René Benko bekämpft Schuldspruch
René Benko will gegen den Teilschuldspruch in seinem ersten Prozess Einspruch einlegen. Gegen den Teilfreispruch des Signa-Gründers wiederum wird sich die Staatsanwaltschaft wehren.

Benko und die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) haben beide eine sogenannte Nichtigkeitsbeschwerde angekündigt. Das sagte der WKStA-Sprecher der Immobilien Zeitung. Damit gehen sowohl Benko und sein Anwalt Norbert Wess als auch die Oberstaatsanwälte in Berufung gegen das Urteil des Schöffengerichts, das Richterin Andrea Wegscheider vom Landesgericht Innsbruck am vergangenen Mittwoch (15. Oktober) sprach. Beide Parteien wollen also Rechtsmittel beim Obersten Gerichtshof einlegen. Sie müssen allerdings darauf warten, dass die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt.
Birgit Fink, Richterin am Landesgericht Innsbruck, bestätigt: Die WKStA habe gegen den Freispruch, Benko gegen den Schuldspruch ein Rechtsmittel angemeldet. „Bis zur Entscheidung befindet sich René Benko formell weiterhin in U-Haft.“ Laut Ortner kann sich die Hängepartie bis zur finalen Entscheidung über die beiden Urteilssprüche noch über mehrere Monate hinziehen. Bei einer finalen Verurteilung zu 24 Monaten Gefängnis würde die Haftstrafe mit der U-Haft, in der Benko seit Ende Januar sitzt, verrechnet werden.
„Wäre lebensfremd anzunehmen, dass er sich dabei nix dachte“
Der 2024 in die Insolvenz als Einzelunternehmer gerutschte Benko habe seinen Gläubigern durch die Schenkung von 300.000 Euro an seine Mutter Ingeborg Benko im Herbst 2023, als er laut Anklageschrift schon in Zahlungsschwierigkeiten war und das auch wusste, Vermögen entzogen. „Es macht den Anschein, ihm ist es darauf angekommen, Liquidität zu sichern“, sagte Wegscheider bei der Urteilsverkündung vergangene Woche in Innsbruck. Er habe es bei der Überweisung an die Mutter ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, dass die Befriedigung seiner Gläubiger durch die Überweisung geschmälert werde. „René Benko war über jede Zahlung in seinem Umfeld informiert. Es wäre lebensfremd anzunehmen, dass er sich dabei nix gedacht hat.“
Freigesprochen wurde Benko im zweiten Anklagepunkt, der sich ebenfalls um Gläubigerschädigung durch Vermögensentzug drehte: eine Mietvorauszahlung über gut 360.000 Euro für eine Villa auf der Innsbrucker Hungerburg, in die die Familie Benko übersiedeln wollte. Diese wertete das Schöffengericht nicht als „betrügerische Krida“.
Zeugen stützten Benkos Darstellung
Wegscheider erklärte den Freispruch, gegen den die WKStA nun vorgehen will, so: „Das Mietrecht für die Villa auf der Hungerburg stellt eine Gegenleistung dar“, erklärte Wegscheider. Dass das Haus – wie von der WKStA in der Anklageschrift behauptet – zum Zeitpunkt der Anmietung nicht bewohnbar gewesen wäre, sieht Wegscheider als unbewiesen an: „Es gibt keine Basis dafür, dass wir das feststellen.“ Das Haus sei wohl abgenutzt und renovierungsbedürftig gewesen, „aber wir gehen davon aus, dass René Benko im Herbst/Ende 2023 dort wohnen wollte.“ Mehrere Zeugen – u.a. zwei ehemalige hochrangige Signa-Manager und ein früherer Signa-Controller, aber auch ein Bauleiter – hatten diese Sicht der Dinge bei ihrer Vernehmung gestützt.
Benko drohte für beide Anklagepunkte zusammen eine Haftstrafe von einem bis zehn Jahren. Der von Benko laut dem Urteil verursachte Schaden von 300.000 Euro ist nun jedoch „1 Cent zu wenig, um in diese höhere Strafdrohung zu kommen“, erläuterte die Richterin. Das mögliche Strafmaß habe sich darum nur zwischen 6 Monaten und fünf Jahren bewegt. Die Grenze hat der Gesetzgeber genau bei 300.000 Euro gezogen, weil diese Summe für den Normalbürger ein sehr hoher Schaden sei – „auch wenn 300.000 Euro, bei den Summen, die wir die letzten zwei Tage gehört haben, hier nur die Portokasse sind“.
Benko kommt zwar nicht über 300.000 Euro. Dennoch bedürfe es einer „Freiheitsstrafe, und die darf nicht ganz gering ausfallen angesichts des Schadens, damit es andere in einer ähnlichen Situation davon abhält, das Gleiche zu tun“, erklärte Wegscheider.
Nur der Auftakt in der Mammut-Causa Signa
Benkos Gläubiger haben laut seinem Insolvenzverwalter Andreas Grabenweger, der neben anderen Zeugen beim Prozess in Innsbruck befragt wurde, Forderungen über 2,7 Mrd. Euro angemeldet. Davon wurden 40 Mio. Euro anerkannt. Auf Benkos Massekonto liegen aktuell aber nur 900.000 Euro. Auf einem anderen Konto liegen weitere 400.000 Euro. Bei den großen Signa-Gesellschaften stehen Forderungen über rund 25 Mrd. Euro im Raum.
Dieser erste Prozess war nur ein kleiner Mosaikstein in der Mammut-Causa Signa. Die WKStA ermittelt bis dato in 14 Verfahrenssträngen in Summe wegen einer Schadenhöhe über rund 300 Mio. Euro gegen Benko und mehr als ein Dutzend Ex-Signa-Manager. Die Liste der Anschuldigungen ist lang und wiegt schwer: Geldwäsche, Untreue, Geldkarussell bei einer Kapitalerhöhung, schwerer Betrug einer Bank bei der Verlängerung eines Kredits, Zweckentfremdung von Investorengeldern bei einer großen Projektentwicklung in München, Corona-Fördermittel-Betrug, Betrug von Wohnungskäufern, Gläubigerbegünstigung, betrügerische Krida (Vermögenswerte beiseiteschaffen und so Gläubigern schädigen).
Die zweite Klage hat die WKStA im September eingebracht. Diesmal gegen Benko und seine Frau Nathalie. Es geht erneut darum, dass Vermögen in einem für Benko-Verhältnisse überschaubaren Ausmaß – 370.000 Euro – beiseite geschafft und damit den Gläubigern entzogen worden sein soll. Ihren Einspruch gegen diese Klage haben Benko und seine Frau inzwischen zurückgezogen. Der Verhandlungstermin steht laut LG-Richterin Fink noch nicht fest. Laut Medienberichten könnte noch dieses Jahr verhandelt werden.