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"Ein Haus, das ist ein Kleid für die Seele"

Als die italienische Modedesignerin Giovanna Stefanel vor zwölf Jahren ihren jetzigen Mann, den Bauunternehmer Ludwig Maximilian Stoffel, kennenlernte, dachte sie nicht daran, dass sie einmal mit ihm zusammen Wohnprojekte entwickeln würde. Sie träumte viel mehr davon, nach Jahren intensiver Arbeit endlich Zeit für ihr Privatleben zu finden. Doch es kam wie manches Mal in ihrem Leben anders, als sie dachte … Ein Besuch bei einer der wohl ungewöhnlichsten Frauen in der deutschen Immobilienbranche.

Martina Vetter
19. Januar 2012
Bild: Stofanel

Eigentlich wollte Giovanna Stefanel-Stoffel das vereinbarte Interview bei einem Spaziergang durch den Tiergarten führen. Der beginnt fast vor der Tür ihres Büros am Pariser Platz, gleich hinter dem Brandenburger Tor. Deshalb trägt sie zum verabredeten Termin Turnschuhe zu Rock und T-Shirt, damit sie bequem laufen kann. Doch dann ist die Zeit, einen Tag vor einer geplanten Geschäftsreise, die auch ein wenig Urlaub sein soll, doch zu knapp und sie bittet in diesem unkonventionellen Outfit zu einem Gespräch in ihr Büro. Das liegt direkt neben dem großen repräsentativen Eckraum ihres Mannes, von dessen Büro sie sagt, dass es wie in einer Kanzlei aussieht. Ihr eigener Raum ist klein und gemütlich und schlicht eingerichtet: Ein Regal voller Bücher und zwei Arbeitstische, einer für sie selbst und einer für Gespräche im kleinen Team.

Das gediegene moderne Bürohaus gegenüber dem Hotel Adlon hat ihr Mann noch vor ihrem Kennenlernen gebaut und auch bevor sie ihre gemeinsame Firma Stofanel Investment AG gründeten. In dem Gebäude Unter den Linden sitzen das Europäische Parlament und die Europäische Kommission, in den oberen Etagen die Stoffel Holding und Stofanel. Anders als die Stoffel Holding, die vorwiegend Geschäftshäuser und Einzelhandelsimmobilien entwickelt, hat sich Stofanel das Ziel gesetzt, Wohnorte zu schaffen, die eine hohe Lebensqualität bieten. Das Motto: Quality of Life without compromise, Lebensqualität ohne Kompromisse. Und wer mit der zierlichen, schlanken Mittfünfzigerin spricht, kann sich vergewissern, dass dieser Satz kein Werbeslogan ist, sondern ein ernsthaftes Anliegen. „Wohnen ist für die Lebensqualität sehr wichtig“, sagt sie.

Auch ohne Ausbildung lernte sie das Handwerk von der Pike auf

Für sich selbst hat sie im Laufe ihres Lebens schon einige Wohnorte gestaltet: „Ein Haus, das ist ein Kleid für die Seele“, ist die frühere Modedesignerin überzeugt. Früher hat die Frau mit den lebendigen dunklen Augen Kleider für die Kollektionen des italienischen Familienunternehmens Stofanel entworfen. Keine teuren, untragbaren Designerstücke, sondern elegante, lässige Alltagskleidung, die bezahlbar ist. Eine klassische Ausbildung als Modedesignerin absolvierte sie nie. Das Handwerk hat sie dennoch von der Pike auf gelernt und ist dabei hineingewachsen in ihre Aufgaben.

Und mit ihr wuchs die vom Vater aufgebaute und vom Bruder Giuseppe gemanagte Firma vom kleinen Familienbetrieb zum internationalen Modelabel. Begonnen hatte alles mit Strickwaren, die Vater Carlo, der aus einer Familie von Wollhändlern stammte, herstellen ließ und anfangs auf Wochenmärkten in Italien verkaufte. Bald lief das Geschäft so gut, dass ein Werk mit eigenen Strickmaschinen gebaut werden konnte. Dort werden bis heute Strickwaren produziert. „Ganze Pullover kommen heute ohne eine einzige Naht aus den Maschinen heraus“, erzählt Giovanna Stefanel-Stoffel, die noch immer im Aufsichtsrat der Firma sitzt.

Die Anfänge des Familienunternehmens Stefanel waren dagegen bescheiden. Beide Eltern arbeiteten hart. Zunächst fand die Produktion im Erdgeschoss des Wohnhauses in der Kleinstadt Oderzo in der zur Region des Veneto gehörenden Provinz Treviso statt. Als die erste eigene Fabrik etwas außerhalb von Oderzo in Betrieb ging, war Giovanna Stefanel sechs Jahre alt. Ihre Eltern bekam sie fortan nur selten zu Gesicht, denn die hatten mit der Expansion des Unternehmens alle Hände voll zu tun. Auch ihr älterer Bruder Giuseppe arbeitete bald im Familienbetrieb mit.

Giovanna hatte hingegen andere Pläne. Sie wollte Psychologie studieren. Doch kaum hatte sie das Studium begonnen, überredete der Vater die damals 18-Jährige, in der Firma mitzuarbeiten. „Du kannst ja wieder weiter studieren, wenn es dir nicht gefällt“, versprach er der Tochter.

Für ein Privatleben blieb neben der Arbeit keine Zeit

Doch der gefiel es mehr als gut und die Arbeit und die Expansion des Unternehmens nahmen sie mehr als zwei Jahrzehnte fast vollständig in Beschlag. Als Art Director von Stefanel hatte sie zum Schluss ein Team von 100 Leuten unter sich. „Für ein Privatleben bleibt einem bei diesem Job keine Zeit. In der Woche ist man in der Firma und an den Wochenenden auf Messen, damit man stets auf dem Laufenden ist, was die neuesten modischen Trends angeht. Da merkt man gar nicht, wie schnell die Jahre vergehen.“

Wenn Giovanna Stefanel von der Arbeit in der Firma spricht, dann spielt die vermeintlich glitzernde, funkelnde Modewelt keine Rolle. Vielmehr ist es das enge Zusammensein mit der Familie, das ihr als Kind manches Mal fehlte, was für sie zählt: „Morgens trafen wir uns zu dritt oder zu viert zum Kaffee im Büro, das hat mir sehr viel bedeutet“, sagt Giovanna Stefanel-Stoffel. Genauso wichtig war für sie die gute und enge Zusammenarbeit mit ihren Angestellten. „Als wir neulich ein großes Kick-off für ein neues Produkt hatten, habe ich viele meiner früheren Mitarbeiter dort getroffen und einige haben geweint, als wir uns wiedersahen“, erzählt sie gerührt und nimmt für einen Moment die Brille mit dem markanten roten Rahmen vom Gesicht. Jetzt wirkt sie noch jugendlicher als ohnehin und ihre Augen leuchten, wie die eines Kindes. Das tun sie immer dann, wenn sie von etwas spricht, was ihr am Herzen liegt.

Das Zuhause spielt eine wichtige Rolle, um gesund zu bleiben

Warum aber hat sie ihre erfolgreiche Karriere aufgegeben und ist schließlich in die Immobilienbranche eingestiegen? „Ich wollte endlich einmal Zeit für mein Privatleben haben und andere Prioritäten setzen. Wenn man zu lange im Geschäft gewesen ist, lohnt es sich, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen“, begründet sie ihre Entscheidung. Ins Immobiliengeschäft einzusteigen war dabei keineswegs das Ziel. Vielmehr wollte sie nach den Jahren voller Arbeit Einkehr halten und sich inneren Werten zuwenden. Das „Schicksal“, wie sie es formuliert, verschlug sie nach Deutschland, wo sie bei einem Seminar über emotionale Intelligenz den Bauunternehmer Maximilian Stoffel kennenlernte. „Das war für uns beide ein Wendepunkt in unserem Leben.“

Gemeinsam hat das Paar im Jahr 2008 das Unternehmen Stofanel gegründet. Sie wollen mit ihrem Vorhaben nachhaltige Lebensräume für Menschen schaffen. Ökologie, Naturverbundenheit und das Leben in einer dorfähnlichen Gemeinschaft mitten in der Stadt sind die wesentlichen Aspekte bei der Planung ihrer Wohnprojekte, die sie nicht nur in Berlin, sondern auch anderenorts auf der Welt umsetzen wollen. Auf der Insel Santa Marie delle Grazie in der Lagune von Venedig zum Beispiel.

„Wir wollen für die Zukunft bauen“, sagt Giovanna Stefanel-Stoffel und ergänzt: „Man muss die Natur und die Umwelt respektieren, denn alles, was man tut, kommt zu einem zurück.“ Mit ihren Projekten will sie einen kleinen Beitrag für die Natur leisten und Lebensräume schaffen, in denen Menschen im schnelllebigen Zeitalter des Internets zur Ruhe kommen können. „Sich selbst Aufmerksamkeit zu schenken, ist in der modernen Gesellschaft nicht leicht, darum spielt das Zuhause eine wichtige Rolle, um gesund zu bleiben“, ist sie sich sicher.

Ihre wahre Passion sind 30 Waisenkinder in Nepal

Sie weiß, wovon sie spricht, denn ihr Terminkalender ist übervoll, der Zeitplan eng gestrickt und oft bleibt ihr nicht einmal die Zeit, im nahen Tiergarten joggen zu gehen. Dennoch strahlt sie eine innere Ruhe aus und die Begeisterung, mit der sie darüber erzählt, wie sie drei Tage lang in einer Baumschule Bäume für das aktuelle Projekt Fünf Morgen ausgesucht hat, ist ansteckend (lesen Sie auch „Fünf Morgen steht in den Startlöchern“, Seite 17). Ihren neuen Beruf übt sie mit der gleichen Leidenschaft aus, mit der sie früher Kleider entworfen hat, und entwickelt zusammen mit Architekten und Landschaftsplanern wahre Wohnträume.

Ihre wahre Passion aber sind 30 Waisenkinder in Nepal, für die sie und ihr Mann die Patenschaft übernommen haben. Zwei von ihnen waren gerade über Weihnachten für drei Wochen zu Besuch in Deutschland. In Nepal leben sie in einem Haus, das die 1998 gegründete Stoffel Foundation finanziert und damit den Kindern das Leben in einem familiären Umfeld und eine gute Ausbildung ermöglicht. „Diese Kinder sind unsere Kinder geworden und sie waren das größte unbezahlbare Geschenk, das mir mein Mann gemacht hat.“ Giovanna Stefanel-Stoffel denkt nach und fügt hinzu: „Am Ende ist das, was wirklich wichtig ist, immer das Gleiche: Die Liebe und gute Beziehungen zu anderen Menschen.“

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