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Die Luft wird dünner für René Benko

Die Finanzprokuratur der Republik Österreich, die rechtliche Vertreterin des österreichischen Staates, hat der Zeitung Standard zufolge einen Insolvenzantrag gegen den Signa-Gründer René Benko persönlich gestellt. Ärger droht Benko offenbar auch von den Gesellschaftern der Signa Holding und der großen Immobiliengesellschaften Signa Prime und Signa Development: Viele von ihnen prüfen wohl Klageoptionen.

Harald Thomeczek
01. Februar 2024
Quelle: Imago, Urheber: GEPA pictures

Für den Insolvenzantrag der Finanzprokuratur gegen Benko soll es zwei Gründe geben: Laut der Wirtschaftszeitung Der Standard soll Benko dem Finanzamt noch Geld schulden, und außerdem habe Benko möglicherweise noch nicht die vollen 3 Mio. Euro überwiesen, die er dem Insolvenzverwalter der Holding zur Finanzierung des Insolvenzverfahrens zugesagt hatte. Der Insolvenzantrag liege bei den zuständigen Insolvenzrichtern in Innsbruck.

Birgit Fink, Richterin am Landesgericht Innsbruck, möchte den Bericht des Standard gegenüber der Immobilien Zeitung weder bestätigen noch dementieren. Sie darf erst über Insolvenzanträge sprechen, wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet ist und in der Insolvenzdatei veröffentlicht wird. Das kann aber ein bis zwei Monate dauern. Bevor es so weit ist, „muss der behauptete Insovenzschuldner seine Vermögenslage erklären, damit der Verdacht einer behaupteten Zahlungsunfähigkeit vom Tisch ist oder nicht. Auf dieser Basis entscheidet das Insolvenzgericht, ob er wirklich zahlungsunfähig ist oder nicht“, erklärt Fink. Kann der Schuldner zahlen, weisen die Insolvenzrichter den Antrag ab.

Ob Benko nicht zahlen kann oder nur nicht will, ist nicht klar: Laut Standard spielen hier „rechtliche Überlegungen“ hinein. Von drei Tranchen, in denen er die 3 Mio. Euro für das Sanierungsverfahren der Holding einschießen wollte, sollen zwei schon geflossen sein, allerdings teils „von dritter Seite“, wie sich dem jüngsten Zwischenbericht des Insolvenzverwalters Christof Stapf von Anfang dieser Woche entnehmen lasse. Ob auch die dritte, „für diese Woche“ terminierte Tranche schon an Stapf überwiesen wurde, sei nicht bekannt. Was die offenen Steuerforderungen des Finanzamts angeht, sollen Benkos Steuerberater dem Standard zufolge einen Stundungsantrag gestellt haben.

„Praktisch alle Gesellschafter lassen sich in puncto Schadenersatz oder Strafrecht beraten“

Ungemach steht Benko auch seitens der Aktionäre und Miteigentümer der Holding und der beiden ebenfalls insolventen Immobiliengesellschaften Signa Prime und Signa Development ins Haus. Von ihnen prüfen offenbar nicht wenige Möglichkeiten, den Klageweg gegen ihn zu beschreiten. „Praktisch alle Gesellschafter auf allen Ebenen – Signa Holding, Signa Prime und Signa Development usw. – lassen sich gerade in vielen Richtungen juristisch beraten: allen voran in puncto Schadenersatz und Strafrecht“, sagt jemand aus dem Umfeld eines Gesellschafters, der anonym bleiben möchte. „Und alle fragen sich, warum die Staatsanwaltschaft nicht schon lange am Werk ist.“ Ein Insider bestätigt: „Einige Aktionäre prüfen, ob sie klagen, aber sie müssen halt aufpassen, da sie zum Teil selbst in den Aufsichtsgremien vertreten waren.“ Die aufgebrachten Gesellschafter werfen Benko etwa eine faktische Geschäftsführerschaft vor, und auch die Bilanzen der verschiedenen Signa-Gesellschaften bis hin zu den Immobilienbewertungen sind Anlass für viele kritische Fragen.

Abgeordnete stellt 41 heikle Fragen zu Signa
Stephanie Krisper, Abgeordnete im österreichischen Nationalrat, hat 41 Fragen zum Fall Signa an Alma Zadić, Justizministerin des Alpenlandes, gerichtet. Sie will etwa wissen, ob wegen Insolvenzverschleppung ermittelt wird, und äußert Kritik an Wirtschaftsprüfern, die „ihrer gesetzlich bestehenden Verantwortung“ nicht nachgekommen seien. Auch die Frage, ob René Benko als sogenannter faktischer Geschäftsführer agierte, treibt sie um. Unterdessen hat die Republik Österreich Medienberichten zufolge einen Insolvenzantrag gegen Benko persönlich gestellt.

Seit Benko vor über zehn Jahren in einem Korruptionsverfahren rechtskräftig zu einer Bewährungsstrafe von zwölf Monaten verurteilt wurde, bekleidet der Gründer bei der Signa-Gruppe kein operatives Amt mehr, weder als Geschäftsführer noch als Vorstandsmitglied. Benko soll Insidern zufolge dennoch im Hintergrund immer die Strippen gezogen und praktisch die gesamte Kommunikation in Richtung der Anteilseigner geführt haben. Er habe Sitzungen mit Geselleschaftern geleitet, und ohne ihn seien weder Beschlüsse getroffen noch Verträge abgeschlossen worden sein, heißt es hinter vorgehaltener Hand in Gesellschafterkreisen. Benko soll sich mitunter noch nicht einmal die Mühe gemacht, bei Gesellschafterbeschlüssen, die er auf elektronischem Wege verschickte, die operativ Verantwortlichen in cc zu setzen. Er sei zudem fast der Einzige gewesen – bis auf Manuel Pirolt, Vorstandsmitglied von Signa Prime und Signa Development –, der den vollen Überblick über sein Firmengeflecht besaß.

Für Unmut sorgen zudem die Bilanzen. „Die Zahlen, die René Benko uns persönlich präsentierte, stimmten nicht mit den offiziellen Zahlen überein“, sagte jemand aus dem Kreise eines Gesellschafters. „Das ist das Wiedeking-Phänomen.“ Der Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking begründete seinen Ausstieg aus der Signa Holding im Handelsblatt vor Kurzem so: „Ich bin 2016 bei Signa als Aktionär ausgeschieden, weil die Zahlen, die mir vorgelegt wurden, nicht mit dem übereinstimmten, was uns Benko in den Sitzungen vorgetragen hat.“

Im vergangenen Sommer flossen der Holding von Gesellschaftern noch 350 Mio. Euro zu. Geworben hatte Benko um 500 Mio. Euro, doch nicht jeder Anteiseigner wollte oder konnte mitziehen. Die Verwunderung unter den Gesellschaftern soll im Nachhinein groß gewesen sein, dass beim Abschluss der Kapitalerhöhung Anfang Juli 2023 nicht im Entfernsten von drohender Zahlungsunfähigkeit oder dergleichen die Rede war – denn keine fünf Monate später meldete die Holding Insolvenz an: „Da muss die wirtschaftliche Situation doch sicher schon eine deutlich andere gewesen, als die Wirtschaftsprüfer in ihrem Bestätigungsvermerk zum 31. Dezember 2022 festgestellt hatten“, sagt ein Gesellschaftervertreter.

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