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"Der Bau ist seit Jahren multikulti"

In Hamburg werden Geflüchtete ab 16 Jahren obligatorisch auf das duale Ausbildungssystem vorbereitet. Schwierig sind vor allem Sprache und Aufenthaltsstatus. Aber die Unternehmen sind zufrieden mit den meist hochmotivierten jungen Geflüchteten.

Friedhelm Feldhaus
26. Juli 2018
Quelle: Immobilien Zeitung, Urheber: Friedhelm Feldhaus

Die Bedingungen für die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarkts am Bau sind sehr günstig“, erklärt Sönke Fock, Mitglied der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Hamburg, zur Integration von Geflüchteten in die Bauwirtschaft. „Die Motivation der Geflüchteten ist groß.“ Diese Aussage hört man in der Podiumsdiskussion „Vom Flüchtling zur Fachkraft“ immer wieder. Organisiert hat sie die Hamburger Bau- und Ausbauwirtschaft.

Auch Torsten Rendtel betont: „Wir sind immer wieder erstaunt, über welche besonderen handwerklichen Fertigkeiten die Flüchtlinge verfügen und mit welcher Energie und Freundlichkeit sie sich in die Ausbildung stürzen.“ Rendtel ist Geschäftsführer des Ausbildungszentrums Bau (ABZ), eines überbetrieblichen Berufsbildungszentrums. „Der Bau ist seit Jahren multikulti. Hier im Ausbildungszentrum sind über 20 Nationen vertreten. Wir haben keine Schwierigkeiten mit Integration.“

Tatsächlich sind 80 bis 90 der jährlich 500 Auszubildenden im ABZ Geflüchtete. Sie werden auf die Ausbildungssituation vorbereitet. Rendtel nennt die zwei größten Integrationshemmnisse: die Sprache und der ungeklärte Aufenthaltsstatus. Und: „Die jungen Flüchtlinge müssen den Wert und die Notwendigkeit einer Berufsausbildung verstehen – und schätzen“, betont Michael Seitz, Sprecher der Hamburger Bau- und Ausbauwirtschaft. „Sie müssen auf Themen wie Pünktlichkeit vorbereitet werden, damit wir am Anfang nicht beide Seiten verbrennen – Auszubildende und Betrieb.“

Um Sprache, Kultur, soziale Integration und Bildung zu verknüpfen, ist daher für Geflüchtete ab 16 Jahren seit 2016 die Ausbildungsvorbereitung für Migranten – kurz: AvM-Dual – in Hamburg obligatorisch. „Das ganztägige Förderkonzept bereitet die jungen Geflüchteten sowohl mit Deutschunterricht als auch mit Berufspraktika auf einen guten Start in die duale Ausbildung vor“, erklärt Reinhard Damm vom Hamburger Institut für Berufliche Bildung (HIBB). „Die teilnehmenden Betriebe haben so die Möglichkeit, die künftigen Azubis kennenzulernen.“

Bildungssenator Ties Rabe (SPD) weist darauf hin, dass 28% der Absolventen des Pilotjahrgangs 2017 in eine Ausbildung gewechselt seien, weitere 8% in Beschäftigung und 6,5% aufs Gymnasium. Die Opposition in der Bürgerschaft jedoch kritisiert, dass nur 92 der 2015 gestarteten 158 Jugendlichen AvM-Dual abgeschlossen hätten. Von diesen seien 39% in der Beratung der Jugendberufsagentur gelandet und 18,5% in trägergestützten Berufsvorbereitungen – ebenfalls eine Warteschleife.

Mit auf dem Podium ist Neshan Daoud, Kriegsflüchtling aus Nordsyrien, der in den Stunden vor der Veranstaltung seine Prüfung als Platten-, Fliesen- und Mosaikleger absolviert hat. Der Mittzwanziger hat in seinem Heimatland Jura studiert und sich mit Jobs auf dem Bau finanziert. „Ich musste hier im Betrieb erstmal beweisen, dass ich arbeiten will. Aber das ist kein Nachteil“, reflektiert Daoud die Rahmenbedingungen. „Man kriegt hier, was man braucht.“ Er denkt nicht über die Wieder- oder Neuaufnahme des Studiums nach. Er möchte arbeiten und Geld verdienen, denn er ist bereits Familienvater.

Der „Musterflüchtling“, wie er von einem Podiumsteilnehmer genannt wird, berichtet von den Schwierigkeiten einer schriftlichen Fachprüfung. „Es würde helfen, wenn wir 10 bis 15 Minuten mehr Zeit hätten.“ Oder die Prüfung mündlich ablegen können, wie Björn Söllner empfiehlt. Der Bauingenieur berichtet, dass „unsere Azubis handwerklich super drauf sind. Aber 50% fallen bei den Zwischenprüfungen durch, weil ihnen die Sprachkenntnis im schriftlichen Bereich fehlt.“ Damm vom HIBB kennt das Thema. „Wir sind mit der Handwerkskammer im Gespräch.“

Rendtel empfiehlt den Unternehmen, Geflüchtete auszubilden. „Firmen, die Flüchtlinge ausbilden, sind durchweg zufrieden.“ Und Seitz nennt einen Grund, der einige Meister umtreibt. „Manche Betriebe nehmen lieber Geflüchtete, weil sie da aufgrund ihrer Fluchterfahrungen eine gewisse Robustheit vermuten.“

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