"Wir wollen einen persönlichen, direkten Kontakt"
Bilfinger Berger unterstützt bundesweit 74 Studenten mit dem Deutschlandstipendium. Wer das Geld bekommt, entscheiden die Hochschulen. Doch das Unternehmen nutzt die Chance, sich dem Nachwuchs zu präsentieren – wohlwissend, dass viele der Stipendiaten nicht bei dem Konzern eine Stelle antreten werden.
„Wir wollen präsent sein in der Welt der Studierenden“, sagt Roland Koch, seit Juli 2011 Vorstandsvorsitzender von Bilfinger Berger. Die Entscheidung, sich an dem Deutschlandstipendium zu beteiligen, habe der Konzern jedoch schon vor seiner Zeit gefällt. Doch ihn überzeugte das Konzept und nach einer ersten Förderrunde mit rund 30 Studenten sind es nun 74. Bilfinger Berger ist dabei nicht nur auf der Suche nach Ingenieuren, sondern auch Kaufleuten, Facility-Managern und Studenten zahlreicher weiterer Studienfächer.
An 16 Hochschulen „quer durch die Republik“ engagiert sich Bilfinger Berger mit dem Deutschlandstipendium. Mit dabei sind u.a. Einrichtungen in Aachen, Darmstadt, Mannheim, Albstadt-Sigmaringen, Cottbus, Stuttgart – und natürlich Mannheim, wo der Bau- und Dienstleistungskonzern seinen Stammsitz hat.
300 Euro pro Monat für ein Jahr
Das Deutschlandstipendium sieht vor, dass Studenten mindestens ein Jahr lang eine monatliche Förderung von 300 Euro erhalten. Die eine Hälfte überweisen Unternehmen, die andere kommt vom Bund. Das sind 3.600 Euro, die die Studenten geschenkt bekommen und die z.B. in Dresden schon die Hälfte der Lebenshaltungskosten ausmachen, wie einer der anwesenden Stipendiaten sagt. Anders als die Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz BaföG, ist das Deutschlandstipendium einkommensunabhängig. Die Auswahl der Studenten obliegt den Hochschulen, die dafür Leistung, ehrenamtliches Engagement und die Lebensumstände berücksichtigen.
Das Programm ist gedeckelt, d.h. die Höchstförderquote beträgt für die Hochschulen derzeit 1%. Dafür erhöhte der Bund 2012 die Fördermittel auf 36 Mio. Euro. Da manche Hochschulen bei der Einwerbung der privaten Fördergelder erfolgreicher sind als andere, können nun innerhalb eines Bundeslands Bundesmittel zwischen den Hochschulen „geschoben“ werden. Bundesbildungsministerin Annette Schavan, die seit drei Jahren Schirmherrin der Joboffensive für die Immobilienwirtschaft ist, zeigte sich mit den Ergebnissen des Stipendienprogramms bislang zufrieden. In diesem Jahr würden durch das Programm 1% der Studierenden gefördert, sagte Schavan. Insgesamt studierten im Wintersemester 2011/12 rund 2,4 Mio. junge Menschen in Deutschland.
2011 hatten rund 5.400 Studenten ein Deutschlandstipendium erhalten. Dabei verteilten sich rund drei Viertel der vergebenen Stipendien auf die Fächergruppen Ingenieurwissenschaften, Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie Mathematik/Naturwissenschaften. Die Hochschulen haben die Vorgabe, ein Drittel der Stipendien ohne Zweckbindung zu vergeben. So soll sichergestellt werden, dass ein bestimmter Anteil der Stipendien von der Hochschule auf die Fachbereiche verteilt werden kann. Auf die Auswahl der Studenten haben die fördernden Unternehmen keinen Einfluss.
Kein anonymer Förderer
Wohl aber auf die Gestaltung der Beziehung zu den Geförderten. Bilfinger Berger versucht aktiv, seine Stipendiaten kennenzulernen. „Wir wollen keine anonymen Finanzierer sein“, sagt Koch. Das Unternehmen organisiert Stammtische, Exkursionen und gewährt den Geförderten Einblick in die Arbeit von Tochterunternehmen. „Wir wollen einen persönlichen, direkten Kontakt zu den Stipendiaten“, betont Koch. Diese Chance auf gute Kontakte und dieses Signal der Wertschätzung sieht auch Schavan als wichtigen Bestandteil der Stipendienkultur. Und das kommt bei den Studenten sehr gut an. Ermöglicht es ihnen doch zu sehen, wo ihr Wissen später zum Einsatz kommen könnte. Wichtig sei auch die Wertschätzung, sagt Sam Schwarz von der RWTH Aachen: „Man sieht, dass es honoriert wird, wenn man sich im Studium anstrengt.“