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"Erstmal kleine Brötchen backen"

Vor einem Jahr hat sich Kay Schulte im Alter von 46 Jahren selbstständig gemacht. Zwanzig Jahre lang war er in Konzernen und Wohnungsgesellschaften tätig und hat u.a. als Bauleiter auf Großbaustellen Berlins gestanden. Heute entwickelt und revitalisiert der Architekt und Immobilienökonom historische Stadthäuser für deutsche Privatleute und Investoren in Palma de Mallorca. Im Interview spricht er über sein neues Berufsleben, die richtige Studienwahl, verlässliche Banken und die schwierige Kundenakquise.

IZ
30. April 2014
Bild: Schulte & Pereda
Immobilien Zeitung: Herr Schulte, Sie waren bis 2013 Technischer Geschäftsführer der Wiro in Rostock, einer Wohnungsgesellschaft mit rund 40.000 Wohnungen. Jetzt sind Sie geschäftsführender Gesellschafter eines Drei-Mann-Unternehmens und revitalisieren Altstadthäuser mit bis zu zehn Wohneinheiten in Palma de Mallorca. Wieso wollten Sie plötzlich alles anders machen und ein eigenes Unternehmen gründen?

Kay Schulte: Jahrelang habe ich auf die erste Führungsebene hingearbeitet. Nachdem ich vier Jahre Geschäftsführer der Wiro war, habe ich den Job aufgegeben und mich an meine Berliner Zeit und die seitdem große Vorliebe für Altbauten erinnert. Deswegen lebe ich auch gern in Wiesbaden mit seinen Gründerzeithäusern. Ich könnte nie in einem Neubau wohnen. Für meine Familie habe ich dann eine Altbauwohnung in Palma gekauft und dabei einen Nischenmarkt entdeckt.

IZ: Und schon war die Geschäftsidee geboren?

Schulte: Genau. Viele Deutsche suchen Altbauwohnungen als Alters- oder Zweitwohnsitz. Ich dachte mir, warum in Berlin, Görlitz, Weimar oder an der Ostsee investieren, wenn man die gleiche Infrastruktur auch in Palma hat.

IZ: Die Idee klingt nicht allzu verwegen. Knapp 4 Mio. deutsche Touristen besuchten allein im vergangenen Jahr die Baleareninsel und etwa 30.000 leben auf Mallorca. Wie haben Ihre Kollegen und Freunde auf Ihre Idee reagiert?

Schulte: Viele fanden die Idee mutig, die wenigsten waren 100% überzeugt wegen der Krise in Spanien. Einige haben auch die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen.

IZ: Haben sie mit ihren Befürchtungen Recht behalten?

Schulte: Nein. Aber, heute nach einem Jahr muss ich feststellen, dass ich es nicht geschafft habe, eine ausreichende Zahl von Interessenten für Palma zu begeistern.

IZ: Warum nicht?

Schulte: Die Deutschen sind zu zögerlich. Die Russen kaufen in Palma, allen voran die Schweden, aber die Deutschen sind zu ängstlich. Ich hätte nicht gedacht, dass es so schwierig ist, mit deutschen Investoren und Privatleuten ins Geschäft zu kommen.

IZ: Wie haben Sie versucht, Ihre Kunden zu erreichen?

Schulte: Ich habe Anzeigen in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, im Mallorca-Magazin, der Mallorca Zeitung und in der Bellevue geschaltet. Die Kosten waren hoch, die Resonanz jedoch gering. Dann habe ich ein Interview für ein Ferienimmobilien-Special im Handelsblatt gegeben. Auch das hat wenig gebracht. Da habe ich die Lust an dem kleinteiligen Geschäft verloren.

IZ: Sie haben also nach kurzer Zeit Ihren Businessplan verändern müssen?

Schulte: Genau. Heute spreche ich mit meinem Netzwerk von 200 bis 300 Leuten, das ich mir im Laufe meines Berufslebens aufgebaut habe. Das sind professionelle Investoren und vermögende Privatleute, die eine Investition von zwei bis drei Millionen Euro alleine tätigen können. Für sie trete ich als Bauträger und Generalübernehmer auf. Ich benötige kein Massen-Marketing mehr.

IZ: Das heißt, Sie müssen jeden persönlich ansprechen?

Schulte: Ich nutze u.a. die Expo Real in München, da ich dort viele Leute kenne und treffe. Natürlich werde ich auch beobachtet, ob ich das Geschäft zum Laufen bringe. Gemeinsam mit meinem Team werde ich 2014 wieder dort sein.

IZ: Wie kommen Sie an die Verkäufer der Objekte ran, die zwischen 450.000 Euro und 5,5 Mio. Euro liegen? Sprechen Sie spanisch?

Schulte: Ja, ich spreche ein wenig spanisch. Aber die Kontakte zu den Eigentümern werden mir über meine spanischen Partner Sergio Pereda und Francisco Mercadal, beides Juristen, vermittelt. Viele spanische Familien sind zu stolz, um nach acht Jahren Krise die üblichen deutschen Maklerunternehmen anzusprechen.

IZ: Können Sie schon Erfolge verbuchen?

Schulte: Wir haben jetzt für drei Gebäude die Verträge abgeschlossen.

IZ: Diesen Meilenstein haben Sie sicherlich gefeiert.

Schulte: Gemeinsam mit meinen Partnern waren wir in unserem Lieblingsrestaurant, im Tast Club.

IZ: Wie sehen die weiteren Pläne aus?

Schulte: Wir werden in einem der drei Altstadthäuser, am Plaça del Mercadal, ein neues Büro errichten. An diesem vielfrequentierten Platz, mitten im Szeneviertel Sa Gerreria, wollen wir deutlich Präsenz zeigen, um deutsche Investitionen in die Altstadt für alle erkennbar zu machen und nicht alles den skandinavischen und russischen Investoren zu überlassen, die alle paar Wochen ein Haus kaufen.

IZ: Sie haben lange in der Immobilienbranche gearbeitet, mussten Sie als Gründer trotzdem Lehrgeld zahlen?

Schulte: Ja, leider. Mein erster Kunde, für den ich schon Verhandlungen für fünf, sechs Häuser aufgenommen hatte, ist kurzfristig wieder abgesprungen. Dann habe ich einen fest eingeplanten KfW-Kredit für Gründer nicht bekommen. Leider hatte ich keine Möglichkeit, direkt mit der KfW-Bank zu sprechen, da solche Anträge über die Hausbank laufen und diese hatte mich zwischenzeitlich vom A-Kunden zum mutigen Kleinunternehmer herabgestuft. Ich habe Tonnen von Anträgen geschrieben und die damit vertane Zeit war umsonst. Nach dieser Erfahrung habe ich meine Bank gewechselt.

IZ: Haben Sie noch weitere Standbeine?

Schulte: Ja, aufgrund der schweren Erkrankung des technischen Vorstands arbeite ich zurzeit noch kommissarisch als Interimmanager für eine Aachener Wohnungsgesellschaft.

IZ: Sie haben Architektur studiert und später noch den Immobilienökonom draufgesattelt. Hilft Ihnen dieses Wissen bei der Gründung?

Schulte: Nein. Heute würde ich sogar behaupten, dass es der größte Fehler meines Berufslebens war, Architektur zu studieren.

IZ: Warum?

Schulte: Wenn man ein Unternehmen führen will, sollte man nicht Architektur, sondern Betriebswirtschaft studieren. Jetzt helfen mir ausschließlich die Erfahrungen aus meinem bisherigen Berufsleben weiter.

IZ: Was sollten Gründer außerdem noch mitbringen?

Schulte: Eine Selbstständigkeit braucht Geduld, Sparsamkeit, Durchhaltevermögen und das Aufgeben des Statusdenkens, wie großes Büro, Sekretariat, Firmenwagen. Ich fahre beispielsweise wieder einen Fiat 500. Man backt über lange Zeit kleine Brötchen. Dafür sollte man Erspartes und besser zwei bis drei Banken im Rücken haben. Außerdem braucht man natürlich ein funktionierendes Netzwerk zu professionellen Investoren.

IZ: Es gibt inzwischen viele Beratungen für Existenzgründer. Haben Sie auch an so etwas teilgenommen?

Schulte: Ja, ich war auch bei einem Gründungsberater. Das hat mich nicht einen Zentimeter vorangebracht. Das war absolute Zeitverschwendung inklusive des Businessplans, den ich geschrieben habe.

IZ: Wie hat sich Ihr Leben durch die Selbstständigkeit verändert?

Schulte: Während der Gründungsphase konzentriere ich mich auf das Wichtigste, mein Geschäftsmodell voranzutreiben und erfolgreich zu etablieren. Doch man darf dabei die vielen Vorteile einer Selbstständigkeit nicht vergessen.

IZ: Welche sind das in Ihren Augen?

Schulte: Ich bin nicht mehr abhängig von Politikern und ihren Parteiprogrammen, wie es bei städtischen Wohnungsgesellschaften häufig der Fall war. Außerdem konnte ich mir meinen langjährigen Wunsch nach einem Job im Ausland erfüllen. Und ich kann nicht mehr mit 65 aus der Gesellschaft aussortiert werden, sondern so lange arbeiten und gestalten, wie ich will.

IZ: Was motiviert Sie durchzuhalten?

Schulte: Jedes Mal, wenn ich durch die Jahrhunderte alte Innenstadt von Palma gehe und die alten Mauern, Fenster und Türen sehe, dann bin ich von meiner Geschäftsidee wieder aufs Neue überzeugt. Es erfüllt mich mit großer Zufriedenheit, diese mittelalterlich geprägten Quartiere zu revitalisieren – und das hoffentlich bis ins hohe Alter.

IZ: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sonja Smalian.

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