Investoren zahlen für Experten vor Ort
Personal. Weil die Anforderungen bei der Kapitalbeschaffung und im Asset-Management gestiegen sind, suchen ausländische Unternehmen Immobilienprofis in Deutschland. Doch nicht alle lassen sich auf einen Arbeitgeberwechsel ein.

Als Headhunterin ist Alice Fontana seit einigen Wochen wieder verstärkt in Deutschland unterwegs. Sie ist Managing Partner der Personalberatung Bohill Partners mit Sitz in London und sucht gezielt nach wechselwilligen Immobilienexperten. Der Standort Deutschland ist für ausländische Investoren deshalb so interessant, weil immer mehr Unternehmen, die hierzulande investieren, auch ein Team aufbauen wollen. Das gelte vor allem für Private-Equity-Fonds, die mehr als 15% Return von ihren Investments erwarten. „Die Schlüsselpersonen sitzen oft in London und wollen aber Leute vor Ort, die netzwerken können – und sei es in der Mittagspause oder nach Feierabend in der Frankfurter Fressgass“, sagt Fontana.
Neben der Investmentseite sieht sie das Interesse an deutschen Teams vor allem im Asset-Management. „Die Aufgaben in diesem Feld werden aufgrund gesunkener Immobilienbewertungen komplexer und um ein Bürogebäude in ein Hotel oder Studentenwohnheim umzubauen, braucht es den Experten vor Ort.“ Wer Vorerfahrung mit solchen Projekten mitbringt, kann derzeit mit einem Gehalt von bis zu 600.000 Euro jährlich inklusive Boni bei einer Private-Equity-Gesellschaft rechnen, das geht aus der diesjährigen Gehaltsstudie von Bohill Partners hervor.
Experten aus der Assetklasse Wohnen, so Fontanas Kollege Joseph Smith, seien auch auf der Investmentseite gesucht. „Alle Kenntnisse, die mit Wohnung, Studentenwohnen und Healthcare zu tun haben, sind gefragt. Für Experten auf diesen Gebieten sind auch die Gehälter ein bisschen gestiegen“, liest Smith aus den Zahlen von 2024 ab.
Ebenso haben Capital-Raiser wieder gute Chancen auf eine Gehaltsverbesserung, wenn sie jetzt den Arbeitgeber wechseln. „Ein starker Kontakt zu institutionellen Investoren wie Versicherungen, Pensionskassen und Versorgungswerken ist in dieser Sparte immer noch wichtig. Doch wir sehen, dass viele dieser Investoren in der Assetklasse Immobilie voll allokiert sind. Investment- Management-Firmen versuchen daher, neue Kapitalquellen zu erschließen, und suchen demnach nach jenen Capital-Raisern, welche Zugang zu Family-Offices oder Banken haben, um an privates Kapital zu gelangen. „Hier werden oft ganze Teams aufgebaut, die europaweit agieren“, sagt die Headhunterin. Die Firmen, die auf diese Weise in Deutschland nach Personal suchen, kommen gezielt auf sie zu und fragen nach Rat – und passenden Kandidaten – für diesen Weg. Meistens handle es sich um US-amerikanische Private-Equity-Fonds mit Sitz in London.
Deutsche scheuen das Risiko eines Jobwechsels
Und die deutschen Experten können aufgrund der gestiegenen Nachfrage teuer werden. Ihre Grundgehälter bewegen sich derzeit zwischen 115.000 Euro pro Jahr für einen Vice-President und 350.000 Euro für einen Managing Director. Hinzu kommen Boni, die bis zu 100% ausmachen können. „Man darf nicht vergessen: Obwohl das Transaktionsvolumen nach wie vor nicht so hoch ist, wie es viele gerne hätten, sind trotzdem passende Leute nötig, um neue Strategien umzusetzen oder alternative Geldquellen zu erschließen. „Wer das kann, ist nach wie vor gefragt“, betont Fontana. Bei einem Wechsel können Capital-Raiser mit entsprechendem Netzwerk es sich nach wie vor erlauben, bis zu 20% auf ihr vorheriges Gehalt aufzuschlagen, um das Risiko eines Wechsels auszugleichen.
Doch ein Mehr an Gehalt reiche nicht immer aus, um gute Experten für sich zu gewinnen. „Auf der Suche nach passenden Kandidaten müssen Unternehmen herausstechen. Zum Beispiel durch flexibles Kapital, ein inspirierendes und vielfältiges Team, ein spannendes Portfolio, attraktive Produkte, die sich gut platzieren lassen, eine kollegiale Unternehmenskultur und genügend Aufstiegschancen“, nennt die Headhunterin einige Beispiele. „In gewissen Sparten bleibt es also nach wie vor ein Arbeitnehmermarkt“, lautet ihr Fazit.
Dabei beobachtet sie vonseiten der Kandidaten neben einem zunehmenden Sicherheitsbedürfnis auch, dass viele Immobilienprofis bei einem Wechsel ihr Skillset vermehrt nachhaltig und zweckgebunden einsetzen wollen. Das gelte vor allem für diejenigen Immobilienprofis, die einen Wert auf ESG-Themen wie Nachhaltigkeit und Social Investing legen. „Die Leute wollen das, was sie in den letzten Jahren rund um die Immobilie gelernt haben, jetzt auch wirklich sinnvoll einsetzen. Mit diesem Ziel vor Augen fragen sie konkret nach, ob ein Unternehmen zum Beispiel auch in Schulen oder Gebäude mit sozialer Funktion investiert.“
Für ihren Kollegen Smith ist das kein typisch deutsches Phänomen, sondern in ganz Europa zu beobachten. Dennoch bleibe die Scheu vor einem Wechselrisiko etwas „typisch Deutsches“, was es Arbeitgebern hierzulande besonders schwer macht, Experten aus einem sicheren Anstellungsverhältnis heraus zu sich zu locken. Vor allem, wenn eine Abteilung oder ein Geschäftszweig als Reaktion auf aktuelle Trends am Markt erst im Aufbau ist und in Tätigkeitsfeldern, in denen die Löhne in den vergangenen fünf Jahren nur wenig angehoben wurden.
„Bei den meisten Unternehmen sind die Gehälter zuletzt nur um 3% bis 5% gestiegen. Das entspricht gerade einmal der Inflation“, sagt Smith. „Nur Juniors haben manchmal etwas mehr Glück.“ Als Beispiel nennt er, dass Associates im Investment-Management 2024 bei Private-Equity-Gesellschaften mit 150.000 bis 235.000 Euro jährlich entlohnt wurden. Generell gelte jedoch für alle Positionen und Sparten: „Die Boni sind meistens flach geblieben und im Vergleich zu den Vorjahren kaum angestiegen“, sagt er. Wer 10% bis 15% mehr verdienen wolle, dem bliebe daher nur ein Arbeitgeberwechsel.
Gehälter werden miteinander verglichen
Doch Fontana und ihre Kollegen bemerken auch einen weiteren Trend, mit dem Arbeitgeber dem Wechselunwillen entgegenwirken wollen. Neben dem Executive Search nehmen sie bei der Personalberatung immer häufiger in Anspruch, sich genaue Gehaltsstudien vom Unternehmen anfertigen zu lassen, um beurteilen zu können, ob ihre Gehälter marktgerecht sind und sowohl zur Position als auch zum Standort passen. Meist ziehen sie dabei den Vergleich zu ähnlichen Unternehmen heran. „Wir sehen, dass Gehälter stärker abgeglichen werden“, sagt Fontana.
Zudem lassen sich laut Headhunterin Fontana immer mehr Unternehmen auf Beratungen zu Gehaltsstrukturen ein. Das betrifft beispielsweise die Verteilung von Fixum, Boni oder Carrie-Punkten, wobei letztere bei Private-Equity-Gesellschaften eine Form des Bonus darstellen, „um genau die Kandidaten für sich gewinnen zu können, die jetzt gebraucht werden“.