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"HR-Abteilungen müssen lernen, Maschinen weiterzubilden"

Der US-Immobiliendienstleister CBRE hat in den letzten Jahren kräftig in Real-Estate-Tech-Firmen investiert. Hierzulande wollen Alexander von Erdély, Deutschland-Chef von CBRE, und Thomas Herr, Head of Digital Innovation von CBRE in Emea, die Dinge so weit wie möglich selbst in die Hand nehmen. Auf die Personalabteilungen sehen sie im Zuge der Digitalisierung viel Arbeit zukommen.

Harald Thomeczek
20. Juli 2017
Quelle: Immobilien Zeitung, Urheberin: Melanie Bauer
Immobilien Zeitung: Herr von Erdély, neulich sprach ich für unser Arbeitgeberranking mit Ihrer Personalchefin und Ihrem COO darüber, welche Absolventen CBRE in Deutschland sucht. Auf „digitale Kompetenzen“ sind die beiden nicht zu sprechen gekommen. Komisch, wo sich CBRE doch auf die Fahnen geschrieben hat, Vorreiter der digitalen Transformation in der Immobilienbranche zu sein …

Alexander von Erdély: Das wundert mich überhaupt nicht! Schließlich setzen wir mittlerweile digitale Grundkompetenzen voraus, und die heutigen Nachwuchskräfte bringen die normalerweise ja auch mit.

IZ: Trotzdem kann es mit dem behänden Umgang mit Excel, Outlook & Co. nicht getan sein.

Dr. Thomas Herr: In der Tat, wir brauchen eine vierte Basisqualifikation neben kaufmännischem, technischem und juristischem Know-how und ihren Kreuzungsformen, die die anderen drei Felder überlagert: die Verarbeitung von Daten.

IZ: Sie selbst, Herr Dr. Herr, sind der Chef eines von weltweit drei Innovations-Hubs von CBRE in den USA, Asien und Emea.

Herr: CBRE beschäftigt rund um den Globus ein Digital Technology Team aus 600 Software-Entwicklern. In den vergangenen zwei Jahren haben wir unsere Ausgaben im Bereich Digital & Technology verdreifacht: Sie machen jetzt rund 3% vom Konzernumsatz aus. Außerdem haben wir in jedem Land Innovationsgruppen installiert: Da kommen nochmal insgesamt ungefähr 900 Leute als Unterstützer obendrauf. Ich selbst bin in der Reporting-Line direkt an unseren Europa-Chef und unseren globalen Chief Technology Officer angebunden.

Erdély: Das ist alles kein Selbstzweck: Unsere Kunden wie z.B. der Telekommunikationskonzern Telefónica, für den wir das Mietvertragsmanagement und die Steuerung der FM-Leistungen für sein komplettes deutsches Immobilienportfolio übernommen haben, fordert regelmäßig digitale Innovationen von unserem Team.

Herr: Vor kurzem haben wir eine Führungsposition für die Implementierung unserer digitalen Strategie in Deutschland neu besetzt und Softwareentwickler eingestellt, statt diese Dienstleistungen einzukaufen bzw. mit Freelancern zu arbeiten. Wir investieren viel in Datenbanken und digitale Tools: CBRE war laut einer unabhängigen Untersuchung zwischen 2013 und 2017 weltweit der aktivste strategische Investor in Real-Estate-Tech-Firmen.

IZ: Haben Sie auch in Deutschland schon Start-ups gekauft?

Herr: In Deutschland bzw. in Europa insgesamt sind wir bisher nur die eine oder andere Kooperationsbeziehung eingegangen, z.B. mit dem Entwickler eines Indoor-Mapping-Tools, einem Anbieter intelligenter Datenräume oder einem Sensors-as-a-Service-Anbieter.Wir kaufen nicht wirklich gern, sondern programmieren lieber alles selbst. Außerdem sind maximal 10% der PropTech-Startups überlebensfähig, und davon wiederum sind auch nur höchstens 10% für uns interessant.

Erdély: Die größte Herausforderung ist aber nicht, die richtigen Pferde zu finden. Sie liegt vielmehr in der Anwendung neuer Technologien durch die Mitarbeiter. Jobs werden durch die Digitalisierung nicht bei uns verschwinden, sondern anders werden – aber die Qualifikationsanforderungen wachsen.

Herr: Die Revolution besteht darin, dass wir eine völlig andere Art der Zusammenarbeit brauchen und eine viel höhere Transparenz, auch dem Kunden gegenüber. Wir müssen zu einer völlig neuen Art der Kollaboration kommen, intern und extern, und dürfen keine Angst mehr haben, den Kunden z.B. mit Unfertigem, das noch im Werden ist, zu konfrontieren. Das ist übrigens ein reines HR-Thema! Wir müssen lernen, mit Maschinen, künstlicher Intelligenz, lernenden Systemen etc. zusammenzuarbeiten, das wird uns allen in Zukunft total häufig begegnen. Und das ist noch nicht alles: HR-Abteilungen werden lernen müssen, Weiterbildungsprogramme für Maschinen aufzulegen.

IZ: Welche Auswirkungen wird die Digitalisierung auf Berufsbilder in der Immobilienwirtschaft haben? Verschwinden Makler, Bewerter oder Facility-Manager in absehbarer Zeit von der Bildfläche?

Erdély: Der Makler wird sich noch mehr zum Berater und Arbeitsplatzgestalter entwickeln müssen, und der Facility-Manager wird sich noch mehr ums Koordinieren kümmern müssen. Am ehesten automatisiert werden kann die klassische Tätigkeit des Bewerters: Unsere spanischen Kollegen haben z.B. schon über 400.000 Bewertungen von privaten Wohn-immobilien automatisch erstellt. Die gewonnene Zeit wird genutzt, um die Ergebnisse zu bewerten und konkrete Handlungsempfehlungen abzugeben.

Herr: In Deutschland ist das leider noch nicht zulässig. Ein anderes Beispiel ist eine Bewertungsanalyse basierend auf Machine-Learning-Algorithmen, die wir in England selber entwickelt haben: Mit dieser Software fanden wir heraus, dass viele Kunden zu viel Grundsteuer zahlten, weil die Behörden einen zu hohen Immobilienwert ansetzten. Bei komplexeren Gewerbeimmobilien oder Portfolios stößt die Automatisierung aber an ihre Grenzen: Da kommt wieder der Mensch ins Spiel.

IZ: Die Digitalisierung killt Jobs, lässt aber andere, „hochwertigere“ neu entstehen, heißt es oft. Wie sieht Ihre Prognose für die Immobilienwirtschaft insgesamt aus?

Herr: Zwei von drei Teilnehmern unserer aktuellen Studie „Digitale Transformation und Innovation in der deutschen Immobilienbranche“ glauben nicht daran, dass durch die Digitalisierung Jobs wegfallen werden. Darin spiegelt sich sicher auch die Tatsache, dass Dreiviertel von ihnen Führungskräfte sind. Sagen wir es mal so: Mit der Komplexität der Aufgaben, die man zu erledigen hat, und dem Grad an sozialer Kompetenz, die sie verlangen, wird die Wahrscheinlichkeit geringer, wegautomatisiert zu werden.

IZ: Wo sehen Sie denn bei der technisch-wirtschaftlichen CBRE-Beratungstochter CBRE Preuss Valteq das meiste Potenzial für die Automatisierung von Tätigkeiten?

Herr: Weniger bei uns als in den Beamtenstuben: Im Baugenehmigungsprozess ist ja eigentlich alles vorgeschrieben und kodifiziert, es könnte also auch in einen Computercode umgewandelt werden. Damit wären die ewigen Wartezeiten Geschichte. Ja, in den Beamtenstuben wären sicher viele Leute disruptierbar …

IZ: Herr von Erdély, Herr Dr. Herr, vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Harald Thomeczek.

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