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Chefs bringen Mitarbeiter daheim ins Schwitzen

Die Gesundheit der Mitarbeiter ist für manche Unternehmen auch in Zeiten von Homeoffice ein wichtiges Thema. Beim Baudienstleister ISG wandelt sich der Chef selbst zum Vorturner, Mitarbeiter von Architrave rollen ihre Yoga-Matte nun vor dem Laptop aus, und die Beschäftigten von Commerz Real lauschen gespannt ihrem Leitenden Betriebsarzt im Podcast.

Anke Pipke
14. Mai 2020
Quelle: imago images, Urheber: Panthermedia

„Sie stellen die Füße schulterbreit auf und gehen dann runter in die Knie.“ Michael Schöneich, ein sportlicher Typ in T-Shirt und Trainingshose, macht es vor. Die Arme weit nach vorne ausgestreckt, geht er in die Kniebeuge, kommt wieder hoch und tippt dann mit den Zehen auf – Achtung, Corona-Humor! – Klopapierrollen, die er zuvor um sich herum positioniert hatte. Schöneich macht seine Übungen offensichtlich im Homeoffice, zwischen Bücherregal, blauem Sofa und Zitronenbaum. Eine Kamera zeichnet alles auf. Dabei ist Schöneich gar kein Fitness-Trainer, der Videos ins Netz stellt, um sich in Zeiten von Abstandsregeln und Kontaktverboten über Wasser zu halten. Schöneich ist Commercial Director Central & Eastern Europe beim Baudienstleister ISG. Und macht jetzt den Vorturner, einmal muss sogar sein Sohn ran.

Die Idee dafür sei entstanden, als die Baustellen in Luxemburg wenige Wochen lang auf eine behördliche Anordnung hin allesamt geschlossen waren, erzählt ISG-Europachef Aydin Karaduman. Um die Mitarbeiter, die zwangsläufig daheim bleiben mussten, in dieser Zeit bei Laune und auch fit zu halten, hat Schöneich aus eigener Initiative heraus kurzerhand zu Handykamera und Klopapierrollen gegriffen und damit kurze Fitnessübungen zusammengestellt. „Sechs bis sieben Videos sind bis jetzt entstanden“, sagt Karaduman. Sie dauern ein bis zwei Minuten und konzentrieren sich auf jeweils eine Übung, z.B. Kniebeugen oder Liegestütze, allerdings immer mit einer Verschärfung der Basisübung. Schöneich erklärt auf Englisch, was zu tun ist.

Zunächst wurden die Einheiten nur den Luxemburger Mitarbeitern präsentiert, inzwischen stehen sie im Intranet allen ISGlern zur Verfügung. Einzelne Videos haben es sogar ins Netzwerk LinkedIn, auf die Plattform YouTube und somit in die Öffentlichkeit geschafft (zu sehen unter https://bit.ly/schoeneich_turnt).

Die körperliche, aber vor allem die geistige Fitness der Mitarbeiter bleibt auch beim Datenmanager Architrave in Zeiten von Remote Work ein hohes Gut. Die Entspannungsübungen mit einer Trainerin werden inzwischen sogar dreimal in der Woche angeboten, vor der Krise kamen die Teilnehmer zweimal wöchentlich zusammen. „Zehn bis fünfzehn Mitarbeiter machen da mit“, erzählt Maurice Grassau, CEO von Architrave. Das seien ähnlich viele wie vor dem Umzug ins häusliche Arbeitszimmer. Insgesamt beschäftigt Architrave etwa 110 Mitarbeiter. Die Teilnehmer rollen ihre Matte vor dem Laptop aus, loggen sich in die Session mit der Trainerin ein und beginnen ihre halbstündigen Entspannungsübungen. Dabei geht es ähnlich wie im Yoga darum, gedanklich seinen Körper zu spüren. „Danach ist man tausend Mal fitter als vorher“, berichtet Grassau von seinem Selbstversuch. Architrave ist es wichtig, die Angebote, die es zuvor im Büro gab, möglichst auch weiterzuführen, wenn die Teammitglieder voneinander getrennt arbeiten müssen.

Konflikte sind im Homeoffice ganz normal

Während sich die einen also den Schweiß von der Stirn streichen, lassen sich Sorgenfalten nicht so ohne weiteres wegwischen. Da setzt die Commerzbank mit ihrem neuen, internen Angebot des Audio-Doc an, von dem auch die Mitarbeiter von Commerz Real profitieren. Seit Mitte März informiert der Leitende Betriebsarzt Michael Drees in jeweils kurzen Podcast-Folgen im mp3-Format über die Krankheit, die Empfehlungen zur Arbeit im Büro und die Auswirkungen auf die angepassten Arbeitsweisen. „Die Themen der Folgen werden vorab intern abgestimmt“, teilt die Bank mit. „Dabei fließen die aktuelle Corona-Entwicklung, die vorbeugenden Maßnahmen der Bank sowie Fragen und Feedback unserer Mitarbeiter ein.“ Die Vielfalt reicht von Ausführungen zum Thema Impfstoff über Tipps zur Bewegung an der frischen Luft sowie die Unterscheidung zwischen der Grippewelle und dem Coronavirus bis hin zur Situation in den Filialen der Commerzbank. In der Folge „Homeoffice-Koller“ beruhigt Drees zum Beispiel, dass Konflikte in der Familie oder WG nach einigen Wochen des engen Zusammenlebens ganz normal seien. Er rät, sich einen geregelten Tagesablauf zuzulegen und den Tag so zu starten wie sonst auch im üblichen Büroalltag – mit Frühstück, Dusche, Anziehen. Darüber hinaus sei es wichtig, Pausen einzulegen, die Zimmer gut zu lüften und die Mittagspause fest einzuplanen. Viel zu trinken werde oft im Homeoffice vergessen, erzählt Drees. Sollten die Konflikte bereits kurz vor der Eskalation stehen, rät er, professionelle Hilfe mit telefonischer Beratung in Anspruch zu nehmen.

Zunächst hat die Commerzbank jeden Tag einen neuen Podcast veröffentlicht, inzwischen gibt es nur noch alle zwei Tage oder seltener eine weitere Folge. Dabei hat sich die Bank eigenen Angaben zufolge der Nachrichtenlage angepasst. Wer sich die volle Dosis mit allen Episoden zu Corona & Co. nacheinander geben will, findet eine Übersicht im Intranet.

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