urheber: Liubomir

Vor allem in kleinen und mittelgroßen Unternehmen hat der Einsatz von Interim-Managern in den letzten zwei Jahren zugenommen. Das zeigen Zahlen aus Studien wie dem Trendbarometer der Dachgesellschaft Deutsches Interim Management und von Heuse Interim. Letzteres hat mehr als 900 Interim-Manager aus verschiedenen Branchen zu ihrer aktuellen Auftragslage befragt. Das Ergebnis: Die Nachfrage nach Fach- und Führungskräften auf Zeit ist seit dem Ende der Corona-Pandemie gestiegen.

Gleichzeitig ist aber die Auslastung derer gesunken, die ausschließlich nach diesem Modell arbeiten. Ein Grund dafür ist, dass immer mehr Fachkräfte diesen Weg einschlagen. Von den Befragten gaben 77% an, sich bewusst nur noch projektweise einstellen zu lassen. Fast alle von ihnen (82%) schätzen die selbstbestimmten Arbeitsweisen und die Möglichkeit, sich immer wieder für neue Projekte entscheiden zu können. Fast jeder Zweite (48%) gab zudem an, dass sich sein Einkommen im Vergleich zu einer vorherigen Festanstellung verbessert habe. Dabei arbeiten Interim-Manager in der Regel nach Tagessätzen, die höher liegen als ein heruntergerechnetes Jahresgehalt, oder verlangen Projektpauschalen, die vor Antritt einer Aufgabe festgelegt werden.

Dass sich der Einsatz von externen Experten auf Zeit trotz vorübergehender höherer Kosten für Arbeitgeber lohnen kann, weiß Steffi Floß. Sie stieg nach ihrem Studium an der Irebs im Centermanagement in die Immobilienwirtschaft ein und war vor einigen Jahren aus einer Leitungsposition heraus auf Mitarbeiter angewiesen, die ohne großen zeitlichen Vorlauf eingesetzt werden konnten. Um passende Kandidaten zu finden, begann sie, sich mit dem Thema Interim-Management auseinanderzusetzen. „Mir ist aufgefallen, dass externe und zeitlich begrenzte Besetzungen viele Vorteile haben – aber auch, dass das Thema in der Immobilienwirtschaft nur wenig verbreitet ist“, erinnert sie sich. Inzwischen hat sie die Seite gewechselt und baut seit Juli für die Personalberatung Artes Recruitment einen spezialisierten Geschäftsbereich auf, um für ihre Kunden Interimstellen zu besetzen. Der häufigste Grund, warum Unternehmen sich für diese Möglichkeit entscheiden, sei die kurzfristige Besetzung von Vakanzen, bis ein Kandidat für eine langfristige Anstellung gefunden wurde oder verfügbar ist.

Mit der Entscheidung, ein ganzes Geschäftsfeld dafür aufzubauen, habe die Personalberatung auf die gestiegene Nachfrage nach Übergangsmanagern durch ihre Kunden reagiert. „Die Immobilienbranche sieht sich derzeit mit gravierenden Veränderungsprozessen konfrontiert, die sich auch auf die Personalsituation in Unternehmen niederschlagen. Lösungen auf Zeit bieten hier, richtig eingesetzt, vor allem im Senior-Level-Bereich gleichermaßen Expertise und Flexibilität“, sagt Bushra Nadeem, Gründerin und Managing Director von Artes Recruitment. Ein passendes Netzwerk dafür hat sich Floß bereits aufgebaut, denn „eigentlich gab es das Konzept schon immer. Doch dass man eine Stelle bewusst auch als Interimstelle bezeichnet, war bis vor einiger Zeit in der Branche nicht üblich“, sagt sie. Dass um die Übergangsbesetzungen inzwischen weniger Hehl gemacht wird, kann auf die Situation und die Marktlage in der Immobilienwirtschaft zurückgeführt werden: „Interessant werden Interimbesetzungen immer dann, wenn Zeitdruck und Personalnot herrschen. Die Marktlage in den letzten Monaten erschwerte die langfristige Personalplanung. Da geben Interimbesetzungen Flexibilität. Nicht zuletzt werden die Stellen auch oft in Teilzeit vergeben“, sagt Floß. Besonders beliebt seien sie, wenn ein Unternehmen eine neue Abteilung oder ein neues Geschäftsfeld aufbauen will oder wenn es neue Mandate für Projekte gibt, die integriert werden müssen.

Schneller Ersatz ohne feste Bindung

„Die Interimbesetzungen bieten dann die Möglichkeit, sich zeitnah einen Experten ins Haus zu holen, ohne sich langfristig auf eine weitere Vollzeitbesetzung festlegen zu müssen“, weiß auch Thomas Krentscher, Manager des Bereichs Interim-Management bei der Personalvermittlung Robert Walters. Er kennt noch ein weiteres Szenario, das häufig zum Wunsch nach Interim-Managern führt. Nämlich wenn ein Unternehmen frühzeitig einen steigenden Bedarf an Mitarbeitern voraussieht, etwa wenn ein neues Projekt in Auftrag gegeben wird. „Diese Unternehmen arbeiten präventiv gegen den Fachkräftemangel“, sagt Krentscher.

Floß vermittle die meisten ihrer Kandidaten für einen zuvor abgesteckten Zeitraum von drei bis sechs Monaten. Zwar würden rund 70% dieser Jobs am Ende verlängert, doch weil zunächst nur ein begrenzter Einsatz geplant ist, fehlt die Zeit für eine gründliche Einarbeitung oder eine lange Findungszeit im Unternehmen. Interim-Manager müssen deshalb sofortige Einsetzbarkeit und auch Standortflexibiliät mitbringen. „Die Herausforderung für den Interim-Manager besteht immer darin, das Tagesgeschäft sowie den Projektauftrag sofort und parallel zu bewältigen“, sagt Krentscher. Möglich macht das vor allem die vorherige Erfahrung.

Für Berufseinsteiger empfiehlt auch Floß das Konzept nicht. „Die meisten, die sich für diesen Weg bewusst entscheiden, haben schon ihre Karriere gemacht. Sie bringen meist zehn oder mehr Jahre Berufserfahrung mit und kennen die Branche. Der typische Interim-Manager ist ein Problemlöser, der gerne projektweise arbeitet und sich schnell in neue Themen und Umfelder einarbeitet“, sagt die Recruiterin.

Neben fachlicher Expertise seien demnach auch Kenntnisse im Change- und Projektmanagement sowie in der Prozess- und Digitalisierungsberatung gefragt. Nicht zuletzt deshalb entscheiden sich einige Arbeitgeber im Moment gezielt für diesen Weg, denn durch den vorübergehenden Einsatz eines externen Experten können sie einer eingeschlichenen Betriebsblindheit entgegensteuern oder sich Expertise ins Haus holen, die bisher noch nicht aufgebaut wurde.

Krentscher erklärt: „Wenn ein Interim-Manager zur Vakanzüberbrückung eingesetzt wird, kann dies jedoch auch große Vorteile für das Unternehmen bringen. Der Projektauftrag des überbrückenden Interim-Managers sollte neben dem Tagesgeschäft unbedingt die Optimierung der Systeme und Schnittstellen umfassen. Nicht selten werden durch den Interim-Manager ganze Prozessketten deutlich verkürzt oder im Ganzen eingespart.“

Angst davor, dass der Vertretungsmanager nach seinem Einsatz zur direkten Konkurrenz wechseln könnte und das Know-how aus dem eigenen Unternehmen dort weitergibt, herrscht laut Floß in der Immobilienwirtschaft kaum. „Die Branche ist untereinander so stark vernetzt, dass sich niemand einen solchen Fehler leisten könnte, ohne seiner eigenen Karriere langfristig zu schaden“, meint sie.

„Das Risiko ist diesbezüglich nicht größer als bei einer Festanstellung auch. Dennoch werden solche Punkte natürlich genau in den Verträgen festgehalten und wir achten als Personalberater darauf, dass keiner zeitgleich für Unternehmen tätig wird, die einen Interessenkonflikt mit sich bringen könnten.“

Dabei seien es gerade die Interim-Manager selbst, die häufig auf die Personalberater zukommen. Sie haben es bei einem Wechsel eilig, um möglichst ohne lange Pausen von einer Aufgabe in die nächste überzugehen. Das gelingt aber nur, wenn sie wissen, welche Stellen es für sie gibt. „Und die wenigsten Interimpositionen werden öffentlich ausgeschrieben“, weiß Floß.

Das hänge zum einen damit zusammen, dass ein langer Recruitingprozess vermieden werden soll. Zum anderen aber auch damit, dass gerade diese Stellen oft auf einen wichtigen Personalwechsel in einem Unternehmen hindeuten oder ein erstes Anzeichen für den Aufbau eines zusätzlichen Geschäftsfelds sein können, von dem die Öffentlichkeit oder die Konkurrenz in einer so frühen Phase noch nichts wissen sollen.

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