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Heiß begehrte Mischwesen

Auf dem deutschen Hotelmarkt steigen die Übernachtungszahlen von Jahr zu Jahr, der Hotelinvestmentmarkt bricht alle Rekorde, und immer neue internationale Ketten und Konzepte lassen die Projektpipeline anschwellen. Doch wer soll all die gewünschten Hotels entwickeln, planen, errichten und vermitteln? Experten, die sowohl Hotel wie Immobilie können, sind eine seltene – und darum gefragte – Spezies.

Harald Thomeczek
14. April 2016
Bild: istockphoto/KatarinaBlazhievskaya

Die Kombination aus technischem und kaufmännischem Hintergrund, noch dazu spezialisiert auf Hospitality, ist ungewöhnlich“, sagt Claus-Dieter Jandel, Chief Development Officer bei Steigenberger. „Die Schnittstelle zwischen den Steinen und dem Hotelbetrieb ist so komplex wie wichtig.“ In Jandels Development-Abteilung finden sich Hotelfachleute, Betriebswirte, Architekten, Ingenieure, Analysten und Juristen. Die Rekrutierung neuer Mitarbeiter läuft bei Steigenberger in der Regel über Direktkontakte. Glücklicherweise erhalte man auch immer wieder Initiativbewerbungen, so Jandel.

So leicht wird es offenbar nicht jedem gemacht: „Wer in der Wüste Wasser sucht, muss tiefe Brunnen bohren“, sagt Albrecht von Bonin, Mitgründer der Von Bonin Personalberatung. Sein Haus besetzt Führungspositionen u.a. in der Hotelimmobilienbranche, „zwei Hände voll pro Jahr“: Developer für Hotelgesellschaften und Projektentwicklungsfirmen, Hotel-Architekten, (Ober-) Bauleiter, Interior Designer, Facility-Manager oder Hotelimmobilienmakler.

Die Suche nach Kandidaten, die in beiden Welten zuhause sind, sei, so von Bonin, im Laufe der Jahre mühsamer geworden: U.a. deshalb, weil diese um die starke Nachfrage bei einem geringen Angebot wissen – und also häufig mit überzogenen Gehaltserwartungen in den Verhandlungspoker gehen. Die Wunschvorstellungen von Kandidaten lägen bis zu 30% über ihrem aktuellen Gehalt, berichtet der Executive-Search-Consultant.

„Der originäre Pool an Branchenexperten ist klein“, stellt Alexander Trobitz fest, der seit anderthalb Jahren den Bereich Hotel-Services für BNP Paribas Real Estate (BNPPRE) in Deutschland aufbaut. Seit seinem Wechsel von Dr. Lübke & Kelber wurden zwei Mitstreiter für das Hotel-Advisory-Geschäft rekrutiert. Den Bestand an hotel- und immobilienaffinen Köpfen in Maklerhäusern, bei Projektentwicklern bzw. in DevelopmentAbteilungen der Hotelgesellschaften oder bei Hotelberatungsunternehmen schätzt er auf nicht mehr als 200 bis 250 Köpfe.

Häufig stammen solche Leute aus der Hotellerie und finden erst später den Weg ins Hotelimmobiliengeschäft – so wie Trobitz selbst: Er ist gelernter Hotelkaufmann, hat BWL studiert und später an der Irebs noch seinen Immobilienökonom draufgesattelt. Vor rund anderthalb Monaten haben er und Tino Benker-Schwuchow, Head of Human Resources bei BNPPRE, die Suche nach zwei weiteren Kräften gestartet: einem Junior-Consultant mit zwei, drei Jahren Berufserfahrung und einem Senior-Berater. Sie zeigen sich optimistisch, „bis Mitte 2016“ fündig zu werden.

Das Maklerhaus Dr. Lübke & Kelber sucht schon seit einigen Monaten Verstärkung für sein Hotel-Team. Sabine Erlemann, bei Dr. Lübke & Kelber für Personalauswahl und -entwicklung zuständig, streckt die Fühler nach einem Senior-Kandidaten aus, der das Team von Trobitz-Nachfolgerin Daniela Bense verstärkt. Doch „die Wechselwilligkeit jenseits der 40 bzw. von Kandidaten in etablierten Positionen ist nicht mehr so ausgeprägt, wenn kein Aufstieg in eine Führungsposition möglich ist. Zu ähnlichen Konditionen auf eine gleich geartete Position zu wechseln, ist für viele nicht attraktiv“, sagt Erlemann.

Weil Spezialisten angesichts des brummenden Investmentmarkts „jetzt meist gut gebunden“ sind, so Bense, hat Dr. Lübke & Kelber als „Parallelstrategie“ kürzlich einen Young Professional Anfang 30 von einem anderen Maklerhaus geholt, der intern bzw. on the job zum Hotelimmobilienberater ausgebildet werden soll. „Wer einen Hotelentwickler bzw. -investor mit einem Betreiber zusammenbringen will, muss z.B. eine Pachthöhe verifizieren, ein Hotelkonzept anhand der Gegebenheiten auf dem jeweiligen Hotelmarkt beurteilen oder bauliche Fragen im Zusammenhang mit dem operativen Hotelbetrieb, etwa bei Konversionsprojekten, einschätzen können“, zählt Bense auf, wie komplex die Anforderungen an einen Hotelimmobilienmakler sind.

Den Quereinstieg in die Immobilienbranche erleichtert die nicht immer zufriedenstellende Vergütung in der Hotelbranche: „Die Hotellerie muss lernen, Leute anständig zu bezahlen. Alles unter dem Top-Management verdient in der Regel weniger als in anderen Branchen“, sagt Search Consultant von Bonin. Reiner Nittka, Vorstand des Projektentwicklers GBI, kennt in seinem eigenen Haus, aber auch bei anderen Bauträgern bzw. Projektentwicklern, Fondsanbietern und Immobilieninvestoren viele Leute, die es aus der Hotellerie über die Hotelberatung in die Immobilienbranche geschafft hätten. Und ihr Gehalt dabei bei jedem Sprung von einer zur nächsten Stufe um „25% bis 30%“ gesteigert hätten.

Die GBI beschäftigt eine bunte Heerschar aus Architekten, Bauingenieuren, Geografen, Wirtschaftsingenieuren, Finanzexperten oder (Hotel-) Kaufleuten. Was sie in ihrem Job bei dem Hotelentwickler wissen und können müssen, können sie in dieser Kombination nirgendwo lernen: „Es gibt dafür keinen vorgesehenen Bildungsweg“, so Nittka.

Die GBI hat gut und immer mehr zu tun: Das Projektvolumen ist von 2014 auf 2015 um rund 25% gestiegen. Weil die Firma für jeden Teilbereich – von Grundstücksakquise, Betreibersuche, Planung, Bauantragsverfahren, Finanzierung oder Verkauf – „ganz spezielle Köpfe“ sucht, und weil es „teurer geworden ist, Leute abzuwerben“, setzt man bei der Personalsuche u.a. auf Akquise an Hochschulen wie der HTW Berlin, der IUHB School of Business and Management in Bad Honnef, der Universität Regensburg oder der TU Berlin.

Zehn bis 15 Einsteiger habe die GBI so in den vergangenen Jahren rekrutiert, berichtet Nittka. Darunter BWL-Studenten mit Schwerpunkt Hotellerie, Hotelmanagement-Studenten mit Fokus u.a. auf Hotelimmobilienmanagement oder Immobilienökonomen, Architekten oder Bauingenieure, die einen Master in Projektentwicklung gemacht haben. 2015/2016 hat die GBI bislang ein rundes Dutzend Mitarbeiter für den Bereich Hotel-Development eingestellt. „Fünf bis acht“ zusätzliche Kräfte werden gesucht.

Martin Bowen, Chefentwickler von Intercontinental Hotels in Deutschland, bekommt zum 1. Mai Zuwachs in Gestalt eines „site finders“. Dieser hat BWL studiert und war bis dato bei einer Hotelberatung beschäftigt. „Im Moment stehen die Zeichen auf Wachstum, darum müssen wir Grundstücke für Franchisenehmer ranschaffen“, erklärt Bowen. Aus den Projekten, die ihm Entwickler antragen, „wird meistens nichts“, weil Developer häufig nicht wüssten, wo welches Konzept hinpasse, welche Pachthöhe angemessen sei oder weil sie oft nur auf eine maximale Auslastung der zulässigen baulichen Nutzung aus seien. „Wir spielen den Matchmaker zwischen Pächter und Entwickler, und wenn es sein muss, bringen wir auch den Endinvestor mit.“

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