Arbeitskreis will mehr Diversität im FM-Bereich
Um die Belegschaften in Unternehmen der Facility-Management-Sparte diverser zu gestalten und Vorurteile im Berufsalltag zu reduzieren, will ein Arbeitskreis konkrete Handlungsempfehlungen schaffen. Sie sollen in einem Whitepaper festgehalten werden.
Man müsse sich einmal vor Augen halten, wie groß unsere Branche ist, sagt Christin Kuchenbecker. „Jede zehnte erwerbstätige Person arbeitet hierzulande im Facility-Management.“ Sie spricht von Asset-Managern, Elektrikern, Fachkräften für Schutz und Sicherheit und von Gärtnern. „Wir haben es also mit enorm vielfältigen Personengruppen zu tun.“ Kuchenbecker ist Geschäftsführerin der Bauakademie Professional Development, die Kunden bei der Organisation und beim Wissensmanagement im Bereich Immobilien- und Facility-Management berät. Doch sie hat noch eine andere Aufgabe – ein Ehrenamt. Gemeinsam mit Lisa Meimbresse, Referentin beim Berufsverband German Facility Management Association (Gefma), leitet Kuchenbecker den Arbeitskreis Diversity & Inclusion (D&I), ein gemeinschaftliches Projekt, an dem auch der Branchenverband Real FM mitwirkt.
Dafür haben sich rund zwanzig Mitglieder zusammengeschlossen. Dienstleister und Auftraggeber aus dem Facility-Management, einzelne entsandte Diversity-Beauftragte und andere interessierte Personen tagen regelmäßig einmal im Monat. Gefühlt sei das Bewusstsein für das Thema in der Branche gestiegen, sagt Gefma-Referentin Meimbresse. Aber der Arbeitskreis wollte es genauer wissen und hat eine Umfrage durchgeführt. Teilgenommen haben 184 Personen. Fast zwei Drittel der Befragten bekennen: Diversität und Inklusion gehörten zur Unternehmensstrategie.
Doch dann die Ernüchterung: Die tatsächliche Umsetzung findet seltener statt. Nur 40% gaben an, dass es in ihrem Betrieb eine feste Verantwortlichkeit für die Themen Diversität und Inklusion gibt. „Erfreulich ist, dass wirklich alle sieben Dimensionen der Vielfalt gleichermaßen von den Unternehmen in den Fokus genommen und auch von den Mitarbeitenden wahrgenommen werden“, sagt Kuchenbecker. Diese lauten: Alter, soziale Herkunft, sexuelle Orientierung, Religion und Weltanschauung, körperliche und geistige Fähigkeiten, Geschlecht und geschlechtliche Identität, ethnische Herkunft und Nationalität.
Um professionelles Diversity-Management ins Unternehmen zu bringen, braucht es klare Ziele und Geduld, bis das Vertrauen aufgebaut ist, dass es das Unternehmen auch ernst meint. Am wichtigsten ist jedoch eine klare Verantwortlichkeit für das Thema. Diversity-Management sollte nicht irgendeine Person zusätzlich und als Ehrenamt machen, raten Kuchenbecker und Meimbresse, sondern hauptberuflich und ausschließlich. „Ich fände es erfrischend, wenn die Zuständigkeit nicht im Personalbereich landet, sondern in der Geschäftsführung“, sagt Kuchenbecker. Das sorge für die nötige Aufmerksamkeit, die das Anliegen braucht, um überall ernst genommen zu werden – eine der größten Hürden im Transformationsprozess. Doch die Umfrage zeigte: Viele wissen nicht einmal, wo die Funktion intern aufgehängt ist.
Arbeitsergebnisse wie dieses will die Gruppe in einem Whitepaper zusammenstellen und es im Laufe des kommenden Jahres allen interessierten Unternehmen zum Download zur Verfügung stellen. Auch konkrete Handlungsempfehlungen werden in dem Papier zu finden sein. Zudem baut der Arbeitskreis ein Weiterbildungsprogramm auf und stellt Webinare für Unternehmen zusammen. Neben der Vermittlung von konkreten Maßnahmen sollen diese langfristig auch ein weiteres Ziel verfolgen: Sie sollen es möglich machen, dass sich sowohl Einzelpersonen aus der Branche als auch Unternehmensvertreter über persönliche Erfahrungen im Alltag und im Beruf austauschen können. Dies soll zum Beispiel über ein Best-Practice-Format geschehen.
Erste Maßnahmen, um dem Thema mehr Gewicht zu verleihen, hat ISS Deutschland bereits ergriffen. Bei dem Unternehmen, zu dem etwa 10.000 Mitarbeiter gehören, war das Diversity-Management zunächst eine Stabsstelle in Teilzeit. Mittlerweile kümmern sich Luisa Oberhäuser und eine Kollegin gemeinsam als Co-Leads um „Diversity, Inclusion & Belonging“, das zur Abteilung „Learning & Development“ gehört. Sie organisieren Workshops, um Vorurteile im Recruiting, bei Talentprozessen oder Besetzungen zu minimieren. „Wir schauen uns generell bestehende Prozesse mit der Vielfaltsbrille an und adaptieren, wo notwendig“, erzählt Oberhäuser. Ihr erklärtes Ziel ist es, dass bis 2025 der Anteil von Frauen in Führungspositionen von 25% auf 40% wächst. Außerdem soll mehr Führen in Teilzeit ermöglicht werden und das Recruiting auf Vielfalt achten. Dafür kooperiert ISS etwa mit der Tent Foundation, um Geflüchtete einzustellen.
Doch eigentlich ist das Diversity-Team viel größer: „Unser Team sind die Netzwerke“, sagt Oberhäuser. Zwei sind bereits fest etabliert. Sie beschäftigen sich mit den Themen Gender Balance und sexuelle Orientierung. Diese Netzwerke helfen Oberhäuser und ihrer Kollegin, Gehör und Aufmerksamkeit für ihre Maßnahmen im Unternehmen zu finden. Dazu gehörten bisher schon Mentoring-Programme, aber auch die Teilnahme am Christopher Street Day. Die Leitlinien, die im Unternehmen herrschen, wollen die Mitarbeiter also auch nach außen hin sichtbar machen. Damit so etwas gelingt, sind laut Oberhäuser zwei Dinge wichtig: Sponsoren in der Managementebene und immer wieder neue Ideen aus den Netzwerken – ihnen also zuzuhören und ihnen die Mittel bereitzustellen, um diese Ideen dann auch umzusetzen. Künftig sollen noch drei weitere hinzukommen: „Generation und Alter“, „Ethnische Herkunft und Nationalität“ und „Körperliche und geistige Fähigkeiten“.
Die Autorin: Jeanne Wellnitz ist Journalistin bei der Wirtschaftsredaktion Wortwert.