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"Schlechte Männer fallen gar nicht auf"

Wenn eine Frau in einer Führungsposition scheitert, scheitert auch der Mann, der sie eingestellt hat. Das kostet die Unternehmen Gewinn, meint Rainer Thaler, Geschäftsführer der Investa Holding – ein Umdenken ist dringend nötig.

Alexander Heintze
29. Oktober 2020
Rainer Thaler ist seit Ende 2012 Geschäftsführer der Investa Holding.
Quelle: Investa Real Estate, Urheber: Christof Mattes
Immobilien Zeitung: Warum brauchen Firmen mehr Frauen an der Spitze?

Rainer Thaler: Gemischte Teams sind innovativer und machen mehr Spaß. Sie sind aber auch produktiver und effektiver. Darum ist es nicht nachvollziehbar, warum wir uns dagegen sträuben.

IZ: Frauen sind also für den Spaßfaktor zuständig?

Thaler: Nein, es sind zwei Dinge: Gemischte Teams bringen wissenschaftlich belegbar einen höheren Gewinn für das Unternehmen. Diversität ist ein USP für nachhaltiges unternehmerisches Handeln.

IZ: Warum ist eine Frau in der Runde produktiver als ein Mann?

Thaler: Nicht die Frau als solche, sondern das gemischte Team. Wir müssen von dem Gedanken wegkommen, eine Frau leistet X und ein Mann leistet Y. Mann und Mann leisten weniger als Mann und Frau.

IZ: Wenn das so offensichtlich wäre, müssten wir bei wirtschaftlich denkenden Unternehmen doch nicht über den Mangel an Führungsfrauen nachdenken.

Thaler: So ist die Theorie. Viele Dinge sind bekannt und werden nicht umgesetzt – wider besseren Wissen.

IZ: Was hindert Immobilienunternehmen an der Umsetzung?

Thaler: Unsere konservative und durch Männer besetzte Branche sieht keinen Handlungsbedarf. In den letzten Jahren waren wir ja schon gut genug.

IZ: Das Management von Investa besteht auch nur aus Männern.

Thaler: Nur auf der Holding-Ebene. Darunter haben wir zwei Geschäftsführerinnen und eine Leiterin Controlling. In dem Bereich, den ich verantworte, Asset-Management und Capital-Management, gibt es mindestens immer eine Frau in der Geschäftsführung. Auch in der Ebene der Abteilungs- und Bereichsleiter gibt es immer mindestens eine Frau.

IZ: Auf diesen Ebenen arbeiten auch in anderen Unternehmen Frauen.

Thaler: Ja, aber meist nur in Querschnittsfunktionen oder im Personalbereich, also auf Positionen, die bei den Männern nicht so hoch angesehen sind. Der Personalvorstand gilt weniger als der Technologievorstand oder derjenige, der für das operative Geschäft zuständig ist.

IZ: Das heißt, die Frauen kommen da hin, wo sie weniger Schaden anrichten können?

Thaler: … und wo sie weniger Einfluss haben. Ich kenne nur ganz wenige Frauen, die aus einer Querschnittsfunktion in eine operative Verantwortlichkeit gekommen sind. Wir brauchen aber ein Umdenken, weil wir mit unseren Männeransätzen die Probleme, die wir haben, nicht bewältigen können.

IZ: Was können Frauen einbringen, was eine reine Männerriege nicht kann?

Thaler: Sie haben andere Lösungskompetenzen. Die Herangehensweise, das Brainstorming, ist bei Frauen eine ganz andere als bei Männern. Das befruchtet und belebt Diskussionen; zumal wenn der Diskussionsstil anders ist. Vorausgesetzt, man gibt diesen Ideen Raum und bürstet nicht gleich alles ab, weil es von einer Frau kommt. Ich wäre doch töricht, wenn ich keine andere Sichtweise zuließe und möglicherweise eine Problemlösung verhindern würde.

IZ: Oftmals ist es ja die Angst, dass eine Frau in der Spitzenposition scheitern könnte. Scheitern Männer nicht?

Thaler: Es gibt viele schlechte Männer, die gar nicht auffallen. Das wird achselzuckend in Kauf genommen. Bei Frauen scheitern gleich zwei: die Frau, weil sie sich nicht durchsetzen konnte, und der Mann, weil er sie ausgewählt hat. Es gehört immer Mut dazu, sich einzugestehen, dass man die Position falsch besetzt hat. Ob Mann oder Frau ist irrelevant; ein Mann wäre genauso gescheitert.

IZ: Spielt nicht auch die Angst, sich den berühmten Zickenkrieg ins Haus zu holen, eine Rolle?

Thaler: Das sind doch alles Alibiargumente. Sie haben die Konflikte bei Männern genauso. Nur werden die akzeptiert. Bei Männern heißt es dann, der Typ ist kompetitiv und verfolgt seine Karriereziele. Zickenkrieg hat immer einen kulturellen Boden im Unternehmen. Hier bedarf es der Führung.

IZ: Hilft das geplante Quoten-Gesetz weiter? Wäre echte Gleichberechtigung nicht, wenn sie nicht auf Zwang beruht, sondern auf Fähigkeiten?

Thaler: Auf Verantwortungsbewusstsein der Handelnden zu setzen, hat in diesem Zusammenhang nie funktioniert. Ja, wir müssen dabei in Kauf nehmen, dass durch den Zwang nicht immer die besten Frauen nach vorne kommen. Es werden auch ein paar hochgespült, die nicht top sind. Aber wer sagt denn, dass es bei Männern immer die beste Auswahl ist. Das ist als Teil der Realität zu akzeptieren.

IZ: Herr Thaler, vielen Dank.

Die Fragen stellte Alexander Heintze.

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Isabel Tannenberg wurde 1983 in Freudental bei Stuttgart geboren. Inzwischen wohnt sie in der Frankfurter Innenstadt, plant aber einen Umzug in den ruhigeren Stadtteil Rödelheim. Ihr Studium in Rechtswissenschaften mit anschließendem Referendariat absolvierte sie 2010 in Leipzig. Ihre berufliche Karriere startete sie 2011 bei Kucera Rechtsanwälte, seit 2015 ist sie zudem als Steuerberaterin tätig, seit 2019 Partnerin im Bereich Real Estate Taxation in der Kanzlei. Was sie seit Schulzeiten begleitet, ist ihre Liebe zu Pferden und dem Reitsport. Damit hat sie sogar ihr erstes Taschengeld bei einem Ferienjob verdient.