← Zurück zur Übersicht

Rittergut mit Weidenplantage gesucht

Während Kleinstädte und Dörfer fast überall in Deutschland mit Abwanderung und Überalterung zu kämpfen haben und Einfamilienhäuser wie Sauerbier angeboten werden, gibt es für repräsentative ländliche Anwesen, Güter oder Schlösser durchaus einen Markt. Und besonders gefragt auf dem Land ist der Boden. Jakob Freiherr von Richthofen berichtet über einen Immobilienmarkt, über den die Immobilien Zeitung selten berichtet.

IZ
30. September 2010
Bild: IZ

Sein eigenes Rittergut im Dörfchen Lenthe bei Hannover steht nicht zum Verkauf. Aber das seit 500 Jahren in Familienbesitz befindliche Gut mit heute 320 ha bewirtschafteter Fläche zählt durchaus zu den typischen Anwesen, die von Richthofen mit seinem Partner Uwe-Heinrich Flohr verkauft (s. Kasten rechts).

„Die Wünsche der Käufer sind sehr verschieden“, so von Richthofen, „aber es gibt natürlich die Vorstellung einer langen, alten Allee, die auf das allein stehende Haupthaus innerhalb einer symmetrisch angelegten Hofanlage zuläuft.“ Alleinlage sei für viele Interessenten ebenso ein Kriterium wie um den zentral gelegenen Hof arrondierte Forst- und Ackerflächen. Darüber hinaus gebe es noch regionale Präferenzen. „In Ostholstein, Mecklenburg-Vorpommern und dem südlichen Niedersachsen gibt es traditionell große Höfe und Güter.“

Gute Jagd und weiter Blick

So bieten Flohr & von Richthofen aktuell ein Rittergut „im südlichen Niedersachsen mit 290 ha arrondierter Eigentumsfläche in traumhafter Alleinlage mit sehr guter Gebäudesubstanz“. Dem Land- und Forstgut wird ein „sehr guter Pflegezustand mit weitem Blick in die Landschaft“ attestiert. Resümee: „ein schöner Landsitz mit Kapitalanlage und guter Jagd auf Reh-, Schwarz- und Damwild“. Kaufpreis: 5 Mio. Euro.

Ebenfalls interessant klingt „traumhaftes Rittergut an der Weser“. Hier wird für 3 Mio. Euro ein „geschichtsträchtiges Rittergut mit 60 ha Wiesenfläche in traumhafter Ortsrandlage“ angeboten, nahe der A 2 und mit guten Möglichkeiten zur Reitpferdehaltung.

Wer kauft solche Güter? „Unternehmer und vermögende Industrielle kaufen repräsentative Gebäude als Wochenendhaus oder Ruhesitz. Auch Stiftungen investieren, um ihren Sitz hier einzurichten“, so der junge Freiherr. „Meist ist es industrielles Kapital, das sich die hohen Unterhaltskosten leisten kann.“ Auch in Grund und Boden investieren nach von Richthofens Erfahrung oft Investoren aus der Industrie. „Raus aus den Wertpapieren und rein in Grund und Boden: 100, 200, manchmal 1.000 ha. Das ist ein wertvolles Asset.“

Anbaufläche schrumpft

Von Richthofen weist darauf hin, dass der Landwirtschaft täglich fast 100 ha verloren gehen – durch Siedlungsentwicklung oder den Bau von Autobahnen sowie die damit verbundene Ausweisung von Ausgleichsflächen. Gleichzeitig gibt es inzwischen eine Vielzahl konkurrierender Nutzungen für die immer kleiner werdende landwirtschaftliche Fläche. Zur traditionellen Produktion von Lebens- und Futtermitteln ist der Anbau von Energiepflanzen gekommen.

Der Freiherr hat selbst vor einigen Jahren in eine Biogasanlage investiert. Zur Erzeugung von Strom und Wärme baut er Mais an, den es früher in der Region Hannover kaum gegeben hat, sowie Zuckerrüben. Ein Teil der Zuckerrüben geht auch klassisch an die Nordzucker zur Produktion von Zucker. Zudem wird Weizen angebaut – ein rares, wertvolles Gut in diesem Jahr. Die Trockenheit im Juni/Juli hat die Körner nicht so wachsen lassen, und wer Ende Juli noch nicht geerntet hatte, dem verdarb das Getreide im Dauerregen des Augusts auf dem Halm. Zudem stoppte Russland als viertgrößter Weizenproduzent der Erde den Export wegen der verheerenden Feuersbrünste im Juli, um im eigenen Land Knappheiten zu verhindern.

Energiepflanzen sind jedoch auch Weiden oder Pappeln, die auf Plantagen alle vier Jahre zur Erstellung von Holzhackschnitzeln angebaut werden. Auch von den Möglichkeiten, Holzfasern etwa für Textilien zu nutzen, weiß von Richthofen.

Klimawandel und Gülle

Und nicht zuletzt, so der Landwirt und Makler, trägt der Klimawandel zur Verknappung der Ressource Acker auch in Deutschland bei. „Verlierer des Klimawandels in Deutschland sind Grenzstandorte mit leichten Böden und wenig Niederschlag wie Brandenburg.“ Hier wird ein weiterer Rückgang der sommerlichen Niederschläge in den nächsten Jahrzehnten prognostiziert. „Gewinner sind die Gegenden mit guten Böden und viel Niederschlag.“

So liegt die Spanne beim Erwerb von Acker zwischen 30 Cent/m2 in Brandenburg und 6,50 Euro/m2, die von Richthofen 2008 für eine Fläche im bayerischen Straubing bei Regensburg erzielte. „Hoch sind die Preise auch in den Metropolregionen wie dem Rheinland, Hamburg oder auch Hannover.“ Auch in den ländlichen Räumen des westlichen Niedersachsens werden hohe Preise erzielt, obwohl es um schlechte Böden geht. „Wegen der intensiven Massentierhaltung brauchen die Bauern hier Nachweisflächen für die Ausbringung von Gülle.“

So haben die Preise für Ackerflächen in den letzten Jahren in Deutschland wieder das Niveau erreicht wie vor der Wiedervereinigung Ende der 1980er Jahre. „Damals kam auf einmal ein Drittel der in Deutschland verfügbaren Ackerfläche zusätzlich auf den Markt.“ Viele Landwirte in Westdeutschland verkauften ihre Flächen für 5 DM/m2, um im deutschen Osten riesige Flächen für 50 Pfennig/m2 zu erwerben. Die Preise in Westdeutschland sanken deutlich. Stärker noch als die Kaufpreise hat die geschilderte Entwicklung die Pachtpreise nach oben getrieben. Pachten von bis zu 1.000 Euro/ha jährlich könnten nur mit einer Mischkalkulation erwirtschaftet werden. „Während der Markt bei repräsentativen Anwesen ausgewogen ist, gibt es bei landwirtschaftlichen wenig Angebot, aber eine sehr große Nachfrage.“

Steuerlich begünstigt

„Ein landwirtschaftlicher Betrieb erlaubt zudem, Vermögen sehr preisgünstig an die nächste Generation zu übertragen.“ Landwirtschaftliches Vermögen wird durch einen reduzierten Erbschaftsteuersatz begünstigt, der die Übertragung an die nächste Generation stützen soll. „Diese Vergünstigung können natürlich auch Investoren nutzen – sofern ihre Erben den landwirtschaftlichen Betrieb nach dem Erbfall zehn Jahre behalten.“ (ff)

Anzeige
Banner
Köpfe

Christoph Kienle wechselt von Aldi zu GPEP

Christoph Kienle, zuletzt Director Real Estate bei Aldi Süd, ist zum LEH-Investor GPEP gewechselt.

Köpfe

Verena Hubertz wird Bauministerin

Die SPD-Politikerin Verena Hubertz wird Bundesbauministerin. Zuvor waren mehrere andere mögliche Nachfolger für Klara Geywitz gehandelt worden.

Karriere

Immobilienprofis im Porträt: Johannes Fütterer

Den Großteil seiner Kindheit verbrachte Johannes Fütterer im Frankenland. Als Teenager ging es für ihn an den Niederrhein. Seinen Berufseinstieg hatte der promovierte Maschinenbauer an der RWTH Aachen als Leiter der Forschungsgruppe Gebäudeautomation. Heute lebt er mit seiner Frau und seinen drei Söhnen in Köln, wo er als CEO die Cloud-Plattform für Gebäudebetrieb Aedifion leitet. Als Co-Founder gehört er seit der Gründung 2017 zu dem Unternehmen und sieht sich seitdem als Akteur der Immobilienwirtschaft. Dennoch weiß er, dass er durch seine Leidenschaft für Gebäudetechnik nicht den direkten Weg dorthin genommen hat.