← Zurück zur Übersicht

"Die Standzeiten von Managern müssen verlängert werden"

IZ
27. März 2009

Die Finanzkrise stellt nicht nur die Unternehmen, sondern insbesondere auch die Personalverantwortlichen vor neue Herausforderungen. Mit welchen Mitteln sich die Personaler „am eigenen Schopfe aus der Krise“ ziehen könnten, erläutert Manfred Becker, Professor für Personalwirtschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, im Interview.

Immobilien Zeitung: Herr Becker, auf der von Ihnen organisierten 16. Personalkonferenz an der Universität Halle-Wittenberg wollen Sie Lösungen aufzeigen, wie Personalverantwortliche die Krise bewältigen können. Brauchen wir eine neue Personalpolitik?

Manfred Becker: Ja, denn die Personalabteilungen sind im Unternehmen Nadelöhr für eine schnelle Bewältigung der Krise. Mit zählen, zahlen und zurechtweisen kommen Unternehmen in der Krise nicht weiter. Jetzt sind Personaler gefragt, die Trampelpfade verlassen, rasch neue Konzepte erarbeiten und auch umsetzen.

Klare Bedarfsorientierung und Ende der Methoden-Beliebigkeit

IZ: Was braucht eine solche Personalarbeit?

Becker: Eine klare Bedarfsorientierung daran, wie ein Unternehmen gemeinsam mit seiner Belegschaft die Krise meistern kann. Es muss eine Strategie verfolgt werden, die in Zeiten knapper Kassen einen klaren Wettbewerbsvorteil bringt. Wo ist die Bedrohung, wo sind die Talente, die Abhilfe schaffen? Die Beliebigkeit der Methoden, die ich je nach aktuellem Trend auswähle und so lange durchführe, wie es mir Spaß macht, hat ausgedient.

IZ: Was muss sich also ändern?

Becker: Es muss vor allem eine grundlegende Erneuerung der Führungskräfteentwicklung geben.

IZ: Warum?

Becker: Wir müssen uns fragen, ob wir den richtigen Typus von Manager ausgewählt haben, der die richtigen Werte und Techniken verkörperte. Bislang wurde wie auf dem Laufsteg der Schönste gesucht, aber nicht der Manager, der in harten Zeiten eine Mannschaft schnell zu Erfolgen führen kann.

IZ: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch hinaus. Haben die Personalverantwortlichen den falschen Lockruf verwendet?

Becker: Ja, denn sie haben auf eine unsinnige Entlohnungspolitik gesetzt. Zielvereinbarungen und variable Vergütungsmodelle fördern Opportunismus, und das rächt sich jetzt.

IZ: Eigentlich sollen solche Modelle das kreative Potenzial freisetzen und anspornen.

Becker: Das tun sie aber nicht. Diese Entlohnungsformen führen dazu, dass die Standardaufgabe, die mit dem Fixum abgegolten wird, für eine Führungskraft nicht so lukrativ ist. Folglich wird sie sich eher um Zielaufgaben bemühen, mit denen sich eine maximale variable Vergütung erwirtschaften lässt. Die hohen Boni für magere Resultate empören die Bevölkerung gegenwärtig zu Recht sehr.

Zurück zu geringen variablen Anteilen bei der Vergütung

IZ: Und wie sieht Ihr Lösungsvorschlag aus?

Becker: Weg von den aktionistischen Bezahlungsweisen, die die Betriebsgemeinschaft schwächen! Die brauchen wir nicht, um aus der Krise rauszukommen. Zumal es bei der Bezahlung nach Zielvereinbarung auch häufig zu Fristeninkongruenz kommt, denn die variablen Vergütungsanteile werden für Leistungen in der Vergangenheit gezahlt, da besteht dann kein unmittelbarer Anreiz mehr. Deswegen fordere ich eine leistungsgerechte Bezahlung mit hohem Fixum. Anständige Gehälter für anständige Leistung, muss wieder das Motto sein. Mit Beutementalität kommen wir nicht aus der Vertrauenskrise!

IZ: Und bei einem hohen Fixum besteht diese Gefahr nicht? Eigentlich möchte doch jeder Angestellte im nächsten Jahr mehr in der Tasche haben, oder nicht?

Becker: Jeder, der seine Leistung steigert, gute Qualität abliefert und dem Unternehmen treu dient, soll mit Gehaltssteigerungen Anerkennung erfahren. Die Dominanz der Entlohnung muss gegen die Bereitschaft, seine ganze Kraft einzusetzen, getauscht werden.

IZ: Eine veränderte Vergütungspolitik – ist das alles? Können dadurch die Probleme gelöst werden?

Becker: Natürlich nicht, aber es ist ein wichtiger Neuanfang. Hinzu kommt, dass in vielen Unternehmen mit Hilfe standardisierter Auswahlverfahren immer der gleiche Typ Führungskraft ausgewählt wird. Das führt zu einer gefährlichen Homogenisierung in den Führungsetagen. Mit der Folge, dass variationsreiche Lösungen nicht gefunden werden. Quereinsteiger und Querdenker sucht man oft vergebens. Krisen kann man aber nicht mit Standardlösungen meistern. Vielfalt und Querdenker sind zu fördern.

IZ: … und Führungskräfte, die ihre Position nicht nur als Sprungbrett für den nächsten Karrieresprung sehen?

Becker: Genau. Deswegen sollten die „Standzeiten“ von Führungskräften verlängert werden. Die meisten Manager zündeln nur ein bisschen, und bevor sie die Auswirkungen ihres Tuns spüren, sind sie meist schon wieder weitergezogen. Sie brauchen aber wieder die Chance und das Risiko, von den Ergebnissen ihrer Entscheidungen eingeholt zu werden.

IZ: Langfristige Bindung an das Unternehmen ist hier das Gebot der Stunde?

Becker: Ja. Dennoch warne ich davor, langfristige Zusagen bei der Karriere- oder der Nachfolgeplanung zu geben. Denn die Dynamik der Märkte muss sich auch in einer dynamischen Beschäftigung widerspiegeln. Wer sich stets weiterbildet, sollte Sicherheit erfahren, wer nichts tut, sollte mit negativen Folgen rechnen müssen.

IZ: Was meinen Sie damit? Sollen wir kürzere Kündigungsfristen bekommen?

Becker: Nein, ich plädiere für langfristige Vertragsverhältnisse, aber dem Unternehmen sollte es leichter möglich sein, seine Mitarbeiter auch in anderen Bereichen einzusetzen und diejenigen, die sich verweigern, freizusetzen. Ein Aufgabenwechsel darf nicht mehr stigmatisierend sein, ebenso wie ein Unternehmenswechsel. Das funktioniert aber nur, wenn ein Wandel als etwas Normales und nicht als etwas Bedrohliches erkannt wird. Doch damit haben wir in Deutschland ein Problem. Dass der zementharte Kündigungsschutz gerade in der Krise lähmt, ist ein weiteres Thema.

IZ: Herr Becker, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sonja Smalian.

Köpfe

Christoph Gröner kann wieder frei über sein Vermögen verfügen

Acht Tage nach Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens über das Privatvermögen von Christoph Gröner hat das Amtsgericht Leipzig seinen Beschluss wieder aufgehoben. Gröner kann nach Zahlung einer Millionensumme frei über sein Privatvermögen verfügen.

Köpfe

Michael Buchholz wechselt zu Gebag FE

Als Geschäftsführer steigt Michael Buchholz bei der Gebag Duisburg Flächenentwicklungsgesellschaft (Gebag FE) ein. Er kommt von Metroloq.

Köpfe

Rotthege ernennt Alexander Bongartz zum Partner

Rund ein Jahr nach seinem Wechsel zu Rotthege hat die Kanzlei den Fachanwalt Alexander Bongartz in die Riege ihrer Partner aufgenommen.