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Der erste Job soll viel Geld bringen

Mit dem Abschluss in der Tasche fühlen sich Nachwuchskräfte bereit für den Berufseinstieg in die Immobilienwirtschaft. Wer seinen Wert noch nicht kennt, geht beim ersten Gehaltswunsch deshalb gerne aufs Ganze. Doch die Realität sieht anders aus.

Janina Stadel
12. September 2024
Quelle: stock.adobe.com, Urheber: Sergey Nivens

Von der passenden Aufgabe über den Standort bis zur Unternehmensgröße haben Absolventen aus Studienfächern mit immobilienwirtschaftlichem Bezug genaue Vorstellungen davon, wie ihr Berufseinstieg aussehen soll. Ganz oben auf der Prioritätenliste bleibt jedoch als zentrales Thema das Geld. 87% der mehr als 500 Teilnehmenden der diesjährigen Arbeitsmarktumfrage der Immobilien Zeitung (IZ) stufen die Höhe des Gehalts als wichtig oder sogar sehr wichtig bei der Wahl ihres ersten Jobs und somit ihres ersten Arbeitgebers ein.

„Zwischen 45.000 Euro und 75.000 Euro ist alles möglich“, fasst Dario Markoc die Vorstellungen der Berufsanfänger zusammen. Er hat vor zweieinhalb Jahren das Nachwuchsnetzwerk Future of Real Estate (Fore) gegründet und wird seit seinem eigenen Berufseinstieg häufig von jungen Mitgliedern gefragt, welche Gehälter für sie realistisch sein könnten. „Im Netzwerk ist das ein großes Thema. Schon wer ein erstes Praktikum antritt, tauscht sich mit anderen in vertrauter Runde darüber aus, welches Unternehmen den Studenten wie viel zahlt“, sagt er. Einen Branchenvertreter, der schon fest im Berufsleben steht, nach seinem Einkommen zu fragen, sei aber ein No-Go, findet Markoc. „Das Gehalt ist eine sehr private Sache, und ganz abgesehen davon auch etwas sehr Individuelles. Dadurch sind Vergleiche mit anderen kaum möglich – auch dann, wenn sie eine Stelle in der gleichen Position besetzen.“ Durch Gespräche könne höchstens ein Gespür für mögliche Gehaltsspannen entwickelt werden. Die Schwierigkeit bleibe es aber, sich selbst darin einzuordnen.

Genau dafür fehle es vielen Nachwuchskräften ohne vorherige Berufserfahrung jedoch an der notwendigen Orientierung. „Es werden häufig Wunschgehälter untereinander verglichen, um zu sehen, wer bei einer Angabe in einer Bewerbung bisher wie weit gegangen ist“, erzählt Markoc. Dabei ginge es den jungen Talenten nicht unbedingt darum, mit ihren Vorstellungen zu prahlen oder sich „gegenseitig hochzupushen“, sondern darum, Vergleichswerte zu finden.

Der Nachwuchs will mehr als noch vor fünf Jahren

Kommt in einem Bewerbungsverfahren die Frage nach dem Wunschgehalt auf, reizen viele Anfänger die Möglichkeiten aber aus. Für sie ist klar: Ein hohes Gehalt zeigt Anerkennung durch den Arbeitgeber. Fallen die Gehälter niedrig aus, sinkt also der Ruf des Unternehmens bei den jungen Kräften.

Die Vorstellungen von einem fairen Einstiegslohn sind dabei in den vergangenen Jahren ungeachtet der wirtschaftlichen Veränderungen gestiegen. Gaben sich die Bewerber vor fünf Jahren noch mit 46.826 Euro im Mittel zufrieden, lag das Durchschnittswunschgehalt der Teilnehmenden der diesjährigen Arbeitsmarktumfrage bei 56.158 Euro. Lediglich während des ersten Corona-Lockdowns gingen die Vorstellungen der damaligen Berufseinsteiger leicht zurück. (Sehen Sie dazu auch die Grafik „Die Wunschgehälter der Absolventen steigen weiter“).

Doreen von Bodecker, Geschäftsführerin der Personalberatung Cobalt, führt diese Entwicklung auf die Inflation in den zurückliegenden Jahren zurück. Ihr und ihrem Team falle immer wieder auf, dass Nachwuchskräfte bei der Festlegung ihres Wunschgehalts zunächst von den eigenen Bedürfnissen ausgehen. „Sie rechnen die Miete für die erste eigene Wohnung in guter Metropollage ein, die Kosten für ein Auto, Urlaube und andere Wünsche für den eigenen Lebensstandard. Und all das ist teurer geworden, genauso wie der tägliche Einkauf im Supermarkt“, erklärt die Personalexpertin, warum die Ansprüche unabhängig von der Wirtschaftssituation steigen.

Dabei sind es nicht nur Berufseinsteiger in der Immobilienwirtschaft, deren Ansprüche seit Ende der Pandemie gestiegen sind. Laut dem Arbeitsmarktbarometer der Manpower Group sehen 32% aller deutschen Unternehmen eine Herausforderung darin, dass die Erwartungen an die Vergütung bei Arbeitnehmern mit weniger als zehn Jahren Berufserfahrung gestiegen sind.

Oft ziehen Nachwuchskräfte Stundenlöhne aus Studentenjobs als Basis heran, so von Bodecker. „Zwar arbeiten sie in dieser Zeit in der Regel nur wenige Stunden pro Woche, doch die werden oft sehr gut bezahlt.“ Sie mit einem Aufschlag für das Studium auf ein Monatsgehalt hochzurechnen, gehe nicht auf. Ebenso wenig sollten sich Absolventen nur auf Aussagen von Professoren und Dozenten verlassen. Diese wollen während des Studiums mit der Aussicht auf hohe Summen motivieren. Doch bei den Möglichkeiten, die im Hörsaal genannt werden, handelt es sich oft nicht um reine Einstiegsgehälter. Vorsicht geboten sei auch bei Durchschnittsangaben zu Jobtiteln auf Online-Jobbörsen. „Dort werden Gehälter von Mitarbeitern mit unterschiedlicher Berufserfahrung zusammengefasst“, warnt von Bodecker.

Die höchsten Gehaltsvorstellungen haben Masterabsolventen (sehen Sie dazu auch die Grafik „Masterabsolventen verlangen mehr Gehalt als Bachelorabgänger, Männer mehr als Frauen“). Ihnen schweben im Schnitt 58.438 Euro für die ersten zwölf Monate vor. Bachelor verlangen mit 54.119 Euro etwa 4.000 Euro weniger im ersten Berufsjahr. Doch außerhalb von kommunalen Unternehmen, die nach Tarifverträgen zahlen, sieht von Bodecker den genauen Abschlusstitel nicht als ausschlaggebendes Argument für die Höhe des Gehalts. „Gerade bei Einstiegspositionen haben sowohl Bachelor- als auch Masterabsolventen die gleiche Ausgangsposition in den Gehaltsverhandlungen“, sagt sie.

Die Wünsche unterscheiden sich je nach Sparte

Unabhängig vom Abschluss verlangen junge Männer mit 58.000 Euro im Mittel mehr als junge Frauen. Letztere geben sich im Schnitt mit 53.750 Euro beim Berufseinstieg zufrieden. Mit die höchsten Gehälter rechnen sich die Absolventen im Investment- und im Fondsmanagement aus (sehen Sie dazu auch die Grafik „Gehaltswünsche beim Berufseinstieg liegen meist über der Realität“). Dort wünschen sie sich fast 59.000 Euro. Fast genauso viel (rund 58.000) erhofft sich der Nachwuchs von einem Brancheneinstieg als Asset-Manager. Die niedrigsten Einstiegsgehälter werden im Property-Management und als Makler erwartet. Unter 50.000 Euro sinkt der Schnitt aber auch bei diesen nicht.

Dass diese Summen kaum der Realität entsprechen, zeigt eine Studie von Cobalt. Die Personalberater haben sich mehr als 1.000 Gehaltsangaben von Branchenprofis anvertrauen lassen. Im Schnitt kamen Berufsanfänger im Fondsmanagement auf 48.000 Euro. Ähnliche Abweichungen zwischen Wunsch und Wirklichkeit ergaben sich im Asset-Management, wo die Wünsche rund 11.000 Euro über dem Durchschnittsgehalt von 47.000 Euro lagen, und in der Projektentwicklung, wo die Differenz satte 32% betrug.

Von Bodecker hofft, dass die EU-Richtlinie des Entgelttransparenzgesetzes mehr Orientierung bringen wird. Sie tritt im Juni 2026 in Kraft und gibt vor, dass bei Stellenausschreibungen ein Durchschnittsgehalt angegeben werden muss, das das Unternehmen für die Stelle und die Hierarchieebene zahlt. Bisher sehen die meisten Arbeitgeber davon ab. Nicht zuletzt, weil sie eine Vergleichbarkeit zwischen den Unternehmen vermeiden wollen, aber auch um zu verhindern, dass sich bestehende Mitarbeiter gegenüber Neuanwerbungen benachteiligt fühlen.

Juniorpositionen sind besonders beliebt

Als häufigstes Argument zur Rechtfertigung ihres Gehaltswunschs nannten die Studenten in der IZ-Arbeitsmarktumfrage ihre „spezialisierte Ausbildung“. Sie sehen sich damit gerüstet für den direkten Einstieg in den Job. Nur zwölf von mehr als 500 Teilnehmern würden gerne ein zusätzliches Studium anhängen, Orientierung in einem Traineeprogramm wünscht sich nicht einmal jeder Fünfte (96). Stattdessen planen mehr als zwei Drittel der Absolventen (364) einen Direkteinstieg in eine Juniorposition.

Eine feste Zusage für eine Stelle hatten zum Zeitpunkt der Umfrage nur 56 Teilnehmer. Die meisten von ihnen haben dafür Vereinbarungen zur Übernahme bei einem Arbeitgeber aus einem Praktikum oder einer Werkstudentenstelle getroffen. Doch nicht nur sie blicken dem Start ins Berufsleben optimistisch entgegen. Rund drei Viertel aller Befragten schätzten die Chancen, direkt nach dem Studium in eine Festanstellung übergehen zu können, als gut oder sehr gut ein. Einer der Hauptgründe für diese Einschätzung war dabei der Fachkräftemangel, von dem sie sich wenig Konkurrenz und viele offene Positionen erhoffen.

Von Bodecker differenziert: „Nachwuchspersonal wird grundsätzlich immer gebraucht. Aber nicht an jeder Front.“ Ob der Antritt direkt nach dem Studium zu den Konditionen der Bewerber möglich ist, hängt also von der genauen Zielrichtung ab. „Mit Blick auf Nachwuchskräfte werden immer noch viele Talente im Property-Management, im Feld Bauen im Bestand, im Facility-Management und ebenso ungemindert in klassischen Finanzfunktionen gesucht“, erklärt von Bodecker. Schwerer haben es Einsteiger in den Feldern Transaktionen, Projektentwicklung und Ingenieure für Neubau. „Es wird wenig investiert, also brauchen diese Sparten weniger Nachwuchs. Stattdessen sind hier eher erfahrene Experten gesucht.“

Personalberater Frank Groß von Immopersonal Consulting meint: „Eigentlich ist ein Berufseinstieg eine weitere Ausbildung, die die Realität nahebringt.“ Er betont, dass vor allem das Übernehmen von Verantwortung erst noch erlernt werden muss. Wer unmittelbar nach dem Abschluss für eine konkrete Aufgabe eingesetzt werden will, müsse sich im Klaren darüber sein, dass die Arbeitgeber bei den Gehaltsverhandlungen ganz genau hinschauen. Faktoren, die über das Gehalt entscheiden, sind in der Regel der Schul- und Hochschulabschluss, Noten und praktische Erfahrung. Dabei legen die Arbeitgeber aber weniger Augenmerk auf absolvierte Praktika, sondern achten darauf, dass die Erfahrungen zur Stelle passen. „Natürlich steht auch die Persönlichkeit im Vordergrund und die Motivation, etwas Neues, Praktisches mit Verantwortung zu lernen“, sagt Groß.

Benefits haben auch ihren Wert

Der Personalexperte weiß: Die Möglichkeit, ein Wunschgehalt anzugeben, bedeutet nicht unbedingt, dass jedes Unternehmen auch bereit ist, alles zu zahlen. Eine zu niedrige Angabe würde allerdings auch nur selten ausgenutzt. „Die Unternehmen wollen ja gar nicht zu einem niedrigen Gehalt gewinnen, sondern sie möchten einen guten Bewerber zu einem guten Startgehalt einstellen, mit dem beide Seiten zufrieden sind“, erklärt er.

Überzeugen kann laut Groß, wer sein Wunschgehalt erklären kann. Dafür empfiehlt er einen Blick in den Lebenslauf, einen CV-Check: „Wer mit einer abgeschlossenen Ausbildung oder gar einem Studium startet, der kann sich dafür schon mal einen Grundwert von 36.000 Euro zuschreiben“, sagt er. Für weitere Qualifikationen könne jeder Bewerber noch einmal draufschlagen. „So um die 2.500 Euro pro Asset sind realistisch“, sagt Groß. In einer Beispielrechnung kommt er auf ein Einstiegsgehalt für einen Hochschulabsolventen mit Wirtschaftsabitur, Praktika und guten Noten in Höhe von 43.000 bis 46.000 Euro. Das deckt sich mit den Gehältern aus der Cobalt-Studie.

Das Cobalt-Team weiß, dass bei vielen Gesprächen mit jungen Talenten zunächst Enttäuschung herrscht, wenn sie bemerken, dass ein realistisches Gehalt unter ihren Wünschen liegt. Wenn ein Arbeitgeber verdeutlicht, was er außer dem bloßen Gehaltsscheck noch zu bieten hat – etwa Benefits wie Zuschüsse zu Fahrkarten, Fitnessstudios oder Vergünstigungen bei Partnerunternehmen –, wird vielen Bewerbern klar, dass dies als Teil der Bezahlung einzuordnen ist. „Auch kleine Boni können schon zum Start der Karriere gute Anreize für Nachwuchskräfte sein“, ordnet von Bodecker ein.

Dass es beim Einstiegsgehalt nicht bis zur Rente bleibt, wissen auch die Absolventen aus der Arbeitsmarktumfrage. 91% gaben an, dass ihnen Weiterentwicklungsmöglichkeiten wichtig bis sehr wichtig sind – das sind ebenso viele wie die, die ihren Fokus aufs Geld setzen. Nach zwei bis drei Jahren hoffen sie auf einen ersten Gehaltssprung. Wenn die Lernkurve bis dahin stimmt, ist ein Anstieg um bis zu 10% den Experten zufolge durchaus realistisch.

Die Arbeitsmarktumfrage der IZ

Die Immobilien Zeitung (IZ) befragt jährlich Student:innen, die kurz vor ihrem Abschluss in einem Fach mit immobilienwirtschaftlichem Bezug stehen, zu ihren Wünschen und Vorstellungen beim Arbeitseinstieg. In diesem Jahr haben insgesamt 516 Nachwuchskräfte an der Umfrage teilgenommen. Zu ihren Wunschgehältern äußerten sich 501 Teilnehmende. In weiteren Fragen konnten die Student:innen angeben, für welches Unternehmen sie gerne arbeiten würden. Aus den Ergebnissen hat die IZ das Top-Arbeitgeber-Ranking erstellt, dass im Juli in der Ausgabe IZ 28/2024 erschienen ist und online über diesen Link abgerufen werden kann.

Janina Stadel

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