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Fantasieabschlüsse in der Sicherheitswirtschaft

Auf ihren Zeugnissen stehen Namen wie Security Worker, Facility Security Manager oder Sicherheitsdienstleistungskraft (IHK). Doch für welche Tätigkeiten die Absolventen dieser klangvollen Weiterbildungen qualifiziert sind, wissen sie häufig selbst nicht. Auch immer mehr Unternehmen der Sicherheitsbranche können diese Titel nicht einordnen. Der Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW) warnt inzwischen vor den Fantasieabschlüssen. Frank Schimmel, Vorsitzender des BDSW- Fachausschusses Ausbildung, erläutert, warum vom Wildwuchs in der Weiterbildung niemand profitiert.

Sonja Smalian
01. März 2012
Bild: flashpics/Fotolia.com

Immobilien Zeitung: Herr Schimmel, wie kommt es zu dieser Schwemme von Bildungsabschlüssen in der Sicherheitswirtschaft?

Frank Schimmel: Eine Ursache dafür ist in der veränderten Politik der Agentur für Arbeit in der Fort- und Weiterbildung zu finden. Vor rund sieben Jahren reduzierte die Agentur fortbildungsberufliche Weiterbildungen bzw. Umschulungsmaßnahmen und führte die Anerkennungs- und Zulassungsverordnung Weiterbildung (AZWV) ein. Daraufhin entwickelten viele Bildungsträger neue Produkte, um ihre Einbußen in bestimmten Bereichen auszugleichen – und entdeckten dabei auch die Sicherheitswirtschaft für sich.

IZ: Bildung hat doch noch nie jemandem geschadet, warum warnt der BDSW vor diesen neuen Abschlüssen?

Schimmel: Weil sie zwar klangvolle Namen tragen, aber oftmals nur die gewerberechtlichen Zugangsvoraussetzungen gemäß § 34a Gewerbeordnung beinhalten.

Hilfsarbeiter trotz Weiterbildung

IZ: Und das reicht nicht aus?

Schimmel: Nein, denn die Unterrichtung bzw. die Sachkundeprüfung nach § 34a GewO haben nichts mit Ausbildung zu tun, es handelt sich nur um Zulassungsvoraussetzungen für das Gewerbe. Absolventen solcher Schulungen gelten als Ungelernte oder Hilfsarbeiter – mit entsprechend niedrigen Stundenlöhnen. Nur damit rechnet kaum jemand, der ein Zertifikat mit schmuckem Titel erhält. Das führt zu Frust bei den Absolventen solcher Programme und auch bei den Unternehmen. Denn die Arbeitgeber können die zahlreichen Abschlüsse nicht mehr einordnen.

IZ: Mit welchen Maßnahmen versucht der Verband dieser Entwicklung gegenzusteuern?

Schimmel: Zusammen mit anderen Verbänden und dem DIHK hat der BDSW in den vergangenen zehn Jahren eine Bildungspyramide entwickelt. Diese führt die bundeseinheitlichen Aus- und Fortbildungen auf. Dazu zählen die Geprüfte Schutz- und Sicherheitskraft (IHK), die Servicekraft für Schutz und Sicherheit, die Fachkraft für Schutz und Sicherheit und der Meister für Schutz und Sicherheit (IHK). Zudem gibt es noch fachspezifische Studiengänge. Diese Abschlüsse decken rund 85% der Qualifikationsbedarfe der Dienstleister und werden von ihnen auch verlangt. Nicht zuletzt, weil diese Qualifikationen auch in Ausschreibungen verwendet werden.

IZ: Dennoch sind die Abschlüsse offenbar nicht hinreichend bekannt.

Schimmel: Ja, leider werden immer noch Abschlüsse gefördert, die sich in diesem System nicht wiederfinden. Dies ist nicht nur eine enorme Verschwendung von Mitteln, es hilft auch weder den Mitarbeitern, noch den Unternehmen.

IZ: Herr Schimmel, Sie sind Geschäftsführer der KG Protektor Fachschule für Industrie- und Wirtschaftssicherheit. Wie hoch ist der Anteil der Seiteneinsteiger, die durch eine geförderte Maßnahme der Agentur für Arbeit in Ihre Weiterbildungseinrichtung kommen?

Schimmel: Rund 70% unserer Teilnehmer werden über Bildungsgutscheine gefördert. Ähnlich dürfte es bei anderen Anbietern aussehen. Die Bildungsgutscheine überlassen den Teilnehmern die Wahl der Bildungsinstitution. Damit sind manche überfordert. Deswegen hat der BDSW die Bundesagentur für Arbeit, die Deutsche Rentenversicherung und den Berufsförderungsdienst der Bundeswehr über die Bildungspyramide informiert und sie dazu aufgerufen, nur noch Maßnahmen zu fördern und zu genehmigen, die in diese Systematik passen. Nur auf diesem Weg können zukünftige Sicherheitsmitarbeiter marktgerecht geschult werden, sodass ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt steigen. Denn ein Security Officer verdient pro Stunde nur rund 7 Euro, während eine Geprüfte Schutz- und Sicherheitskraft (IHK) – je nach Bundesland – auf rund 10 Euro Stundenlohn kommt.

Bildungsangebote genau prüfen

IZ: Die Vergütungsunterschiede sind also groß. An welchen Anhaltspunkten können sich Weiterbildungswillige denn orientieren, um die Qualität des Anbieters einschätzen zu können?

Schimmel: Interessierte müssen sich die Bildungsangebote genau ansehen. Das Qualitätsmerkmal AZWV-zertifiziert (Anerkennungs- und Zulassungsverordnung Weiterbildung) ist leider nicht ausreichend! Oftmals entsprechen so zertifizierte Kurse nicht der BDSW-Bildungspyramide und damit dem Bedarf der Branche. Wer Zweifel hat, sollte sich immer zunächst an den BDSW wenden, der gern Auskunft gibt.

IZ: Herr Schimmel, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sonja Smalian.

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