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Frauen fehlen berufliche Netzwerke zum Aufstieg

Bei Vinci Deutschland sollen mehr Frauen Führungspositionen übernehmen können. Um dieses Ziel zu erreichen, setzt das Unternehmen des Bauhaupt- und -nebengewerbes auf ungewöhnliche Mittel: Wenn Geschäftsführer in ihrem Bereich Maßnahmen zur Frauenförderung erfolgreich umsetzen, werden sie mit Boni belohnt. Das Programm zur Frauenförderung wird vom Europäischen Sozialfonds finanziell unterstützt und gewann innerhalb des europaweit agierenden Konzerns einen Innovationspreis. Nach fünf Jahren zieht Sylvia Schröpl, Personalleiterin von Vinci Facilities Deutschland, ein erstes Fazit.

IZ
25. April 2013
Bild: E. Lenz-Greenhough
Immobilien Zeitung: Frau Schröpl, seit fünf Jahren bauen Sie innerhalb von Vinci Deutschland ein Programm zur Frauenförderung auf. Was hat sich dadurch verändert?

Sylvia Schröpl: Wir haben das Bewusstsein im Unternehmen für die Belange der Chancengleichheit von Frauen von null auf hundert verändert. Heute kann über die Frauenförderung sachlich diskutiert werden.

IZ: Warum engagieren Sie sich so stark für die Aufstiegsmöglichkeiten von Frauen?

Schröpl: Dafür gibt es viele handfeste ökonomische Gründe. Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen wurde verändert. Frauenförderung ist nunmehr ein Ausschreibungsmerkmal. Auch bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand ist die Frauenförderung des Unternehmens ein wichtiges Thema. Und dieser Marktdruck wird weiter wachsen. Zudem wurde in verschiedenen Studien nachgewiesen, dass Unternehmen mit Frauen in der Führungsspitze wirtschaftlich erfolgreicher sind. Außerdem erlaubt es der Fachkräftemangel nicht, gut ausgebildeten Frauen Aufstiegschancen und Karrierewege vorzuenthalten.

IZ: Sie knüpften das Erreichen des vollen Bonus bei den Geschäftsführern an die Einführung frauenfördernder Maßnahmen. Was hat das gebracht?

Schröpl: Die Mehrheit der Männer hat ihre Selbstverpflichtung im vergangenen Jahr nicht erreicht. Dabei waren die meisten der verschiedenen Maßnahmen zur Frauenförderung sehr einfach zu erreichen. Dazu zählte beispielsweise die Organisation eines Girls‘ Day. Die Führungskräfte scheinen die unternehmerische Notwendigkeit für die Umsetzung solcher Maßnahmen nicht verstanden zu haben. Dies wirkt sich entsprechend finanziell aus.

IZ: Wie reagieren Sie darauf?

Schröpl: Wir stellen das System um. Zukünftig gibt es anstelle eines umfangreichen Maßnahmenkatalogs nur noch einige wenige Maßnahmen, die jedoch etwas aufwendiger sind. Dazu zählt zum Beispiel die Ausarbeitung eines Karriereplans für eine weibliche Mitarbeiterin, der in einer Beförderung mündet. Welche Aufgaben die männliche Führungskraft umsetzen möchte, darf sie selbst entscheiden. Die zweite Neuerung ist, dass die Führungskräfte für ihr Engagement bei der Frauenförderung künftig zusätzliche Boni erhalten können, also belohnt werden.

IZ: Diese Maßnahmen wirken auf die Beschäftigten. Was machen die Frauen selbst?

Schröpl: Die Grundidee des Konzepts ist es, die aktuellen Arbeitsbedingungen, in denen Frauen keine Karriere machen können, zu verändern. Wir haben gemeinsam Bereiche definiert, in denen wir etwas verändern möchten. Nun erarbeiten die Frauen in kleinen Teams mit bis zu zehn Mitarbeitern verschiedene Maßnahmen.

IZ: Wie sehen diese aus?

Schröpl: Die Arbeitsgruppe Families at work hat beispielsweise eine Kooperation mit dem PME Familienservice aufgebaut. Darüber kann sehr kurzfristig eine Kinderbetreuung organisiert werden. Plötzlich können auch Frauen an Terminen teilnehmen, die in den Abend reichen und von denen sie früher ausgeschlossen waren.

IZ: Wie finanzieren Sie diese Maßnahmen?

Schröpl: Wir erhalten vom Europäischen Sozialfonds und dem Unternehmen mehrere hunderttausend Euro für einen Zeitraum von drei Jahren. Die ersten zwei Jahre wurden wir ausschließlich von Vinci gefördert.

IZ: Warum brauchen Frauen solch eine besondere Förderung überhaupt?

Schröpl: Weil sie sich schwer tun, innerhalb eines Unternehmens berufliche Netzwerke aufzubauen, und sie an den männerdominierten Netzwerken nicht beteiligt werden. Wenn es dann um eine Stellenbesetzung geht, gehen Frauen häufig leer aus, weil sie in den Machtzirkeln unbekannt sind. Deswegen legen wir jetzt ein Mentoringprogramm auf, um die männlichen Führungskräfte mit den weiblichen Beschäftigten zu vernetzen.

IZ: Gerade hat der Bundestag die Einführung einer gesetzlichen Frauenquote für Aufsichtsräte abgelehnt. Wie wichtig wäre eine Quote für Frauen in Führungspositionen?

Schröpl: Sehr wichtig. Wenn wir in derselben Geschwindigkeit wie bisher versuchen, mehr Frauen in Führungspositionen zu bekommen, dann sind wir Studien zufolge erst in 25 Jahren da, wo die Unternehmen sein müssen – sein müssen, um dem demografischen Wandel zu begegnen. Eine Veränderung in absehbarer Zeit ist nur über eine Quote zu erreichen. Die EU-Politikerin Viviane Reding sagte vor kurzem, sie möge die Quote nicht, aber sehr wohl ihr Ergebnis. Ich sehe das ebenso und warte auf eine europäische Entscheidung in dieser Frage. Ansonsten müssen Frauen für das, was Männern automatisch zugesprochen wird, auch weiterhin betteln und kämpfen.

IZ: Frau Schröpl, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sonja Smalian.

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