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Leonie Tauscher: "Green Goals, Grey Buildings – und ich mittendrin"

Wer ESG-Ziele umsetzen will, muss den Bauhelm aufsetzen, statt nur Berichte zu schreiben. Das fordert Leonie Tauscher seit ihrem Berufseinstieg in die Immobilienbranche vor rund fünf Jahren. In ihrer Kolumne erklärt sie warum.

Immobilien Zeitung
30. Oktober 2025
Hier spricht die Next Gen. Leonie Tauscher.
Urheber: Dennis Möbus

ESG ist in aller Munde – in Reports, auf Panels, in Strategiefolien. Und man gewöhnt sich daran: Klimaneutralität bis 2045 in der Strategie – und gleichzeitig die Heizung von 1998 im Betrieb. Seit fünf Jahren bewege ich mich zwischen diesen beiden Welten. Zwischen dem, was versprochen wird, und dem, was tatsächlich passiert. Denn wer regelmäßig mit dem Bestand arbeitet, weiß: Zwischen Ambition und Alltag liegt oft mehr als eine Sanierungsetappe oder ein Capex-Projekt, also eine Investitionsausgabe. Die Realität beginnt nämlich nicht im Nachhaltigkeitsbericht, sondern vor Ort am Asset – meist im Technikraum mit Wartungsrückständen, bei knappen Budgets und Excel-Tabellen voller Zahlen, die mehr verbergen als erklären.

Diese Diskrepanz zwischen Anspruch und (Arbeits-)Alltag ist größer, als viele zugeben – und als viele wirklich verstehen. ESG-Ziele stehen häufig in den Strategiepapieren, aber eben nicht in Maßnahmenlisten oder Capex-Budgets. Nachhaltigkeit ist oft Thema im Quarterly Reporting, aber selten auf der Baustelle. Und während im Pitchdeck von Klimaneutralität und Taxonomiekonformität die Rede ist, Carbon-Risk-Real-Estate-Monitor-Pfade (CRREM-Pfade) gerechnet und Aktionspläne verschriftlicht werden, fehlt im Bestand häufig die Datengrundlage.

Und genau hier kann man nicht nur, sondern muss man ansetzen. Der Unterschied liegt dabei nicht zwischen Young Professional und Senior, sondern zwischen „weiter so“ und „weiterdenken“. Was ich mir wünsche? Weniger Worte, mehr Substanz. Weniger Silodenken, mehr Schnittstellenkompetenz. Und mehr Vertrauen in neue Perspektiven – auch wenn sie womöglich unbequem sind.

Wir, die Young Professionals, bringen hierfür nicht nur neue Tools, Denkweisen und Skills mit. Wir bringen die Bereitschaft, genauer hinzusehen. Die Lücke zwischen ESG-Ziel und (technischer) Realität fällt uns auf, weil wir sie nicht gewohnt sind. Und gerade unsere andere Sichtweise und Herangehensweise macht uns auch ohne langjährige Berufserfahrung wertvoll.

Wir müssen nicht alles sofort lösen; wir können nicht alles sofort lösen. Vielleicht werden wir überhaupt nicht alles lösen. Aber wir dürfen – und müssen – anfangen, laut zu fragen: „Macht das hier wirklich Sinn? Oder leisten wir stillschweigend unseren Beitrag zu einem längst normalisierten Greenwashing?“ Fest steht: Nachhaltigkeit wird nicht im Strategie-Call entschieden – sondern vor Ort. Und genau dort sind wir längst angekommen.

 
Leonie Tauscher, Jahrgang 1996, ist Senior Associate im technischen Asset-Management und ESG-Managerin. Sie wurde 2023 mit dem MAT-Award als eines der Most Aspiring Talents der Immobilienwirtschaft ausgezeichnet.

 

 

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