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Die Baubranche ringt um Fachkräfte

Neben Zuversicht fehlen der Baubranche vor allem Arbeits- und Fachkräfte. Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie, und Carsten Burckhardt, Mitglied des Bundesvorstands IG Bau, setzen auf Nachwuchsförderung und bessere Arbeitsbedingungen.

Marius Katzmann
14. März 2024
Quelle: Imago, Urheber: Shotshop

Auf dem Bau herrscht ein Paradoxon – zumindest auf den ersten Blick. Einerseits bescheinigt der Rics Global Construction Monitor, dass das größte Problem für die Bautätigkeit hierzulande der Mangel an Arbeits- und Fachkräften ist. Andererseits gehen Entwickler in die Insolvenz und Projekte werden gestoppt, was eigentlich keinen gesteigerten Personalbedarf erwarten lässt. „Man muss schon genau aufpassen, dass man die Branche nicht schlechter redet, als sie ist. Dann verliert man gute Menschen an andere Industrien. Das ist eine Abwanderungsbewegung, die wir schon sehr deutlich wahrnehmen“, mahnt angesichts dieser Gemengelage Carsten Burckhardt, Mitglied des Bundesvorstands der Gewerkschaft IG Bau.

„Branche nicht schlechter reden, als sie ist“

Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie (HDB), schlägt mit dem Hinweis auf Wachstumsprognosen für den Wirtschaftsbau 2024 und ein leicht erhöhtes Baugeschäft im öffentlichen Hochbau in die gleiche Kerbe. „Natürlich, der Wohnungsbau, aber auch der gewerbliche Hochbau schwächeln stark. Da gehen wir von zweistelligen Negativwerten aus“, räumt Müller ein. Nicht hinreichend statistisch erfasst würden dagegen laut Burckhardt der Innen- und Ausbau im Bestand, wie etwa aufgrund der Vorgaben der Energiewende.

In den nächsten Jahren rechne der HDB damit, dass sich auch im Wohnungsbau der Auftragseingang stabilisiert. Müller warnt, dass heute verlorene Fachkräfte auf Jahre nicht zurückkämen. „Auch trotz des schwachen Wohnungsbaus haben wir einen hohen Fachkräftebedarf.“ Engpässe in der Stellenbesetzung herrschten etwa in der Bauaufsicht und Bauplanung, im Baunahgewerbe wie bei den Bauklempnern sowie in der Heiz- und Klimatechnik und Bauelektrik.

Gewerkschafter Burckhardt kann die Liste fortsetzen. Viele unbesetzte Stellen gebe es bei den Dachdeckern und im Gerüstbau. So muss auch der Abschwung auf dem Bau mit den wirtschaftlichen Problemen einzelner Unternehmen keine vollkommene Katastrophe für die Arbeitskräfte bedeuten. Niemand, der etwa Hochbau-, Ausbau-, Tiefbaufacharbeiter oder Dachdecker sei, werde erwerbslos werden, wenn er denn einen anderen Job suche. „Denn wir haben einen riesigen Fachkräftebedarf in allen gewerblichen Bereichen. Wenn ein Betrieb in Insolvenz gehen sollte, gibt es schnell einen Anschluss in andere Bereiche.“ Zudem hilft die demografische Entwicklung den Arbeitnehmern. Zahlen des HDB zeigen schon jetzt eine Lücke zwischen Ausbildungsverhältnissen und Rentenabgängen. In fünf bis sieben Jahren würden die Babyboomer in Rente gehen, unterstreicht Burckhardt. Dann verbessern sich die Jobaussichten der Arbeitnehmer weiter.

Arbeitgeber versuchen dem Mangel entgegenzusteuern. „Als Verband haben wir große Nachwuchskampagnen gestartet. Dabei würden wir uns auch Unterstützung durch die Bundesregierung wünschen, ähnlich, wie es das in der Vergangenheit schon für Pflegekräfte gegeben hat“, sagt Müller. Zudem stärke der HDB in Zusammenarbeit mit ingenieurwissenschaftlichen Fakultäten den Praxisbezug im Studium. Früh setzt auch die IG Bau mit dem sozialpartnerschaftlichen Modell Berufsstart Bau an. Dieses ermögliche jungen Menschen, ein Jahr in die Branche hineinzuschnuppern, skizziert Burckhardt das Konzept. „Wir haben auch Modelle wie im Gerüstbauerhandwerk, wo Menschen, die zu uns kommen, über eine Teilqualifizierung Gerüstbau-Monteur, Montageleiter oder Kolonnenführer werden können“, stellt Burckhardt das Programm für ausländische, aber auch inländische Arbeitskräfte vor.

Doch müssen junge Menschen nicht nur für den Bau begeistert werden. Eine weitere Herausforderung sei es, sie auch langfristig zu halten. „Gerade den zwischen 20 und 40 Jahre alten Beschäftigten müssen Perspektiven aufgezeigt werden.“ Die Bezahlung und Arbeitszeit seien ganz entscheidend für die Attraktivität der Berufsbilder, sagt Burckhardt. In diesem Altersbereich, in der Zeit der Familiengründung, verließen viele Arbeitnehmer die Bauwirtschaft. Zu dem Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie hebt Müller Konzepte hervor, in denen sich etwa zwei Bauleiter:innen eine Baustelle teilen könnten.

Luft nach oben gibt es zudem beim Thema Frauen am Bau. Alle gewerblichen Bereiche seien vom niedrigen Frauenanteil betroffen, bestätigt Burkhardt. Müller sieht jedoch Fortschritte. So sei etwa der Frauenanteil in den Ingenieurstudiengängen kontinuierlich gestiegen. Außerdem entstünden immer mehr unternehmensinterne Frauennetzwerke, und der HDB unterstütze das mit dem Frauennetzwerk Bau.

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