Hilfe, der Personalberater findet mich nicht!
Ihre Firma hat auch schon mal mehr Geschäft gemacht, und Ihr Stuhl fühlt sich etwas wackelig an? Alle Zeichen stehen auf Veränderung, aber das Telefon bleibt still? Wenn der Headhunter nicht anruft, dann sollten Sie den ersten Schritt machen und sich initiativ bei einer Personalberatung bewerben. Was es dabei zu beachten gibt, erläutert Thoralf Reise, Leiter des Competence Center Real Estate & Construction und Gesellschafter bei Gemini Executive Search.
Immobilien Zeitung: Wieso finden mich die Headhunter nicht, fragen sich derzeit sicherlich viele Wechselwillige. Gibt es etwa genug Bewerber?
Thoralf Reise: Da muss sich der Kandidat keine Sorgen machen. Der spezialisierte Personalberater findet ihn. Ob er ihn dann anspricht, hängt auch von den verschiedenen Suchaufträgen ab, mit denen der Berater aktuell mandatiert ist.
IZ: Wenn ich noch nicht in einer Kartei bin, wie kann ich denn auf mich aufmerksam machen?
Reise: Es hilft sicherlich, im Internet präsent zu sein, zum Beispiel auf der Firmenhomepage und in Netzwerken wie Xing, und auf Teilnehmerlisten von Veranstaltungen aufzutauchen. Wobei diese Quellen sicher nicht die Basis eines fundierten Researchs darstellen.
IZ: oder sich initiativ bei einer Beratung bewerben? Ist das der neue Trend?
Reise: Initiativbewerbungen gibt es immer, aber seit Mitte letzten Jahres hat sich die Zahl verdoppelt. Etwa zwei Drittel der Bewerbungen stammen von Wechselwilligen, die sich Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen oder die bereits freigestellt sind.
IZ: Wie finde ich denn den Personalberater, der zu mir passt?
Reise: Der Personalberater sollte idealerweise ausschließlich in der gesuchten Branche tätig sein. Viele Beratungen arbeiten ausschließlich über die Direktsuche. Deswegen sind sie etwas schwerer zu finden, weil sie nicht jeden Samstag in der F.A.Z. eine Anzeige schalten. Da sollte man sich in seinem persönlichen Netzwerk umhören. Es gibt ja nun niemanden mehr, der in den letzten Jahren nicht von einem Headhunter angesprochen wurde. Die erste Frage, die ich mir jedoch stellen sollte, ist: Wie arbeitet die Personalberatung? Denn da gibt es riesige Unterschiede.
IZ: Das heißt?
Reise: Manche Personalberater schicken ungefragt Lebensläufe an Unternehmen. Zeigen diese dann Interesse, kassiert der Berater ein Erfolgshonorar. Der Bewerber hat keine Kontrolle mehr über die Verbreitung seiner Daten. Das ist tödlich, erst recht in einer so engen Branche wie der Immobilienwirtschaft.
IZ: Wie kann ich mich davor schützen?
Reise: Als Kandidat sollte ich den Berater fragen, wie er arbeitet und was mit den ihm zur Verfügung gestellten Informationen passiert. Wir werden beispielsweise erst aktiv, wenn ein Suchauftrag von einem Klienten vorliegt. Dann beginnen wir mit der Suche und gehen auf Kandidaten zu. Erst wenn der Kandidat Interesse an einer Position signalisiert, bekommt das Unternehmen in einem vertraulichen Report Informationen über ihn. Der Bewerber entscheidet selbst, wer seine Daten erhält. Die Top 10 der Personalberatungen dürften überwiegend nach diesem Standard arbeiten.
IZ: Viele sind sich dieses Ablaufs sicher nicht bewusst.
Reise: Ja, und dann kommen sie mit einer falschen Erwartungshaltung zu uns. Beispiel: Wenn ein Bewerber einen Geschäftsführerposten im Property-Management sucht, der Personalberater aber kein Mandat in diesem Bereich hat, dann kann er kurzfristig auch keine Resultate in Aussicht stellen. Wer bei uns in die Datenbank aufgenommen wird, erhält deswegen nicht automatisch jede Woche ein Jobangebot. Kein Personalberater hat gleichzeitig in jedem Segment und auf jeder Hierarchieebene Mandate.
IZ: Was gibt es beim Erstkontakt zu beachten? Verfasse ich eine Initiativbewerbung wie für ein Unternehmen?
Reise: Nein, wir benötigen vor allem detaillierte Informationen über den Kandidaten. Wenn die Personalberatung aus Kandidatensicht gute Referenzen hat, dann sollte der Bewerber ruhig mit der ersten Anfrage per E-Mail den Lebenslauf mitschicken, und der darf gerne auch zwei bis vier Seiten lang sein. Anders als in einem klassischen Bewerbungsprozess ist die Form für uns eher zweitrangig. Wichtig ist, dass der Kandidat seine Rolle näher belegt, zum Beispiel, wie viele Leute er disziplinarisch geführt hat oder wie das betreute Portfolio strukturiert war. Auch Kündigungsfristen und aktuelle Gehaltsangaben sind nützlich.
IZ: Wer ist denn zurzeit interessant für Sie?
Reise: Jeder ist prinzipiell ein interessanter Kandidat, das hängt vom Suchauftrag ab! Gefragt sind zurzeit Persönlichkeiten fürs Change-Management oder Spezialisten, die entlang der Wertschöpfungskette wirken. Auch die klassische Nachbesetzung von Positionen gehört weiterhin zum Alltag. Die Positionen, die es jetzt gibt, sind oftmals wesentlich nachhaltiger als in der Boomphase. Ob und wen die Unternehmen einstellen, überlegen sie jetzt viel genauer, doch das verlängert den Besetzungsprozess.
IZ: Wann sollten Bewerber also am besten den Kontakt zu Headhuntern suchen?
Reise: Wechselwillige sollten sich frühzeitig vernetzen, bevor der Druck zu groß wird. Denn es ist nicht gesagt, dass der Personalberater gerade für jeden ein passendes Mandat hat. Es kann nützlich sein, seine Unterlagen an zwei bis drei diskrete Berater zu senden.
IZ: Ein Teil Ihrer Bewerber ist bereits freigestellt. Wie sollten Kandidaten mit Lücken im Lebenslauf umgehen?
Reise: Wenn wir uns in fünf Jahren Lebensläufe ansehen, dann werden viele im Zeitraum 2008/2009 Lücken von drei, neun oder vielleicht sogar zwölf Monaten aufweisen. Aber das sagt nichts über die Qualität der Bewerber aus! Es sind Leute freigestellt worden, für die man sich vor zwei Jahren beide Arme ausgerissen hätte. Diese Lücken haben etwas mit dem Markt und dem Segment zu tun, in dem jemand tätig war. Heute platzieren wir noch etwa 80% der Kandidaten aus einem festen Anstellungsverhältnis heraus, früher waren es fast 100%.
IZ: Versuchen die Bewerber nicht, diese weißen Flecken zu kaschieren?
Reise: Das kommt vor. Letzten Endes aber sollte ein Dialog mit einem Personalberater, natürlich auch mit einem möglichen neuen Arbeitgeber, immer offen und ehrlich geführt werden. Darüber hinaus sind wir alle Formen des „Lückenfüllens“ gewohnt.
IZ: Und zwar?
Reise: Eine Weiterbildung wird positiv wahrgenommen. Was dann schon eher Fragen aufwirft, ist eine beratende Selbstständigkeit. War die eine echte Alternative zur Festanstellung?
IZ: Also, doch erst mal ein Sabbatical einschieben?
Reise: Nein! Ich kann nur raten, jetzt kein Sabbatical zu machen, sondern sein Netzwerk zu pflegen. Denn wo ich jemanden tatsächlich nicht finden kann, ist auf dem Kilimandscharo oder bei einer Weltumsegelung.
IZ: Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Sonja Smalian.