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IG Bau droht mit "Herbstblockade"

Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) hat die Bautarifverhandlungen offiziell für gescheitert erklärt. Nun soll es ein Schlichter richten. Die Schlichtung sei „die letzte Chance, um eine Herbstblockade auf dem Bau und damit einen Stillstand auf den Baustellen noch zu verhindern“, gibt die Gewerkschaft zu bedenken. Sie fordert unter anderem 6,8% mehr Lohn für die Bauarbeiter. Die Bauverbände halten die Forderungen im jetzigen wirtschaftlichen Umfeld für überzogen.

Harald Thomeczek
27. August 2020
Quelle: imago images, Urheber: Mito

Die Verbände der Bauwirtschaft und die IG Bau hatten ihre Verhandlungen eigentlich schon Ende Juni nach drei ergebnislosen Runden abgebrochen. Danach wurde in Gesprächsrunden ausgelotet, ob es nicht doch noch Möglichkeiten gibt, aufeinander zuzugehen – doch die gab es nicht.

Nun muss es ein Schlichter richten. Diese Rolle fällt Rainer Schlegel zu, dem Präsidenten des Bundessozialgerichts. Sein Job dürfte kein leichter werden, zu weit liegen die konkreten Vorstellungen der Arbeitnehmer- und der Arbeitgeberseite auseinander.

IG Bau hält an ihren Forderungen von vor Corona fest

Die IG Bau fordert für die rund 850.000 Beschäftigten im Bauhauptgewerbe ein Lohnplus von 6,8%, mindestens aber 230 Euro mehr im Monat. Azubis aller Ausbildungsjahrgänge sollen monatlich 100 Euro mehr bekommen. Diese Forderungen hatte die IG Bau schon im Februar 2020 aufgestellt, vor der ersten, ursprünglich für März geplanten – und dann wegen Corona verschobenen – Tarifrunde. Ein weiteres Ziel der Gewerkschafter: Bauarbeiter sollen künftig ihre Wegezeit entschädigt bekommen, also die Fahrten zu den nicht immer nahe gelegenen Baustellen und wieder zurück.

Die Gewerkschafter stellen aber nicht nur Forderungen auf, sie untermauern diese auch mit Zahlen: Das Bauhauptgewerbe habe von Januar bis Mai 2020 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) ein Umsatzplus von 7,1% und ein Beschäftigungsplus von 4,1% in Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten verbucht. Auch real sei der Umsatz der Branche gestiegen (+3,9%). „Mit diesen Zahlen kann es Bauunternehmen gar nicht schlecht gehen. Und das in der Zeit der Corona-Pandemie“, folgert Robert Feiger, Bundesvorsitzender der IG Bau. Bauhandwerk und Bauindustrie hätten kein Angebot vorgelegt, moniert die IG Bau.

Tatsächlich finden sich in einer gemeinsamen Mitteilung des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie (HDB) und des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes (ZDB) keine Zahlen dazu, was die Arbeitgeberseite anbietet. Ilona Klein, Abteilungsleiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim ZDB, der die Verhandlungsführung innehat, bestätigt auf Anfrage der Immobilien Zeitung, dass die Arbeitgebervertreter sich bislang mit einem konkreten Angebot für ein wie auch immer geartetes Lohnplus zurückgehalten haben. Sie wollen dies aber in der Schlichtung nachholen.

Ein Statement von Uwe Nostitz, Verhandlungsführer auf Arbeitgeberseite und ZDB-Vizepräsident, lässt allerdings darauf schließen, dass die Bauverbände keine großen Sprünge für die Beschäftigten sehen: „Die Tarifverhandlungen finden in einem äußerst schwierigen Umfeld statt. Denn entgegen anderslautenden Behauptungen ist auch die Bauwirtschaft durch Corona betroffen“, heißt es in der Erklärung. Während des Lockdowns sei nicht nur der Zugang zu Material und Behörden eingeschränkt gewesen, auch die Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln habe einen entsprechenden Aufwand verursacht.

Doch damit nicht genug: Corona schlage sich auch ganz konkret in den Auftragsbüchern der Unternehmen nieder, beklagen die Bauverbände. „Die Auftragseingänge für die Monate Januar bis Mai 2020 liegen 2% unter dem Vorjahreswert. Im wichtigen Wirtschaftshochbau sind die Order im Monat Mai um 35% und im Straßenbau um 5,5% eingebrochen“, betont Nostitz. Und der Umsatz im Bauhauptgewerbe ist im Mai 2020, so darf man ergänzen, laut Destatis um 3% gesunken (verglichen mit Mai 2019).

„Hohe Lohnforderungen passen nicht zu Nullwachstum“

Die Bauverbände ziehen deshalb folgendes Fazit: „Wir müssen davon ausgehen, dass wir bestenfalls ein Nullwachstum für den Umsatz der Branche in diesem Baujahr erreichen werden. Diese wirtschaftlichen Tatsachen muss die IG Bau endlich zur Kenntnis nehmen. Hohe Lohn- und Gehaltsforderungen passen ebenso wenig in dieses Umfeld wie die Drohung mit einer Herbstblockade auf deutschen Baustellen.“

Tatsächlich warnt IG-Bau-Chef Feiger die Baufirmen: Die Schlichtung sei „die letzte Chance, um eine Herbstblockade auf dem Bau und damit einen Stillstand auf den Baustellen noch zu verhindern“.

Auftakt für die Schlichtung war am gestrigen Mittwoch (26. August). Die Tarifparteien haben maximal 14 Tage Zeit, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Danach endet die Friedenspflicht. Streiks hält ZDB-Sprecherin Klein für unwahrscheinlich: Die Bauverbände gehen fest davon aus, dass rechtzeitig eine Einigung gelingt.

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