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"Im Mentoring will ich etwas zurückgeben"

Verbandsarbeit. Corenet Global kämpft mit sinkenden Nachwuchszahlen und geringer Sichtbarkeit der Corporate-Real-Estate-Manager (Crem) in der Immobilienbranche. Lina Scherer will dem durch Zusammenarbeit mit anderen Verbänden und Vereinen entgegenwirken. Nach ihrer Wahl zur Präsidentin hat sie erste Veränderungen in Gang gesetzt.

Janina Stadel
21. August 2025
Lina Scherer. Urheberin: Angela Hermann

Immobilien Zeitung: Seit dem Frühjahr sind Sie als Präsidentin die erste Frau an der Spitze des Verbands Corenet Global. Wie war Ihr Weg dorthin?

Lina Scherer: Das war ein langer Weg. Ich bin seit knapp 15 Jahren im Verband. Damals bin ich während meines Studiums an der Irebs reingekommen. In den ersten Jahren habe ich einen deutlichen Männerüberschuss bei den Veranstaltungen wahrgenommen, aber ich habe mich davon nicht irritieren lassen und mich schon früh bei verschiedenen Themen engagiert. Als nun die Chance auf die Position der Präsidentin bestand, hielt ich es für einen guten Zeitpunkt, mich weiter einzubringen.

IZ: Welchen Aufwand bringt die Verbandsarbeit für Sie mit sich?

Scherer: Ich habe mich für zwei Jahre für die Rolle verpflichtet. Ein weiteres, um danach den Nachfolger bei seinem Einstieg zu begleiten. Wenn ich etwas mache, dann mache ich es richtig, und da es ein Ehrenamt ist, das ich neben meiner beruflichen Tätigkeit ausübe, musste ich mir im Klaren sein, dass ich bei der Umsetzung neuer Ideen und bei der Vorbereitung großer Veranstaltungen Zeit investieren muss. Gerade herrscht aber so viel Aufbruchstimmung im Team. Alle sind voller Ideen, ob für Events oder für die Neugestaltung der Homepage. Diese Energie möchte ich nutzen – selbst wenn das an manchen Tagen zwei bis drei Stunden Extra-Arbeit für mich bedeutet.

IZ: Woher nehmen Sie die nötige Motivation?

Scherer: Zum einen möchte ich ein Vorbild für meine drei Töchter sein. Aber vor allem treibt mich das Interesse der Crem-Branche an unseren Themen an. Das sehe ich zum Beispiel an den Reaktionen nach Veranstaltungen oder Vorträgen, wenn Besucher Kontakt zu mir aufnehmen. Ich möchte für sie ein Vorbild sein. Schließlich habe ich selbst zum Karrierestart stark von Mentoring profitiert. In diesem Punkt möchte ich nun etwas an andere Branchenakteure zurückgeben und sehe es auch als eine Chance, meine eigenen Themen voranzutreiben.

IZ: Was sind Ihre Kernthemen, die Sie sich für Ihre Amtszeit auf die Fahne geschrieben haben?

Scherer: Ich möchte Frauen in der Branche mehr Sichtbarkeit verleihen und den Nachwuchs im Blick behalten – sowohl für den Verband als auch für die gesamte Branche. Ich möchte junge Talente fördern und Frauen in Führungspositionen bringen.

IZ: Wie nehmen Sie die Frauenquote im Crem wahr?

Scherer: Allein schon, wenn ich auf die Zusammensetzung unseres Managementboards schaue, sehe ich, dass es viele hochkompetente Frauen im Crem gibt. Doch nach außen fehlt es ihnen an Sichtbarkeit. Ich möchte bei Corenet Global enger mit anderen Vereinen und Verbänden zusammenarbeiten, etwa mit Frauen in Führung, um gemeinsame Veranstaltungen zu schaffen, bei denen Frauen mehr Sichtbarkeit bekommen, wenn sie zum Beispiel als Speakerinnen ihre Expertise teilen.

IZ: Warum herrschte hier bislang Zurückhaltung?

Scherer: Das Interesse ist da. Außer aus terminlichen Gründen hat bisher keine Frau abgesagt, wenn ich sie gefragt habe, ob sie Lust dazu hätte. Doch sie wurden bisher selten gefragt.

IZ: Und wie steht es um den Nachwuchs im Verband? Etwa in Ihrer Nachwuchsgruppe?

Scherer: Wir hatten vor Corona eine große Young-Leaders-Gruppe. Doch inzwischen stagnieren die Mitgliedszahlen. Im Moment sind es nur 34 Mitglieder. Das liegt aber in vielen Fällen nicht an nachlassendem Interesse, sondern daran, dass Arbeitgeber nicht bereit sind, die Kosten für die Mitgliedschaften zu übernehmen.

IZ: Eine Entwicklung, die Ihnen sicher nicht gefällt. Welche Folgen hat das aus ihrer Sicht?

Scherer: Junge Menschen brauchen eine Bühne. So können sie früh Netzwerke auf- und Hemmnisse, andere um Rat zu fragen, abbauen. Jungen Menschen ist bei der Wahl ihrer Arbeitgeber nicht nur das Gehalt wichtig, sondern auch, dass sie gefördert und gesehen werden und dass der Arbeitgeber in ihre Zukunft investiert. Sonst laufen die Firmen Gefahr, die jungen Leute an die Start-up-Szene zu verlieren, statt sie im Crem zu halten.

IZ: Also auch ein Appell an die Führungskräfte, jungen Mitarbeitern das Netzwerken zu ermöglichen?

Scherer: Im Moment ändern sich Führungsstile. Man hat erkannt, dass man junge Menschen nur führen kann, wenn man sie motiviert und ihnen Möglichkeiten gibt, sich zu entfalten.

IZ: Welche Rolle spielt das Thema moderne Führung in der Verbandsarbeit?

Scherer: Wir haben bereits einige Events durchgeführt, bei denen es genau darum ging. Auch in Verbindung mit dem Fachkräftemangel. Derzeit ist eine große Veranstaltung in Planung, zu der wir auch mit einer Personalberatung zusammenarbeiten, um auch ihre Perspektive auf den Arbeitsmarkt einmal kennenzulernen.

IZ: Welche weiteren neuen Formate stehen in den Startlöchern?

Scherer: Wir planen quartalsweise eine Lunch-Session für die Young Leaders. Sie sollen einen sicheren Rahmen für den Austausch bieten – auch unternehmensübergreifend, sodass sich die Corporate-Real-Estate-Manager mit den Experten aus anderen Firmen über deren Herausforderungen und Ideen austauschen können. Zudem wollen wir in einer Podcast- und Interviewreihe einige Crem-Experten vorstellen, die von ihrem Weg erzählen und somit auch kommunizieren, dass Laufbahnen in der Sparte ganz unterschiedlich sein können. Verbreiten wollen wir das über unsere Social-Media-Kanäle. Aber auch in Zusammenarbeit mit anderen Verbänden wie dem Zentralen Immobilien Ausschuss sollen in Zukunft mehr Möglichkeiten für unsere jungen Mitglieder geschaffen werden, auf Podien zu sprechen, und zwar ganz bewusst in Diskussion mit erfahrenen Experten, sodass sie aus unterschiedlichen Perspektiven über aktuelle Themen wie beispielsweise KI und Digitalisierung diskutieren können.

IZ: Vielen Dank für das Gespräch, Frau Scherer.

Das Interview führte Janina Stadel.

Verbandspräsidentin will Sichtbarkeit von Frauen im Crem erhöhen

Seit April sitzt Lina Scherer als Präsidentin dem Chapterfür Zentraleuropa des Berufsverbands für Corporate-Real-Estate-Manager Corenet Global (CNG) vor. Der Verband mit US-amerikanischen Wurzeln ist seit rund 20 Jahren in europäischen Ländern aktiv und zählt in dieser Region derzeit mehr als 200 Mitglieder. Etwa 130 von ihnen kommen aus Deutschland. Als Scherer turnusgemäß ihren Vorgänger Locke McKenzie nach zwei Jahren im Amt abgelöst hat, kündigte sie an, ihren Arbeitsfokus auf die Themen Frauenförderung und Nachwuchsgewinnung in der Berufssparte Corporate-Real-Estate-Management (Crem) zu legen. Rund vier Monate nach ihrem Amtsantritt hat sie einige Maßnahmen eingeleitet, um ihre Ziele zu verfolgen und den Crem-Profis mehr Sichtbarkeit zu verleihen. Dafür setzt sie auf die Zusammenarbeit mit anderen Verbänden und Vereinen. Dabei geht Scherer ihrer Rolle im Verband ehrenamtlich nach. Beruflich ist sie für Schaeffler Technologies tätig. Seit Juli 2023 trägt sie dort den Titel Vice President Corporate Real Estate für Europa. Vor ihrem Einstieg bei dem Industrieunternehmen war sie in verschiedenen Funktionen beim ABB-Konzern aktiv und trug dort die strategische und operative Verantwortung für Asset-Management, Portfoliomanagement und Integrated Facilities-Management.
Janina Stadel

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