Für Chefs zählen auch die inneren Werte
Persönlichkeitsanalysen sind für Ziegert Immobilienconsulting, JLL und Rayak Immobilien wertvolle Instrumente, um Mitarbeiter und Führungskräfte gezielt nach ihren Stärken einzusetzen. Das motiviert die Mitarbeiter, bringt einen höheren Output und fährt die Fluktuationsrate nach unten.
Wer Spaß an der Arbeit hat, sorgt für eine gute Stimmung im Büro, bringt gute Ergebnisse und macht sich weniger schnell Gedanken um einen neuen Job. Um motivierte Mitarbeiter auf diese Weise ans Unternehmen zu binden, muss der Chef allerdings erst einmal wissen, was denn Spaß für jeden einzelnen Mitarbeiter bedeutet. Der Umgang mit Kunden ist für den einen ein lockerer Zeitvertreib, für den anderen der Grund schlafloser Nächte. Persönlichkeitsanalysen in der Belegschaft geben wertvolle Hinweise, wer wie tickt.
Andreas Etzel, Senior Consultant bei Ziegert Bank- und Immobilienconsulting, greift dazu gerne auf das DISG-Persönlichkeitsmodell zurück. Es ist in den 1920er bis 1930er Jahren vom Verhaltenspsychologen Dr. Carl Gustav Jung entwickelt worden und untersucht vor allem die vier Verhaltenstendenzen Dominant, Initiativ, Stetig und Gewissenhaft (zusammen ergibt das DISG). Die Fragen, die hinter DISG stecken, seien: „Wie kommuniziere ich, wie wirke ich dabei auf Menschen, die anders sind als ich, und wie möchte ich, dass jemand mit mir kommuniziert?“ Auf diese Art werde vor allem die Kommunikation innerhalb des Unternehmens und mit dem Kunden nach außen verbessert, erklärt Etzel.
Den vier Eigenschaften werden verschiedene Farben zugeordnet. „Gute Vertriebler sind häufig rot-gelb“, sagt Etzel. Sie seien vor allem dominant und initiativ, hätten eine klare Zielsetzung, legten Wert auf Effektivität, hätten keine Angst vor der Abschlussfrage, gingen auf Kunden unvoreingenommen zu und könnten gut mit ihnen kommunizieren. Kommen dann noch solche individuellen Eigenschaften dazu, dass sie Spaß daran haben, Neues zu erfahren, stets mehr Geld zu verdienen und selbstständig zu arbeiten, habe man es mit einer Wahrscheinlichkeit von 80% bis 90% mit einer Top-Besetzung zu tun. Wenn sich eine solche Person auf eine Stelle als Vertriebler bei Ziegert bewirbt, dann ist „in einem solchen Fall die Qualifikation sekundär“, sagt Etzel. „Wenn die Motivation passt, dann eignet er sich auch schnell das nötige Fachwissen an.“
Etzel nutzt die Persönlichkeitsanalysen generell gerne bei Neubesetzungen. Zwar könnte er inzwischen die Bewerber bereits anhand des Lebenslaufs, des Fotos, eines Telefonats und später an ihrer Körpersprache einschätzen, die Analyse im Nachgang zum Einstellungsgespräch lege aber noch einmal genauer die Motivation des Gegenübers offen. Macht er den Job vor allem, z.B. um Probleme zu lösen, um Geld zu verdienen, um Menschen zu helfen oder etwas Neues zu erleben?
Wenn Etzel selbst Personal anwirbt, achtet er genau auf die Persönlichkeit des Kandidaten. Schon beim Recruiting-Gespräch soll der Auserwählte Spaß haben und sich wohlfühlen. Dazu werden auch die Führungskräfte, die an dem Gespräch teilnehmen, vorab in ihrem Umgang mit dem Gast gebrieft.
Das setzt natürlich voraus, dass die Führungskraft selbst ein bestimmtes Maß an Empathie mitbringt. Um herauszufinden, inwieweit das beim Bewerber ausgeprägt ist und welche anderen individuellen Eigenschaften ein Kandidat für eine exponierte Stelle bietet, bemüht Etzel oft die Insights-Analysen des Scheelen-Instituts in Waldshut-Tiengen. „Damit arbeite ich seit zehn Jahren“, sagt Etzel. Ein Unterschied zu anderen Herangehensweisen ist u.a.: Sie betrachten das natürliche Verhalten und das Verhalten im beruflichen Umfeld getrennt voneinander.
Wenn es um Führungskräfte geht, setzt auch JLL diagnostische Verfahren ein. Izabel Danner, Head of Human Resources, schwört auf die sogenannten Big Five. Im Zentrum steht dabei das Ocean-Modell, zurückzuführen auf die fünf Faktoren Aufgeschlossenheit, Perfektionismus, Geselligkeit, Rücksichtnahme und Empathie sowie emotionale Labilität und Verletzlichkeit. „Wir setzen die Analyse bei allen Stellen ab dem Teamleiter aufwärts ein“, sagt Danner. Das sei ein Onlineverfahren und dauere nicht lange. Die Ergebnisse daraus bilden für Danner – je nach Ausgangssituation – im Bewerbungsverfahren eine Ergänzung zu dem Bild, das sie sich anschließend persönlich von dem Kandidaten macht, oder die Grundlage für ein Gespräch zu Entwicklungspotenzialen bereits tätiger Führungskräfte. Beobachtet wird darüber hinaus, wie der Befragte auf die Ergebnisse reagiert. „Wir schauen, wie souverän er mit dem Ergebnis umgeht“, sagt Danner. Daraus ließe sich für sie ablesen, wie dieser Chef mit seinen Mitarbeitern umgeht, welche Führungskultur ihn umgibt.
Die Führungskräfte wiederholen bei JLL in der Regel alle zwei bis drei Jahre den Test. Es sei möglich, dass anschließend eine Führungskraft auf die Fachebene versetzt wird, erzählt Danner. Wenn jemand Chef sei, der aber nicht über die nötigen Qualitäten verfügt, „dann ist das Quälerei für alle Seiten“, sagt sie. Grämen müsse sich derjenige dann aber nicht. „Karriere wird fälschlicherweise häufig mit Führungspositionen verbunden, die Fachebene wird dabei vernachlässigt. Dabei bieten wir auch dort Karrierechancen“, erinnert die Personalchefin.
Nicht nur bei der Besetzung neuer Stellen oder der Überprüfung bestehender Arbeitsverhältnisse kommen Persönlichkeitsanalysen zum Einsatz. Rayak Immobilien aus Düsseldorf setzt das Profiling vor allem bei der Teambildung ein. Angelina Rayak ist nach den Tests, die die Firma 4-Quadrat aus Düsseldorf nach wissenschaftlichen Maßstäben durchgeführt hat, über die Stärken und Schwächen all ihrer Mitarbeiter informiert. „Die dadurch gewonnenen wertvollen Erkenntnisse jedes einzelnen Mitarbeiters wurden noch durch das anschließende Teamprofiling vertieft und in Zusammenhang gebracht“, erklärt Rayak. „So entstand eine sehr interessante und aussagefähige Team-Matrix.“
Der sogenannte profilingvalues Report, den 4-Quadrat am Ende der Analyse herausgibt, geht zurück auf die Untersuchung des individuellen Wertesystems. Letztendlich lässt sich damit abbilden, welche Interessen und welche Fähigkeiten die befragte Person hat. Es wird also dargelegt, wie stark das Wollen ausgeprägt ist, aber auch wie stark das Können. Es werden dabei zwölf Charaktereigenschaften abgefragt, z.B. praktisches Denken, Zielorientierung, soziale Kompetenz, Verantwortung und Durchsetzung sowie strukturelle Problemlösung.
„Es ist wichtig zu betonen, dass es keine richtigen und falschen Ergebnisse gibt“, sagt Cristina Brandt-Weil, Geschäftsführerin von 4-Quadrat. Geht es um die Besetzung einer offenen Stelle, sei nur die Frage von Bedeutung, ob die Person zu diesem Posten passt, es wird nicht die Person bewertet.
Sollte der Report Ausreißer bei einer Eigenschaft offenlegen, ist das im ersten Moment weder gut noch schlecht. Für vieles gebe es eine einfache Erklärung. Die Ergebnisse dürften ohnehin nicht losgelöst von der Lebenssituation des Befragten betrachtet werden. „Deswegen spreche ich zuerst mit der Testperson über ihre Ergebnisse. Und erst dann gebe ich meine Interpretation der Resultate an meinen Auftraggeber weiter“, erklärt Brandt-Weil. Er kann dann entscheiden, ob Job und Mensch gut zusammenpassen.
Und genau darauf kommt es an – vor allem jetzt, da in der Branche akuter Fachkräftemangel herrscht. „Gerade in Zeiten der Knappheit darf man nicht auf Qualität verzichten – Führungskräfte spielen eine enorm große Rolle bei der Mitarbeitermotivation“, sagt JLL-Personalchefin Danner. Ziegert-Personalexperte Etzel macht den Erfolg der Analysen sogar an konkreten Dingen fest: Die Geschäftsergebnisse steigen deutlich an, gleichzeitig sinkt die Fluktuation, wenn die Menschen das tun, was sie können und was ihnen Freude bereitet.