"Teilzeitkräfte sind produktiver, Jobsharer sogar noch mehr"
Die Jobsharing-Plattform Tandemploy will geteilte Arbeit auch in der Immobilienbranche salonfähig machen. Was Arbeitgeber davon hätten, erklären die Gründerinnen Anna Kaiser und Jana Tepe.

Anna Kaiser: Im Jobsharing teilen sich klassischerweise zwei Menschen einen Aufgabenbereich und teilen die Arbeit eigenverantwortlich untereinander auf. Sie verfolgen ein gemeinsames Ziel und managen ihre Arbeitsbeziehung zu einem hohen Grad selber. Das bedeutet weniger Management für den Vorgesetzten, anders als z.B. bei Teilzeitkräften, die man oft umständlich koordinieren muss. Jobsharing bedeutet also eine andere Art und Weise, Arbeit zu organisieren. Man ist ein Team und entscheidet mit- und untereinander, wer wann was macht. Es geht darum, durch Kooperation die vermeintlichen Teilzeitnachteile auszugleichen: In wichtigen Meetings ist keiner da, Teilzeitkräfte sind nicht ansprechbar, verpassen wesentliche Infos etc.
Jana Tepe: Dass ich ihr mit jedem einzelnen Job in ihrer Firma gerne das Gegenteil beweise. Geht nicht, gibt’s nicht. Zudem belegen hunderte wissenschaftliche Studien, dass Teams mehr können und sehen als einer alleine, Teilzeitkräfte produktiver sind, Jobsharer sogar noch produktiver …
Kaiser: Im vergangenen Jahr sind tatsächlich die ersten Unternehmen aus der Immobilien- und Baubranche auf unserer Plattform aktiv geworden: Patrizia Immobilien und das Bauunternehmen Arikon. Die Positionen reichten bzw. reichen von Human Resources bis hin zur Bauleitung. Wir freuen uns sehr über diese beiden Vorreiter für die Branche!
Kaiser: Nein, das ist absolut nicht so. Das sind sogar prädestinierte Positionen. Gerade dort, wo man denkt: „Das geht doch nie!“ ist Jobsharing genau die richtige Überlegung. Denn anscheinend gibt es gerade hier viele Vorbehalte gegenüber klassischer Teilzeit. Es ist viel Know-how gefordert, das Komplexitätslevel ist hoch, man ist auf clevere, gut durchdachte Entscheidungen und vor allem einen ausgeruhten Kopf angewiesen – perfekt für Jobsharing.
Tepe: Die Übergaben von Jobsharern sind meist viel kürzer als gedacht. Sie spielen sich ja ein! Und sie führen zu besserer Reflexion, dem wöchentlichen Ausstieg aus dem Hamsterrad und zu einer besseren Qualität der Arbeit.
Tepe: Hochqualifizierte Menschen, die in bestimmten Lebensphasen anders arbeiten möchten oder schlicht müssen: Programmierer, Vertriebsleiter, Berater, Führungskräfte, Ärzte, Human-Resources-Manager, Controller, Architekten, Filialleiter, MarketingManager … All jene mit typischen Vollzeitjobs also, die aber auch nur Menschen sind und noch andere Interessen und Lebensbereiche haben: Familie, pflegebedürftige Angehörige, Weiterbildung, Ehrenamt … Die Liste ist lang. Viele Menschen suchen gezielt nach Teilzeitjobs und wollen, zumindest zeitweise, ihre Stunden reduzieren. Oft ja nicht gleich um die Hälfte, sondern auf 25 bis 32 Stunden.
Tepe: Auf den ersten Blick: ja, denn ab bestimmten Gehaltshöhen bzw. Beitragsbemessungsgrenzen sind die Sozialabgaben zweier Teilzeitkräfte im Vergleich zu einer Vollzeitkraft etwas höher. Bei genauerem Hinsehen: nein, denn dadurch, dass im Urlaubs- und Krankheitsfall eines Tandempartners die Prozesse nicht gleich zum Stehen kommen – einer ist zumindest halb da oder springt ein -, spart man sehr viel Geld.
Kaiser: Das ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Manche haben feste Tarifverträge, da ist das Gehalt dann klar und kann je nach Erfahrung auch unterschiedlich ausfallen. Manche führen Gehaltsverhandlungen individuell, manche als Team. Wichtig ist in jedem Fall eine gewisse Transparenz, damit kein Unmut entsteht.
Das Interview führte Harald Thomeczek.