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Thomas Willms verlässt Steigenberger

Die Deutsche Hospitality kommt nach der Übernahme durch die chinesische Hotelgruppe Huazhu nicht zur Ruhe. Ein Erdbeben erschüttert die Unternehmensspitze, es gibt Spekulationen um die neue Führung.

Von Rolf Westermann

IZ
28. August 2020
Quelle: imago images, Urheber: Dirk Sattler

Rund drei Jahre nach seinem Einstieg bei der Deutschen Hospitality (DH) verlässt CEO Thomas Willms Ende September das Unternehmen. Ein Nachfolger wurde noch nicht bestellt, das soll in den kommenden Wochen geschehen. Für die nächste Zeit übernimmt Chief Financial Officer Matthias Heck kommissarisch das Steuer, längstens jedoch bis zum Jahresende, denn dann wird Heck nach den bisherigen Planungen aus Altersgründen ausscheiden.

Das wurde am Donnerstag nach einer Aufsichtsratssitzung bekannt. Willms habe um Auflösung seines Vertrags gebeten, hieß es für Außenstehende völlig überraschend. Der Aufsichtsratsvorsitzende André Witschi äußerte Respekt für die Entscheidung und lobte Willms als „international bekannten und geschätzter Hotelier“. Aber ein klar nachvollziehbarer Grund für den Rückzug des in der Öffentlichkeit sympathisch agierenden Managers wurde nicht genannt. „Meine Aufgabe bei der Deutschen Hospitality ist nun erfüllt. Ich freue mich jetzt, zu sehen, wie die DHfamily mit Vision, Perfektion und Passion ihren Transformationsprozess weiter gestaltet“, erklärte Willms in der Pressemitteilung. In einer persönlichen Nachricht schrieb er, dies sei nicht als Abschied zu verstehen, sondern als Aufbruch in eine neue Zeit.

Für die Nachfolge kursieren mehrere Namen. Die ahgz hat einen Favoriten, aber noch ist nichts in trockenen Tüchern. Wir informieren Sie demnächst darüber.

Karten neu gemischt

Die Fäden zieht im Hintergrund Aufsichtsratschef Witschi, der früher selbst CEO bei Steigenberger war. Nach der Übernahme des Konzerns durch den ägyptischen Unternehmer Hamed El Chiaty vor rund zehn Jahren hatte Witschi das Unternehmen verlassen. Als El Chiaty im November vergangenen Jahres Steigenberger an die chinesische Konkurrenz Huazhu verkaufte, wurden die Karten neu gemischt.

Huazhu hat rund 5700 Hotels in China und will mit dem Zukauf außerhalb des Heimatmarktes expandieren sowie Anschluss an das Luxussegment gewinnen. Gründer des Unternehmens ist Ji Qi, ein charismatischer und erfolgreicher Selfmademan. Er hat drei Unternehmen ins Leben gerufen, die mehr als zehn Milliarden US-Dollar Umsatz erzielt haben. Dagegen wirkt Steigenberger wie ein kleiner Bruder. In der Dachgesellschaft Deutsche Hospitality des 90 Jahre alten Konzerns sind rund 120 Hotels mit fünf Marken enthalten.

Als die Übernahme Ende 2019 über die Bühne ging, trat Min („Jenny“) Zhang ins Rampenlicht, die bei Huazhu dort sieben Jahre als Finanzchefin gedient hatte und später Geschäftsführerin wurde. Sie sorgte in den Medien für Aufsehen. „Diese Chinesin kauft für 700 Millionen Euro die Steigenberger-Hotels“, hieß es etwa im Handelsblatt. Zhang trat in den DH-Aufsichtsrat ein und war beim Internationalen Hotel Investment IHIF Forum im März dieses Jahres in Berlin als Podiumsteilnehmerin zusammen mit Thomas Willms avisiert. Wegen der Corona-Pandemie musste das IHIF allerdings abgesagt werden.

Wechsel im Aufsichtsrat

Anfang April erhielten die Mitarbeiter der Deutschen Hospitality ein einfühlsames Schreiben von Jenny Zhang aus Schanghai. „Wenn Sie diesen Brief erhalten, sind wahrscheinlich viele von Ihnen zu Hause“, schrieb die damalige Huazhu-Vorstandschefin. „Basierend auf den Erfahrungen, die Huazhu in den letzten zehn Wochen gemacht hat, möchte ich Ihnen meine Ansichten und Handlungsempfehlungen mitteilen und Sie hoffentlich ein wenig aufmuntern, dass am Ende des Tunnels Licht zu sehen ist.“

Dann gab es Ende April eine Aufsichtsratssitzung, bei der der langjährige Vorsitzende des Gremiums und frühere TUI-Chef Ralf Corsten im Alter von 78 Jahren verabschiedet wurde. Den Posten übernahm einer der erfahrensten Hotelmanager Europas: Der Schweizer André Witschi. Er war viele Jahre lange beim größten europäischen Hotelkonzern, Accorhotels, in führenden Positionen, unter anderem Vizepräsident Europa, Mitglied des Vorstands von Accor S.A. und CEO von Accor Deutschland. Danach wechselte Witschi zu Steigenberger und war dort von 2008 bis 2010 ebenfalls CEO. Witschi wurde von der ahgz als Hotelier des Jahres ausgezeichnet und hat durch seine Arbeit in Aufsichtsräten – etwa bei den Romantik Hotels und der Sausalitos GmbH – intime Kenntnis der Branche von innen. Seit 1999 war er zudem Mitglied und seit 2011 Präsident des Stiftungsrates der Ecole hôtelière de Lausanne.

Wo ist Jenny Zhang?

Nicht nur an der Spitze des Aufsichtsrats gab es einen Wechsel: Für Min Zhang übernahm Firmengründer Ji Qi den Sitz und sie verschwand von der Steigenberger-Bühne. Zuvor hatte es stets geheißen, die Chemie zwischen dem Gründer und der aufstrebenden Zhang habe von Anfang an gestimmt. Doch warum Jenny Zhang bei der Deutschen Hospitality nicht mehr mit an Bord ist, scheint selbst das Management nicht zu wissen oder will es nicht sagen. Auf Nachfrage bei internen Kreisen heißt es nur: „So viel Chinesisch verstehen wir nicht.“ Bei Huazhu wird sie nun als „Executive Vice Chair-Dame“ geführt.

Ji Qi ist kein gewöhnlicher Unternehmer und hat in seinem Buch „The Founder’s Notes“ seine Gedanken zu Himmel und Erde, Wirtschaft und Menschheit, Philosophie und Buddhismus zusammengefasst. Er schildert seine dunkelsten Stunden als Student sowie als Gründer seiner Firma Home Inn und wie ihn Mozarts Sinfonie Nr. 31 rettete. Business ist keineswegs alles für ihn. Aber für viele ist er schwer einschätzbar. Witschi kennt ihn schon seit vielen Jahren und deshalb war es für Insider keine Überraschung, dass er als Aufsichtsratschef von Steigenberger angefragt wurde.

Willms war lange optimistisch

Thomas Willms hatte die monatelangen Verhandlungen mit Huazhu intensiv begleitet. Trotz der langen Verhandlungen drang kein Wort an die Öffentlichkeit und nach dem Abschluss zeigte er sich optimistisch: „Die Huazhu Group übernimmt mit der Deutschen Hospitality ein wirtschaftlich starkes Unternehmen mit fünf Marken und wird eng mit den Mitarbeitern, Eigentümern und Geschäftspartnern zusammenarbeiten“, sagte er im November 2019 der ahgz. „Ich persönlich freue mich sehr, auch zukünftig als CEO Teil der weiteren Entwicklung der Deutschen Hospitality zu sein. Unsere Expansionspläne zielen darauf ab, das globale Portfolio bis 2024 auf 250 Hotels zu erweitern.“ Willms wurde mit einem neuen Dreijahresvertrag ausgestattet, doch irgendwann muss das Verhältnis abgekühlt sein. Nun unterzeichneten beide Seiten in letzter Minute den Auflösungsvertrag, vermutlich mit einer hohen Abfindung.

Über die Gründe lässt sich derzeit nur spekulieren. Vielleicht liegt es am Expansionstempo. Während für Deutschland die Verdoppelung des Hotelportfolios eine kühne Ankündigung ist, sehen die Chinesen die Entwicklungsgeschwindigkeit völlig anders. Angeblich sind bei Huazhu fast 2000 Hotels in der Pipeline. Bei Steigenberger hingegen steht den schnell wachsenden Marken Intercity und Zleep Hotels eine langsame Entwicklung bei Jaz in the City gegenüber. Und die Häuser sind insgesamt vom Standard her recht unterschiedlich.

„Zwei getrennte Firmen“

Huazhu gehört zu den am stärksten digitalisierten Hotelunternehmen und profitiert in diesen Zeiten von der Technologie, die Kontakte mit Flächen und Personen reduziert, verbucht höhere Auslastungen als die Konkurrenz. Ob Ji Qis mit der Entwicklung unzufrieden war, ist schwer einzuschätzen. In seinem Buch schreibt er jedenfalls über seine Jugend, in der er egoistisch gewesen sei und sich als Sonne gesehen habe. „In der Vergangenheit war ich viel zu ungeduldig“, kritisiert er sich selbst. Er habe als cholerisch gegolten. Erst später habe er erkannt, dass es besser sei, empathisch und tolerant zu sein. Welchen Einfluss das auf seine geschäftlichen Entscheidungen hat, ist jedoch unklar.

Die Chemie zwischen dem charismatischen Firmengründer Ji Qi und dem im norddeutschen Jever geborenen Marathonläufer Thomas Willms war jedenfalls plötzlich gestört. Willms war von Starwood Hotels & Resorts nach der Übernahme durch Marriott als Hoffnungsträger und Chief Operating Officer zu Steigenberger gekommen. Er löste dort Anfang 2018 Puneet Chhatwal als CEO ab, der extern ebenfalls beliebt war, aber im Inneren Kämpfe ausfechten musste und schließlich Chef der Indian Hotels Company IHCL wurde.

Willms legte das Modernisierungsprogramm „Evolution Steigenberger“ auf und sah das Unternehmen mit dem Qualitätsversprechen Made in Germany als Botschafter Deutschlands in der Welt. Er führte die Marke Maxx by Steigenberger ein und zuletzt das länderübergreifende Loyalty-Programm H Rewards. Doch hinter vorgehaltener Hand wurde von „zwei getrennten Firmen“ im Top-Management gesprochen, also einer Spaltung, was allerdings auch schon eine längere Tradition gehabt haben soll.

Der große Umbruch

Für Steigenberger bedeutet der Wechsel einen massiven Umbruch. Nach dem Ausstieg von Thomas Willms wird bald auch Matthias Heck gehen. Intercity Hotels-Chef Joachim Marusczyk wird in diesen Tagen verabschiedet. Es ist ein Aderlass erfahrener Kräfte. Dabei sehen die Pläne für den Konzern eine enorme Expansion Mitten in der Coronakrise vor. In diesen Zeiten, wenn sich viele Unternehmen verkleinern müssen, ist eine Konzernmutter mit großer Geldschatulle in der Hinterhand Gold Wert. So werden wir in den nächsten Monaten noch einiges hören von der Deutschen Hospitality.

Hinweis: Dieser Artikel stammt aus unserer Schwesterzeitschrift aghz (Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung).

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