"Hören Sie auf zu verkaufen!"
In der Krise ist so manches Verkaufsrezept, das zuvor noch halbwegs funktionierte, nichts mehr wert, meint Roland M. Löscher, ein Betriebswirt, der lange Jahre Vertriebsgeschäftsführer eines Bauträgers war und nun als Verkaufstrainer seine Brötchen verdient. „Viele Menschen sind verunsichert, viele misstrauisch gegenüber jedem, der vermeintlich nur ihr Geld will.“ Statt auf antrainierte Gesprächstechniken oder Panikmache zu setzen, gelte es, Vertrauen aufzubauen, Bedenken ernst zu nehmen und vom Wert der Immobilie zu überzeugen.
TIPP
Wer seine Verkaufsrezepte auf den Prüfstand stellen will, kann das mit Hilfe des Ratgebers „Verkaufen in der Krise“ von Roland M. Löscher und Roland Geisselhart tun. Das Buch ist 200 Seiten stark, im Walhalla-Verlag erschienen und kostet 19,90 Euro.
„Etwa sechzig zu vierzig“, sagt Löscher. Beim Verkauf von Wohnimmobilien komme es zu 60% auf Objekt, Lage und Preis an; darüber hinaus könne der Makler oder Verkäufer den Erfolg selbst beeinflussen. Eine Chance, die in Krisenzeiten schneller denn je verspielt sein kann: „Wer nur als sprechender Prospekt auftritt und dann überreden oder Einwände wegargumentieren muss, verliert in der Regel.“
Der Verkaufstrainer, der unter anderem an der Deutschen Immobilien Akademie (DIA) an der Universität Freiburg lehrt, ist überzeugt, dass es darum geht, Vertrauen zu gewinnen – indem man authentisch ist, als kompetenter Berater und Möglichmacher auftritt, Bedenken ernst nimmt und glaubhaft vermittelt, im Sinne und zum Nutzen des Interessenten zu handeln. „Ein guter Berater lässt den Kunden kaufen. Das klingt einfach, bedarf aber eines guten Konzepts: Man muss Gespräche aus der Sicht des Kunden heraus führen können, um ihn zu der Überzeugung kommen zu lassen: Hier dreht mir keiner etwas an.“ Sein Appell daher an Makler, Bauträger & Co.: „Hören Sie auf zu verkaufen!“
„Der Kunde will nicht kämpfen“
Wie also sollten Verkaufsgespräche geführt werden? Löscher zufolge gilt der alte Leitsatz, dass der erste Eindruck zählt. Es gehe darum, sich als Experte zu positionieren, das Interesse des Kunden zu wecken und ehrliches Interesse an ebenjenem zu zeigen. Letzteres, um die passende Immobilie zum richtigen Zeitpunkt präsentieren zu können. Ein wichtiges Instrument im Verkaufsprozess sind daher spezielle Fragen.
Meldet sich ein Interessent auf eine Objektanzeige hin, sei es ein Fehler, gleich davon zu sprechen, dass die Wohnung „eine Perle“ oder „genau die richtige“ für ihn ist, warnt Löscher. Sein Rat lautet: Bevor ein Vermittler überhaupt auf die Immobilie eingeht, sollte er versuchen, möglichst viel über den Interessenten und seine Vorstellungen vom künftigen Zuhause herauszufinden. Denn: „Wer die Immobilie zu früh präsentiert, kann sie nicht in der Welt des Kunden platzieren. Die Folge ist häufig, dass der Interessent gleich abwinkt oder man gegen zig Einwände argumentieren muss.“
Löscher zufolge führt gerade das Anreden gegen ein Nein oder gegen Einwände aufs Glatteis: „Das führt schnell zum Kampf mit dem Kunden. Der aber will nicht kämpfen. Er will sich verstanden und zu der für ihn besten Immobilie geleitet fühlen – und das geht nur, wenn seine aktuelle Situation, seine Kaufmotive und die gewohnte Kaufstrategie bekannt sind.“ Der Dreh weg vom Objekt hin zum Kunden ist beispielsweise mit dem Satz zu erreichen: „Damit wir auch über eine Wohnung sprechen, die zu Ihnen passt – darf ich Ihnen vorab noch einige Fragen stellen?“ Die wichtigsten Daten und Fakten sind mit Fragen zu seiner aktuellen Situation herauszufinden. Die unterscheiden sich nicht von den üblicherweise gestellten Fragen, sollten aber aufs Wesentliche beschränkt werden – sie nutzen nur dem Berater, der Kunde empfindet die Fragerunde eher als mühsam.
Um mehr zu erfahren, aber auch, weil viele Kunden oft selbst nur eine ungefähre Vorstellung von dem haben, was sie wollen – oder was sie nicht wollen -, sollte ein Verkäufer Stärken- und Problemfragen anschließen, beispielsweise: Was gefällt Ihnen an Ihrer jetzigen Wohnung/dem jetzigen Umfeld? Welche Vorteile bietet es, so/da zu wohnen? Was stört Sie an Wohnung und Umfeld? Kostet der lange Weg zur Arbeit nicht zu viel Zeit und Geld? Ist die nächste Schule mit gutem Ruf nicht zu weit entfernt? Empfinden Sie die Miete, die Sie derzeit zahlen, als zu hoch?
Keine Schwarzmalerei
In solchen Gesprächen geht man dem Verkaufstrainer zufolge ähnlich wie bei einem Coaching vor. „In der Regel erklären Makler oder Verkäufer dem Kunden, was er braucht. Das aber ruft garantiert Einwände hervor. Denn wer will schon gesagt bekommen, was gut für ihn ist? Hier erklärt der Kunde, was er möchte und braucht. So kommt er auf den ein oder anderen neuen Gedanken, formt das Bild von der richtigen Immobilie selbst. Er ist der Akteur, und das fühlt sich für ihn gut an.“
Löscher empfiehlt jetzt, Konsequenzfragen zu den Antworten auf die Problemfragen zu stellen: Welche Kosten entstehen Ihnen im Monat durch den langen Weg zur Arbeit? Wie viel Miete zahlen Sie in zehn, zwanzig Jahren an den Eigentümer? Welche Werte entstehen in dieser Zeit, und was haben Sie davon?
Derartige Fragen wecken das Interesse und steigern zunehmend das Verlangen des Kunden. Auf jeden Fall sollte der Kunde aber auch dahin geleitet werden zu erkennen, was ihm entgeht, wenn er nicht kauft – mehr Wohnkomfort, Zeitgewinn, eine gute Altersvorsorge, Schutz vor Mietsteigerungen und Inflation oder anderes. „Das Schwarzmalen darf aber nicht im Vordergrund stehen. Das vermittelt wieder das Gefühl: Hier will mir jemand unbedingt etwas verkaufen“, weiß Löscher.
Wer dann die seiner Meinung nach geeignete Immobilie präsentiert, sollte orientiert an der Situation und den Wünschen des Kunden deren besonderen Nutzen herausstreichen. Löscher empfiehlt, sich mit Hilfe der von ihm entwickelten L.E.N.A.-Methode (Leicht & Elegant neue Argumente) vorzubereiten: Diese Immobilie ermöglicht/erhöht/spart/verringert/schützt vor etc. „Die meisten Verkäufer können nur Vorteile der Immobilie benennen, und das ist für eine Kaufentscheidung zu wenig. Der Kunde kauft ja nicht die Immobilie, sondern das, was sie für ihn bewirken soll.“ Gut sei auch, wenn das jeweilige Nutzenargument durch Referenzen verstärkt wird.
Den Nutzen herausarbeiten
Zurück zu den Einwänden, die es immer geben wird. Im Gespräch sollten, so rät der Coach, auf jeden Fall Konfrontationswörter wie aber, dennoch oder trotzdem vermieden werden. Besser sei es, auf Einwände zu reagieren mit: „Ich verstehe, was Sie meinen“, um dann möglichst fortzufahren mit Wörtern wie gleichzeitig (sehe ich auch), oder darüber hinaus (meine ich). Auf Bedenken, zum Beispiel in einer Zeit der Arbeitsplatzunsicherheit viel Geld zu investieren, kann der Verkäufer mit Informationen über absichernde Angebote reagieren – unter anderem eine Versicherung zur Sprache bringen, die bei Arbeitslosigkeit einspringt, deren Beiträge sein Unternehmen womöglich beim Kauf der Immobilie für eine bestimmte Zeit übernimmt.
Zögert ein Kunde kurz vor Kaufabschluss noch? Dafür gibt es Löscher zufolge immer einen Grund, der respektvoll-neugierig herausgefunden werden sollte. Die Frage könnte lauten: „Herr Müller, irgendetwas scheint Ihnen die Entscheidung noch schwer zu machen. Was ist es? Lassen Sie uns darüber reden.“ Gute Verkäufer wissen, um was es sich handeln könnte, und wappnen sich vorher, meint Löscher. Oft geht es um den Preis. Die Empfehlung des Verkaufstrainers dazu ist, ruhig und verständnisvoll zu reagieren („Keine Frage, die Investition ist hoch.“) und dann auf die Nutzen-Argumente zurückzukommen. „Auch jetzt gilt noch: nicht drängen. Der Kunde ist auf dem Weg.“ (cr)