Gesundheit beginnt am Arbeitsplatz
Mitarbeiterfürsorge. Als Gesundheitsmanagerin ist Jil Rock bei Piepenbrock und der Tochtergesellschaft Deutscher Schutz- und Wachdienst (DSW) Ansprechpartnerin für 1.500 Mitarbeiter. Sie versucht, Fachpersonal zu binden, indem sie für optimale Arbeitsbedingungen sorgt. Das können im Alltag auch Kleinigkeiten sein, die direkt auf die Gesundheit des Personals einwirken.
Fast 20 Tage musste sich jeder deutsche Arbeitnehmer 2024 krankschreiben lassen. Laut Dachverband der Betriebskrankenkassen ist diese Zahl in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Zum Vergleich: 2014 waren es fast ein Viertel weniger Krankentage pro Person. Mit den Ausfalltagen steigen auch die Kosten für den Arbeitgeber, denn weil Krankenkassen erst nach sechs Wochen Arbeitsausfall für die Kosten einspringen, zahlen sie das volle Gehalt und Sozialversicherungsbeiträge weiter. Das Institut für deutsche Wirtschaft schätzt, dass sich diese Kosten branchenübergreifend und deutschlandweit allein im Jahr 2023 auf 76,7 Mrd. Euro beliefen. Nicht zuletzt bleibt bei einer Krankschreibung auch Arbeit liegen.
„Je größer ein Unternehmen, desto mehr Krankheitsfälle gibt es“, weiß Jil Rock. Sie ist als Gesundheitsmanagerin im Auftrag des Facility-Dienstleisters Piepenbrock und dessen Tochtergesellschaft Deutscher Schutz- und Wachdienst (DSW) für die Gesundheit von rund 1.500 Mitarbeitern im Sicherheitsdienst am Düsseldorfer Flughafen und im Bundestag in Berlin verantwortlich. Ihre Hauptaufgabe sieht sie in der Kommunikation. Seit ihrem Einstieg ins Unternehmen vor drei Jahren hat sie nach eigener Schätzung schon etwa mit jedem zweiten Mitarbeiter persönlich gesprochen. „Neben fachlichem Wissen sind in diesem Job auch charakterliche Züge wie Empathie und Verständnis wichtig, denn man muss eine vertrauensvolle Ebene zu den Mitarbeitern schaffen“, sagt die 34-Jährige.
In ihren Gesprächen versucht sie herauszufinden, mit welchen Mitteln oder Maßnahmen das Unternehmen die Mitarbeitergesundheit stärken kann. Oft seien das kleine Veränderungen im Alltag, die auf das Wohlbefinden einwirken. „Gerade am Flughafen bin ich saisonabhängig sehr viel draußen vor Ort“, sagt sie. Dann verschafft sie sich einen Überblick über Temperaturen am Check-in oder Sitzmöglichkeiten für Mitarbeiter in Büros. „Die Jobprofile an einem Standort wie dem Flughafen sind sehr unterschiedlich, und somit auch die Arbeitsbedingungen. Während manche viel Zeit am Schreibtisch verbringen, müssen andere viel stehen oder sind der Witterung ausgesetzt. Das Risiko ist dann anders“, fasst sie zusammen. Nur dadurch, dass alle an ihrem Einsatzort trifft, könne sie abwägen, wie hoch die Belastungen tatsächlich sind.
Feste Ansprechpartnerin bei persönlichen Themen
Durch die Rundgänge will sie außerdem Präsenz zeigen und sich als Ansprechpartnerin bekannt machen. Das sei wichtig, weil sich viele Mitarbeiter bei akuten Beschwerden nicht trauen, mit ihrem direkten Kollegen oder gar dem Vorgesetzten zu sprechen. „Ich besetze im Unternehmen zwar eine Stabsstelle, doch wenn sich jemand an mich wendet, kann es nie Konsequenzen für ihn haben, da ich nicht weisungsbefugt bin“, betont die Gesundheitsmanagerin. Zudem könne sie einen datenschutzkonformen Umgang mit sensiblen Gesundheitsdaten versichern. „Dass ich für die Mitarbeiter eine feste Ansprechpartnerin bin, hat zudem den Vorteil, dass Vertrauen langfristig gehalten werden kann“, sagt sie.
Täglich verfolgt sie zudem Krankentage und ob sich Dienstabbrüche häufen. Kommt es zu Auffälligkeiten, setzt sie ein Treffen mit dem Betroffenen an und versucht im gemeinsamen Gespräch, den Beschwerden auf den Grund zu gehen. „Dabei will ich keine Kontrollinstanz sein. Einige kommen wirklich nervös zu mir, dann muss ich ihnen erst einmal die Angst nehmen. Doch andere sind von Anfang an erleichtert und sehen es als Fürsorge und Wertschätzung von Seiten des Unternehmens“, sagt sie. Nicht zuletzt wirke dies auf die Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung ein.
Gleiches gelte, wenn sie als Expertin bei besonderen Fällen zur Verfügung steht. „Wenn jemand eine Reha oder Kur plant, helfe ich bei der Organisation“, sagt sie. Während es sich bei solchen Ausfällen für die meisten Mitarbeiter um ein einmaliges Erlebnis handelt, kann sie mit der nötigen Praxiserfahrung alle notwendigen Anlaufstellen und Vorkehrungen erklären und helfen, Termine zu finden, die für den Arbeitgeber und den Arbeitnehmer gut passen.
„Andererseits kommen auch Personen mit chronischen Krankheiten oder Leiden wie etwa nach einem Bandscheibenvorfall auf mich zu, weil sie Angst haben, längere Zeit ausfallen zu können“, berichtet sie. „Doch wenn wir von Anfang an klären, welche Vorkehrungen helfen, können wir schwerere Verläufe verhindern. Das kann etwas Einfaches wie ein höhenverstellbarer Tisch oder ein ergonomischer Stuhl sein oder eine neue Computermaus bei Problemen wie einem Karpaltunnelsyndrom“, sagt sie.
Wohlbefinden bindet Mitarbeiter
Gleiches gelte bei der Gestaltung von Wiedereingliederungen, wenn es tatsächlich einmal zu einem längeren Ausfall kommt. „Wenn Arbeitsbedingungen zum Mitarbeiter passen, kann er langfristig im Unternehmen gehalten werden. Als Arbeitgeber erspart man sich dann Nachbesetzungen, die durchaus ebenfalls mit hohen Kosten und langwierigen Recruiting-Prozessen oder Einarbeitungen verbunden sind“, sagt sie.
Deshalb appelliert Rock an alle Unternehmen, sich für die Bedürfnisse der Mitarbeiter Zeit zu nehmen, statt sie sich selbst zu überlassen. „Mitarbeitergesundheit muss im Alltag stattfinden. Arbeitgeber dürfen das Thema nicht allein ihren Angestellten überlassen.“ Einen Tipp hat sie für alle Unternehmen. „Während meines Studiums habe ich freiberuflich Gesundheitstage für Krankenkassen ausgerichtet und dabei gemerkt, dass viele dieses Angebot gar nicht kennen und nur deshalb nicht in Anspruch nehmen.“ Dabei kommen Experten für einen Tag ins Unternehmen und sprechen verschiedene Alltagsmaßnahmen an. „Dazu zählen zum Beispiel Sitzhaltung, Ernährung, Bewegung und Pausen“, erklärt Rock. Dieser Input könne aufrütteln und Ursachen für Probleme oder Handlungsbedarf erst sichtbar machen.
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