"150.000 Euro Festgehalt sind keine Seltenheit"
Michael Harter besetzte mit seiner Personalberatung Westwind Real Estate Executive Search 2019 knapp 100 Positionen für Fach- und Führungskräfte aus der Immobilienbranche. Der Markt für Projektentwickler brummt, sagt Harter – und das, obwohl er eigentlich leergefegt ist. Um noch an gute Leute zu kommen, setzen Development-Firmen viele Hebel in Bewegung.

Michael Harter: Stimmt. Viele Development-Unternehmen haben in den letzten vier, fünf Jahren eingestellt, viele Projektentwickler sind schon gewechselt – der Markt ist eigentlich leergefegt. Hinzu kommt: Im Vergleich z.B. mit einem Asset-Manager, der praktisch jedes Quartal verfügbar ist, kann man Projektentwickler im Grunde nur alle drei, vier Jahre loseisen. Sie wollen schließlich ihr Projekt fertigstellen, schon aus Identifikation mit dem eigenen Projekt. Nicht zu vergessen: Projektentwickler erhalten einen beachtlichen Teil ihres Bonus erst mit Projektabschluss.
Harter: Die Boni-Kultur nimmt tatsächlich zu. Sehr gängig ist mittlerweile eine Beteiligung am Projekterfolg. Es gibt auch Modelle der Unternehmensbeteiligung, etwa eine prozentuale Beteiligung am Projektentwicklungsgewinn oder Unternehmensanteile. Wenn der Unternehmer klug ist, beteiligt er seinen Entwickler am Projekt, weil der dann z.B. maximales Baurecht rausholt. Oder der Firmeninhaber zahlt dem Entwickler eine Effizienzprämie. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit für eine Punktlandung bei Qualität, Zeit und Kosten erheblich. So lassen sich z.B. Nachtragsforderungen einschränken.
Harter: 150.000 Euro sind in so einem Fall keine Seltenheit – als Festgehalt. Die Bandbreite des Fixums fängt bei ca. 80.000 Euro an und hört je nach Unternehmenskultur bei etwa 240.000 Euro auf. Die kriege ich aber nicht, wenn ich einer von zehn Entwicklern in einem größeren Haus bin, sondern nur, wenn ich als Einzelkämpfer die Klaviatur der Mehrwertschaffung nachweislich beherrsche: Grundstück akquirieren, Planungsrecht besorgen, Baurecht schaffen, einen Vertrag mit dem Generalunternehmer verhandeln, noch vor der Fertigstellung die Mietverträge abschließen und das Projekt an einen Endinvestor verkaufen.
Harter: Zwei Monatsgehälter on top sind für einen Projektentwickler untere Bonusgrenze und daher als Wechselgrund nicht ausschlaggebend. Legt der Unternehmer auf Basis einer klaren Zielvereinbarung mit definierten Bausteinen ein halbes oder ganzes Jahresfixum als Erfolgsprämie drauf, macht das trotzdem weniger als ein Promille seiner Projektkalkulation aus.
Harter: Ganz im Gegenteil: Der Markt brummt! Die Gehälter fallen nicht, sondern steigen – sagen wir mal – zurückhaltend progressiv. Nur die wenigsten Entwickler versuchen, die Situation auszunutzen. Dass Developer freigesetzt werden, weil es keine Grundstücke mehr gibt oder diese zu teuer eingekauft wurden, haben wir noch nicht beobachtet.
Harter: Das Thema Flexibilität wird großgeschrieben. Ein Tag Homeoffice pro Woche ist z.B. oft attraktiver als ein Dienstwagen. Grundsätzlich werden flexible Arbeitszeiten immer wichtiger: Auch der Projektentwickler will schließlich die Möglichkeit haben, seine Kinder von der Schule abzuholen. Mobilität ist ein weiteres Thema: In Metropolen mit ihrem Großstadtverkehr will so manche Fachkraft lieber eine Bahncard 100 als ein Firmenauto, um bei dem Verkehrsaufkommen überhaupt noch einen zeitlichen Vorteil zu haben. Besonders für Jüngere ist Flexibilität heute das, was früher ein Firmenwagen war. An Bedeutung gewinnen zudem Kita-Plätze, die der Arbeitgeber für seinen Mitarbeiter organisiert.
Harter: Sicher, es werden auch wieder 58-Jährige vermittelt, die große Berufserfahrung mitbringen. Denn da kann sich der Arbeitgeber relativ sicher sein, dass der Mitarbeiter bis zur Rente bleibt. Hier spielen die Themen Loyalität und Routine herein. Es gibt sogar Beispiele von pensionierten 72-Jährigen, die auf Zwei-, Drei-Tage-Basis arbeiten.
Die Fragen stellte Harald Thomeczek.