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"N" steht für den Chef

Seit 2009 ist in Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft, die u.a. einen barrierefreien Arbeitsmarkt vorsieht. Doch die Arbeitslosenquote schwerbehinderter Menschen liegt weiterhin deutlich über der allgemeinen Arbeitslosenquote. Dabei dürfte sich künftig in einer alternden Gesellschaft die Zahl Schwerbehinderter weiter erhöhen. Wie die Zusammenarbeit im Alltag umgesetzt werden kann, zeigt das Beispiel der Niederberger Gruppe.

Sonja Smalian
13. Dezember 2012
Bild: Niederberger

„Advent“ und „Lichtlein“, das sind die beiden Worte, die die Gruppe von hörenden und gehörlosen Mitarbeitern der Niederberger Gruppe von den tonlosen Lippenbewegungen der Seminarleiterin ablesen konnte. Obwohl gutes Licht herrschte und die Schulungsteilnehmer den Text des Gedichts („Advent, Advent, ein Lichtlein brennt …“) weitgehend kennen dürften, war die Aufgabe kein Selbstgänger, ganz im Gegenteil. Von den Lippen ablesen ist schwierig und funktioniert vor allem in Agentenfilmen über große Entfernungen fehlerfrei. Doch im beruflichen Alltag müssen andere, praktikablere Lösungen gefunden werden, insbesondere dann, wenn die ca. 770 Mitarbeiter am Berliner Standort des Gebäudedienstleisters aus 17 verschiedenen Nationen kommen.

Seit mehreren Jahren beschäftige die Niederberger Gruppe am Berliner Standort Hörgeschädigte, sagt Betriebsleiter Peter Hollmann. Über das Integrationsamt hatte das Unternehmen die neuen Mitarbeiter rekrutiert. Aufgrund des körperlich fordernden Berufs, sollten die Bewerber mobil sein. Und so wurde der erste gehörlose Bewerber zum Probe-Arbeiten eingeladen. Die Erfahrungen seien sehr positiv gewesen, erzählt Hollmann und inzwischen ist die Zahl der hörgeschädigten Mitarbeiter auf fünf gewachsen, von insgesamt 16 Schwerbehinderten. Bei der Einrichtung des Arbeitsplatzes für die Hörgeschädigten habe das Unternehmen finanzielle Hilfe erhalten: So wurde beispielsweise das Fahrzeug für einen Kraftfahrer mit weiteren Spiegeln sowie einem Kamerasystem fürs Rückwärtsfahren ausgestattet.

In der Alltagskommunikation setzt das Unternehmen meist auf SMS oder Zettel bzw. bittet per Anruf bei einem hörenden Teamkollegen um Weitergabe der Informationen. Bei Schulungen sind zudem Gebärdensprachendolmetscher dabei, die vom Integrationsamt gestellt werden. Zunächst seien die hörgeschädigten Mitarbeiter allein unterrichtet worden, erzählt Hollmann. Inzwischen finden die Schulungen gemeinsam mit einigen ausgewählten hörenden Kollegen statt.

Auf dem Lehrplan stehen neue Dienstleistungen und Reinigungstechniken, Arbeitsschutzbelehrungen oder wie vor kurzem Einblicke in die Kommunikation zwischen Hörenden und Hörgeschädigten. Dabei übten die Kollegen u.a. gemeinsame Gebärden, die für die alltägliche Zusammenarbeit im Betrieb hilfreich sind. Zudem wurden die Hörenden u.a. für ihre eigene Körpersprache sensibilisiert, damit sie sich z.B. nicht mit verschränkten Armen vor einem Gehörlosen „aufbauen“.

Wie die hörgeschädigten Mitarbeiter untereinander kommunizieren, verrieten sie ihren hörenden Kollegen im Kommunikationskurs: Sie geben ihren Kollegen Spitznamen. Die zur Hand geformte Klaue steht für Herrn Wolf. Und wenn der Chef und Betriebsleiter Hollmann gemeint ist, formen die Kollegen ein „N“ für Niederberger. Eine Abkürzung, die Hollmann angenommen hat, der auch schon mal „Grüße von N“ ausrichten lässt.

Info: www.integrationsaemter.de

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