Emil Papst: "Stellplätze sind absurd, wenn sie leer bleiben"
Mit dem Mobilitätsverhalten der Bewohner unterscheidet sich auch die Notwendigkeit von Parkplätzen in jedem Quartier. Damit sie in Zukunft keine Leerflächen bleiben, will Emil Pabst ihre Planung nicht mehr einer Quote überlassen, wie er in seiner Kolumne erklärt.
Neulich sitze ich in einer Veranstaltung zum Thema Stellplätze. Im Raum sind Projektentwickler:innen, Bauträger, Architekt:innen. Drei kurze Inputs, drei Perspektiven – und danach eine Diskussion, die es in sich hat. Schnell wird klar: Stellplätze sind für viele nicht einfach nur eine Zahl in der Bauplanung, sondern bereiten echtes Kopfzerbrechen. Einerseits höre ich den Wunsch, Mobilität im Kontext von Immobilien endlich ganzheitlich zu denken – nicht nur auf Pkw-Stellplätze reduziert. Andererseits stoßen alle auf dieselbe Wand: starre Stellplatzsatzungen. Forderungen, die schon heute nicht passen und in fünf bis zehn Jahren – also bei Fertigstellung – noch absurder wirken. Fortschritt? Ausgebremst durch Paragrafen.
Ein Satz aus der Runde hat sich mir eingebrannt: „Jedes Projekt ist individuell. Warum sind Stellplatzanforderungen dann für alle gleich?“ Gute Frage. Warum schreiben wir 1,0 oder 1,5 Stellplätze pro Wohnung vor, wenn in manchen Quartieren nur ein Drittel der Haushalte überhaupt ein Auto besitzt? Warum bauen wir Tiefgaragen, die am Ende halb leer stehen und deren Bau Unmengen an klimaschädlichem Beton benötigt?
Mein Team und ich durften in den letzten Jahren viele Projekte begleiten, bei denen wir gemeinsam mit dem Projektentwickler und der Stadt den Bedarf individuell betrachtet haben, und zwar nicht starr nach Quote, sondern basierend auf echten Daten zum Mobilitätsverhalten und mit Blick auf Alternativen wie Carsharing, sichere Fahrradabstellanlagen oder gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Immer wieder zeigt sich: Mit Offenheit, Mut und konstruktiven Gesprächen entstehen Lösungen, die weniger Stellplätze brauchen und den Menschen trotzdem mehr Mobilität bieten. Genau solche Projekte sind für uns der Beweis, dass es geht, wenn man sich traut.
Das zeigt auch: Wenn Kommunen bereit sind, über den Tellerrand der Satzung hinauszusehen, lassen sich gemeinsam Lösungen entwickeln, die auf den Standort und die Zielgruppe zugeschnitten sind. Ja, viele Städte flexibilisieren inzwischen ihre Satzungen. Aber in der Praxis wird oft weiter nach Schema F gerechnet. Einfach, weil es bequemer ist. Mein Wunsch: Mehr partnerschaftliche Planung. Weniger „so steht’s in der Satzung“, dafür mehr „wie lebt und bewegt sich die Zielgruppe dieses Quartiers?“. Denn Stellplätze sind kein Selbstzweck. Sie sind teuer, flächen- und CO2-intensiv und oft schlicht überflüssig.
Wer den Wohnungsbau voranbringen will, muss Mobilität ganzheitlich denken. Nicht: „Wie viele Autos passen rein?“, sondern: „Wie ermöglichen wir Mobilität, die zu den Menschen passt? Heute und auch morgen!“
Emil Pabst, Jahrgang 1994, ist Geschäftsleiter und Prokurist bei Veomo, einer Gesellschaft, die Mobilitätskonzepte für Projektentwicklungen und den Bestand entwickelt. Er wurde im März 2025 mit dem MAT-Award ausgezeichnet und im November mit dem Young Leader Award des Urban Land Instituts (ULI).
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