Frauen gesucht
Immer mehr Unternehmen wollen ihren Frauenanteil erhöhen, und zwar nicht nur auf der Führungsebene. Jobmessen, die sich nur an Frauen richten, sollen bei der Rekrutierung helfen. Auf der women & work gab es neben Stellenangeboten und Karrieretipps auch mahnende Weckrufe für die Besucherinnen.
Eine Traube pinkfarbener Luftballons hängt an einem Fahrradkarren direkt vor dem Eingang zur women & work in Bonn. Pink ist jedoch nicht etwa die Leitfarbe der Karrieremesse für Frauen, sondern weist den Weg zu einem ausstellenden Telekommunikationsunternehmen. Die Messe findet an einem historischen Ort statt, dem ehemaligen Plenargebäude der Bundesregierung, statt. Dort, wo sich bis 1999 der Bundestag beriet, stehen nun unter den Augen des Bundesadlers Unternehmensvertreter im Rund der blauen Abgeordnetensessel. In einminütigen Kurzpräsentationen warben sie um die Besucherinnen.
In den alten Bundesländern ist noch nicht lange her, dass verheiratete Frauen nicht allein über ihre Berufstätigkeit entscheiden konnten. Erst seit 1977 dürfen sie auch ohne Erlaubnis ihres Mannes erwerbstätig sein. Heute kämpfen Frauen mit anderen Hindernissen und sind auf den höheren Karriere- und Gehaltsstufen längst nicht so häufig anzutreffen wie ihre männlichen Kollegen.
„Frauen fehlt es nicht an Führungskompetenz, sondern an Aufstiegskompetenz“, sagt Managementtrainerin Monika Henn in ihrem Vortrag. Damit Frauen Führungspositionen erreichen, müssen sie auf ihre Sichtbarkeit achten, sagt die Autorin des Buches „Die Kunst des Aufstiegs“. Frauen sollten Eigenmarketing betreiben, aktiv netzwerken und gegenüber dem Arbeitgeber ihr berufliches Fortkommen ansprechen und einfordern. Mut, Zielorientierung und Engagement gehörten genauso dazu wie ein gepflegter Business-Auftritt. „Mittleres Aussehen ist ideal“, sagt die Trainerin auf die Frage, ob Schönheit beim Aufstieg hilft. Doch für Erfolg sollten sich Frauen auch ein „aufgeräumtes“ Verhältnis zur Macht und eine gewisse Misserfolgstoleranz aneignen.
Die Frauen teilten in den Workshops ihre Tipps – nicht ihr Gejammer, und so war die Messe durch eine ungewöhnlich herzliche Atmosphäre geprägt. Es herrsche nicht so eine Ellenbogenmentalität, es gebe nicht diesen Wettbewerb, fasste es die 30 Jahre alte Besucherin Ursula Gittinger zusammen. Viele informierten sich offenbar ohne Druck und manche Teilnehmerinnen brachten ihre Babys und Partner mit. Studentinnen und Berufseinsteigerinnen stellten die größte Besuchergruppe, doch auch berufserfahrene Frauen sowie Führungskräfte (7%) und Wiedereinsteigerinnen (4%) kamen zur Messe.
Die Unternehmen präsentierten sich an ihren Ständen wie auf anderen Jobmessen auch – und bekamen dieselben Fragen gestellt. „Richtig typische Frauenfragen“ seien nicht aufgekommen, sagt Gabriele Galinsky-Gallner, Beauftragte für Chancengleichheit und Diversity bei Strabag PFS. Viele seien fachlich unheimlich gut vorbereitet an den Stand gekommen und zeigten sich hochmotiviert und ehrgeizig. „Wir führen keine oberflächlichen Gespräche“, betont Galinsky-Gallner. Es wachse eine neue Frauengeneration heran, die ihren eigenen Wert positiv darstellen kann. Das erlebe sie immer wieder in Gehaltsverhandlungen.
Die Unternehmen ihrerseits versuchen immer stärker, ihre Arbeitsplätze für Frauen mit Kindern passender zu gestalten. Aussteller ECE bietet beispielsweise ein Eltern-Kind-Büro, Home-Office-Tage und einen Kindergartenzuschuss an. Eine Gender-Diversity-Managerin erarbeitet neue Projekte. Auch Bilfinger will seinen Frauenanteil weiter erhöhen: Auf der Führungsebene stieg er von 5,2% im Jahr 2011 auf 7,4% im Jahr 2013. Deutschlandweit waren im vergangenen Jahr 29% der Beschäftigten weiblich. Zum Stand seien mehrheitlich berufserfahrene Frauen gekommen, oft mit akademischem Hintergrund, sagt Heike Schönmann, Head of HR Projects. Vor einem Foto der Kölner Skyline präsentierte sich die Stadt Köln als Arbeitgeber, u.a. mit ihren Berufsfeldern Gebäudewirtschaft und Stadtplanung. Anne Luise Müller, Leiterin des Stadtplanungsamts, hatte zwei offene Stellen im Gepäck. Eine davon sei sehr anspruchsvoll, „weil fast eine ganze Stadt betreut werden muss“.
Doch es gab nicht nur Stellenangebote und Tricks für das berufliche Fortkommen, sondern auch Warnrufe. Die Arbeitsrechtlerin Heike Kroll wies auf die Tücken von Teilzeitregelungen hin. Frauen sollten ihre Rechte kennen, auch wenn sie diese vielleicht nicht nutzen werden, lautet das Credo der Geschäftsführerin des Verbands Die Führungskräfte. Keine Karriereplanung sei ohne Zeitfenster für die Kinderphase vollständig, sagte die dreifache Mutter und ermahnte ihre Zuhörer „Es ist ihr größtes strategisches Projekt.“ Wer Kinder und Karriere will, sollte beizeiten – also mehrere Jahre zuvor – die Einstellung des Arbeitgebers prüfen. Sie betonte, wie wichtig Förderer im Unternehmen für angehende Mütter seien. Viele Teilzeit-Anträge würden Frauen aus Unwissenheit zu ihrem Nachteil stellen, doch die Personalabteilungen seien nicht ihr Advokat. Deswegen müssten Frauen selbst Verantwortung übernehmen und sich informieren.