Den Jungen ist die Branche zu spießig
Fachkräftemangel. Ein strenger Dresscode, seniorige Führungskräfte und veraltete Technik schrecken junge Bewerber ab. Sie entscheiden sich immer seltener für einen Berufseinstieg im Property-Management. Arbeitgeber, die den Druck des Personalmangels auf ihre Mitarbeiter übertragen, laufen Gefahr, diese an junge Proptech-Unternehmen zu verlieren.

Zwei Kündigungen von Nachwuchskräften hatte Thomas Junkersfeld, Geschäftsführer von B&L Property Management, Anfang des Jahres innerhalb eines Monats auf dem Schreibtisch liegen. Und schon im vergangenen Jahr war die Nachbesetzung von Stellen im Unternehmen schwierig. „Wir hatten fünf Bewerber, die bereits ihre Arbeitsverträge unterschrieben hatten, aber ihre Stellen gar nicht angetreten sind“, berichtet er. Auf Nachfrage, warum gerade junge Brancheneinsteiger sich kurz nach Karriereantritt doch gegen eine feste Stelle im Property-Management entscheiden, oder die Immobilienbranche sogar wieder verlassen, hörte er zuletzt immer wieder, die Branche sei ihnen zu konservativ.
Moderne IT-Tools locken ins Property-Management
Diese Klagen kennt auch Personalberaterin und Cobalt-Geschäftsführerin Doreen von Bodecker. „Eigentümergeführte Unternehmen prägen das deutsche Property-Management. 20% der Führungsebene ist älter als 60 Jahre. Damit geht auch ein leicht angestaubtes Image einher, das häufig von der Generation der Unternehmensgründer ausgestrahlt wird, die oft noch in alten Strukturen verhaftet und zu wenig offen für Neuerungen sind“, sagt sie.
Ähnliche Erfahrungen hat Carolin Brandt bei HIH Real Estate in den vergangenen Jahren gemacht. „Die Branche ist konservativ – sowohl in ihrem Erscheinungsbild als auch in ihrer Entwicklung. Bis der strenge Dresscode aufgelockert und Homeoffice eingeführt wurde, hat es länger gebraucht als in anderen Branchen“, sagt sie. Andererseits schrecke das aber Interessenten, vor allem Abiturienten, nicht unbedingt ab. Sie seien durchaus interessiert an einem Brancheneinstieg, jedoch nicht in jede Sparte. So habe sie im Asset-Management nach einigen Jahren des Bewerbermangels wieder zunehmendes Interesse am Tätigkeitsfeld wahrgenommen. Das führt sie auf die Ausbildungen und Neustrukturierungen von Traineeprogrammen in vielen Unternehmen zurück. Doch weil die Branche ihre Ausbildungen in den letzten 15 Jahren zunehmend professionalisiert und spezialisiert hat, beobachtet sie – wie viele andere Personalverantwortlichen in der Branche –, dass sich Studenten immer öfter direkt auf einen finalen Zweig festlegen und manche Felder so erst gar nicht kennenlernen. Darunter leide das technische Property-Management in besonderem Maße. „Was hier unattraktiv erscheint, ist die reine Verwaltungsarbeit. Die Gestaltungsmöglichkeit dieser Managementposition wird von vielen als zu gering eingeschätzt. Das wird mit purer Langeweile verbunden.“
Marc Mockwitz, geschäftsführender Gesellschafter von Cloudbrixx, plädiert in diesem Zusammenhang dafür, die Digitalisierung voranzutreiben, um administrative Arbeiten zu vereinfachen und mehr Zeit für interessante inhaltliche Arbeit zu ermöglichen. „Wir müssen die Leute wieder begeistern für die Vielfältigkeit der Branche. Einen Immobilienbestand zu transformieren und jeden Schritt begleiten zu können, ist faszinierend. Das sollten wir künftig stärker in den Vordergrund stellen, wenn wir um Mitarbeitende werben.“
Die Proptech-Szene ziehe etwa durch das Hervorheben ihrer technischen Arbeit potenzielle Mitarbeiter auf ihre Seite. „Auch in der Proptech-Branche haben alle das gleiche Problem: Sie brauchen gutes Personal, um ihre Produkte weiterentwickeln und skalieren zu können. Gerade im Kunden- und Beratungsservice konkurrieren die Proptechs deshalb mit den anderen Unternehmen, die Property-Manager suchen“, erklärt er. Ihr Vorteil sei, dass innovative IT-Tools die Bewerber zwischen 20 und 40 Jahren oft ansprechen, sodass sie sich für ein junges Unternehmen als Arbeitgeber entscheiden.
Neben der Ausstattung am Arbeitsplatz – die sowohl Hardware als auch Software betrifft – sieht Junkersfeld noch einen weiteren Punkt, den Arbeitgeber beachten müssen, wenn sie in den kommenden Jahren ihren Nachwuchs aufstocken wollen. „Als Erfolgsfaktoren für die Zukunft sind Empathie und vor allem gute Führung wichtig. Und um Mitarbeiter langfristig halten zu können, wird ein wertschätzender Umgang immer wichtiger“, sagt er. Auch vonseiten HIH aus warnt Brandt: Durch den Personalmangel können Aufgaben mitunter nicht so erledigt werden, wie sie erledigt werden sollten. Wer hier eine große Belastung bei seinen Mitarbeitern wahrnimmt, dürfe den Leistungsdruck nicht auf sie übertragen. „Nur durch diese Form von Empathie kann man der Fluktuation im Personalstamm dauerhaft entgegenwirken.“